Jivamukti ist gerade in aller Munde. In Berlin, Hamburg und München boomen die Klassen, jeder will es ausprobieren. Doch was ist das Geheimnis hinter dem Yoga-Stil, der in den 80ern von zwei Amerikanern erfunden wurde?
Unsere Autorin Maren Schwarz geht der Sache auf den Grund. Sie hat im Hamburger Yogastudio „Roots“ den aus Sydney stammenden Jivamukti-Lehrer Doug Whittaker getroffen, mit ihm über das neue Yoga gesprochen und es gleich mal ausprobiert.
Was ist Jivamukti Yoga?
Jivamukti Yoga ist mehr als die reine Asana-Praxis. Jivamukti wurde 1984 von den US-Amerikanern Sharon Gannon und David Life entwickelt und ist seither auf seinem Siegeszug durch die ganze Welt. Ein Grund für den Erfolg: Die Yoga-Art ist anders, sie greift zwar viele Elemente alt bekannter Yogastile auf, ist aber trotzdem eigen.

Wichtige Key-Elemente: Die Musik ist laut, die Abfolgen schnell, die Kombination der Asanas schweißtreibend. Yogalehrer Doug sagt: „Jivamukti ist nicht irgendwas. Es ist alles.“ Es beinhaltet anstrengende, Ashtanga-ähnliche Übungssequenzen, das Chanten spiritueller Mantren, schnelle Flows und tiefgehende Meditationen. Jivamukti Yoga ist Meditation in der Bewegung.
Doug mag außerdem den sogenannten „Satsang“, die globale Gemeinschaft, die den Jivamukti-Spirit teilt. „Es ist toll, ich kann nach Amerika, nach Deutschland, nach Indien oder wohin auch immer gehen und werde dort immer Leute mit denselben Ansichten finden und mit ihnen Jivamukti praktizieren können.“
Bedeutsam fürs Jivamukti Yoga: Die Ujjayi-Atmung
Das Besondere an Jivamukti-Yoga ist, dass der Atem und die Bewegung synchronisiert werden. Während der Praxis sollst du den sogenannten Ujjayi Atem praktizieren. Hierbei wird durch die Nase ein- und ausgeatmet, beim Ausatmen jedoch die Stimmritzen so verengt, dass der Atem hörbar gemacht wird. Doug: „Am besten stellt man sich vor, man würde einen Spiegel anhauchen. Nur eben mit geschlossenem Mund. Der Atem entweicht dann mit einem beruhigenden Sound aus der Nase.“
Während der Übungen sagt der Lehrer immer wieder die Atmung an. So wird jede Bewegung mit dem Atem eins und hilft dem Yogi so perfekt im Fluss zu bleiben.
Was für viele Yogis in den ersten Jivamukti-Stunden absolut überfordernd wirkt, hat ein Ziel: Der Weg zur "Erleuchtung". Das soll erreicht werden durch Mitgefühl für und gegenüber aller Lebewesen. Dieser Weg baut auf 5 Säulen auf, die über die körperliche Praxis weit hinausgehen.
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Wesen des Jivamukti: Die 5 Säulen
Jivamukti Yoga basiert auf fünf Säulen, die dem Yogi auf dem Weg zur Erleuchtung helfen sollen.
- Ahimsa: Ahimsa kommt aus dem Sanskrit und bedeutet übersetzt „nicht verletzten“. Es steht für Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen und damit auch für eine vegane Lebensweise.
- Bhakti: Bhakti bezeichnet die Hingabe in der Praxis und die Hingabe an etwas Höheres als das eigene Ego. Das gilt sowohl für körperliche Übungen als auch für das Singen von Kirtan und Mantren.
- Nadam: Nadam steht zum einen für ein nach innen Richten, für das bei sich Sein. Aber auch für das nach außen Gerichtete, das Zuhören, was um dich herum passiert.
- Shastra: In fast jeder Jivamukti-Stunde werden traditionelle Texte und Schriften gelehrt und erklärt. Das Studium dieser Texte heißt Shastra.
- Dhyana: Zu Beginn und zum Abschluss einer jeden Jivamukti-Stunde wird kurz meditiert. Durch die sogenannte Dhyana soll eine Verbindung zu einer spirituellen Einheit hergestellt werden.
Was bedeutet Jivamukti?
Das Wort Jivamukti wurde aus dem Sanskrit-Wort „Jivamuktih“ abgeleitet und steht für die Befreiung der noch lebenden Seele, also eine Befreiung der Seele noch während des Lebens. Die Jivamukti-Praxis verfolgt also das Ziel der Erlösung. Das kann durch Asana-Praxis, aber auch durch einen friedvollen Lebensstil und Meditation erreicht werden.

Woher kommt Jivamukti Yoga?
Jivamukti Yoga wurde in den frühen 1980ern in New York erschaffen. Sharon Gannon und David Life eröffneten nach einer spirituellen Reise nach Indien in New York City ihr erstes eigenes Jivamukti-Yogastudio. Mehr als 30 Jahre später gibt es dieses Studio immer noch, zu den Anhängern des Yoga-Stils gehören Prominente wie Sting oder Madonna.
Doug hat seine Ausbildung genau dort gemacht, wo der Ursprung des Jivamuktis liegt. „Früher gab es nur in New York die Möglichkeit das Teacher Training zu machen. Heute gibt es Teacher Trainings auf der ganzen Welt, von Deutschland über Costa Rica bis Australien.“
Jivamukti Yoga ist also eine westliche Yoga-Art. Und trotzdem sehr spirituell. Denn im Gegensatz zu anderen westlich geprägten Stilen spielt vor allem das Zitieren und Besprechen der alten Schriften und das Chanten von Mantren eine große Rolle.
Für wen ist Jivamukti Yoga geeignet?
Jivamukti Yoga ist für alle geeignet, die schon Ashtanga oder Vinyasa Yoga erfahren sind. Die sogenannte „Open Class“ funktioniert für jedes Level, da die Lehrer:innen immer auch einfachere oder schwerere Variationen zeigen.
Dass die schnellen Flows am Anfang ungewohnt sind, ist normal – vor allem, weil der Lehrer die Asanas nicht vormacht, sondern sie lediglich ansagt. Das nicht nach vorn Schauen hilft dir aber auch, ganz bei dir und auf deiner Matte und bei deiner Praxis zu bleiben.
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Gibt es auch Menschen, die kein Jivamukti praktizieren sollten?
Doug sagt: „Wer sich nicht verändern will, der sollte kein Jivamukti machen. Denn es wird alles ändern. Das ist, was ich an Jivamukti so mag. Es sind nicht nur 90 Minuten auf deiner Matte, jede Praxis gibt dir auch Denkanstöße für deinen Alltag mit und fordert dich auf, mehr Mitgefühl zu entwickeln und mehr über deine Handlungen nachzudenken.“ Doug sagt, Jivamutki Yoga ist intelligent, es geht über die physische Anstrengung hinaus.
Ist Jivamukti Yoga geeignet für Anfänger?
Wer noch unerfahren mit dynamischen Yoga-Stilen ist, besucht am besten eine Anfänger-Klasse. Die sogenannte „Basic Class“ erklärt die Asanas und Flows ausführlicher, auch die Atmung und Mantren werden den Yogis nochmal näher gebracht.
In diesem Fall ist es auch von Vorteil, die Matte nicht gleich in die erste Reihe zu legen, sodass du im Zweifel ab und zu noch mal auf die Vorderfrau oder den Vordermann schauen kannst. Das macht die Praxis am Anfang leichter.
Wie läuft eine Jivamukti Yogastunde ab?
Jeder Lehrer und jede Lehrerin bauen die Stunde nach dem eigenen Geschmack auf. Grundsätzlich folgen die Sessions aber immer demselben Prinzip:

- Warm-Up: Bevor es los geht, wird meist mit ein zwei Dehn- und Streckübungen der Körper auf die Asanas vorbereitet.
- Meditation: Um voll bei sich und auf der Matte anzukommen, wird kurz meditiert.
- Chanting: Anschließend wird ein Mantra angestimmt. Vom klassischen Om bis hin zu Lokah Samastah – die Lehrer entscheiden, welches Mantra für die Stunde passend ist. Die Mantren werden oft mit Hilfe eines Harmoniums angestimmt.
- Shastra: Im Übergang vom Chanting zur anstrengenden Asana-Praxis bringt der Lehrer den Yogis einen ausgewählten Aspekt der alten Schriften näher und verdeutlicht damit die Intention des Jivamukti Yogas.
- Flow-Sequenz: Den Hauptbestandteil der Stunde bilden die dynamischen Asana-Flows zu lauter, stimmungsvoller Musik. Hier werden hauptsächlich Sonnengrüße (A und B) mit Variationen geübt.
- Statische Asanas: Auf die dynamischen Asanas folgt eine statische Sequenz aus Balance-Übungen, Inversionen (Umkehrhaltungen wie zum Beispiel Kopfstand, Unterarmstand, Schulterstand), Drehsitz oder Dehnübungen.
- Shavasana: Danach darf der Yogi ins verdiente Shavasana gleiten. Die Tiefenentspannung schenkt die nötige Erholung, jegliche Spannung soll aus dem Körper und auch dem Geist entweichen.
- Meditation: Nach Shavasana gibt es meist eine kurze Meditation.
- Chanting: Abschließend wird erneut ein Mantra gesungen, klassischerweise Om, Shanti, Shanti, Shanti, Hari-Om.
Gibt es eine Jivamukti-Yoga-Ausbildung?
Ja, sicher. Die Jivamukti Yoga-Ausbildung findet als sogenanntes Teacher Training statt. Begonnen wird mit 75 oder 200 Stunden Training, anschließend geht es mit 300 oder sogar 500 Stunden weiter. Die Trainings finden mehrfach im Jahr auf der ganzen Welt statt und zertifizieren dich als Jivamukti-Lehrerin.
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Jivamutki Yoga: Die besten Übungen
Klassische Übungen im Jivamukti sind:
- Sonnengruß A
- Sonnengruß B
- Drehsitz
- Schulterstand
- Brücke
- Bogen
- Krieger I
- Krieger II
- Krieger III
- Standing Split
- Kopfstand
- Unterarmerstand
Jivamukti in deiner Stadt
Jivamukti Yoga wird in fast jeder größeren Stadt unterrichtet. Wir haben für dich ein paar Studios im ganzen Land ausgesucht, bei denen du praktizieren kannst.
- Berlin: Peace Yoga oder Jivamukti Berlin
- Hamburg: Roots Yoga
- München: Jivamukti München
- Stuttgart: Yoga13
- Freiburg: Ommm.Yoga
Was brauche ich für Jivamutki-Yoga?
Für eine Jivamukti-Yogastunde brauchst du Sportkleidung, in der du dich gut bewegen kannst und die relativ eng am Körper anliegt. Matten, Gurte, Decken, Blöcke und Bolster sind meist in den Yogastudios vorhanden und müssen nicht selbst mitgebracht werden. Da es doch ganz schön anstrengend ist, empfiehlt es sich, ein kleines Handtuch mitzubringen.
Wer neu beim Jivamukti Yoga ist, sollte lieber keine Open Class besuchen, sondern wirklich zuerst eine Anfänger-Klasse ausprobieren. Jivamukti ist energetisch, schweißtreibend, gleichzeitig entspannend und kann wahnsinnig viel Spaß machen, doch wenn du die Basics nicht gelernt hast, kann die Yogastunde abschreckend wirken.