- Warum wir ständig online sind
- Raus aus der digitalen Falle
- So findest du deine Balance
Kennst du das Gefühl, wenn du in die Hosentasche greifst und dein Handy nicht gleich finden kannst? Oder wenn du für kurze Zeit weder Nachrichten noch Anrufe empfängst? Oder wenn du erschrocken feststellst, dass aus den geplanten 10 Minuten auf Instagram ganze 2 Stunden geworden sind? Dann hast du bereits mit digitalem Stress Bekanntschaft gemacht.
Aber keine Sorge, da geht es dir wie vielen anderen auch. Denn die Versuchung, immer und überall das Handy zu zücken, ist groß: Push-Nachrichten erreichen uns im Minutentakt, bei jeder eingehenden Mail öffnen wir gleich den Posteingang, und auf Social Media sind wir lieber einmal mehr als weniger unterwegs. Die Folgen spüren wir am ganzen Körper: „Wir schlafen zu wenig und werden unzufrieden. Das wirkt sich negativ auf unsere Konzentration, unsere Stimmung, unser Körpergewicht, unsere Infektabwehr und ganz allgemein auf unsere Lebensqualität aus“, sagt die Stress-Management-Trainerin Dr. Sabine Schonert-Hirz.
Warum wir ständig online sind
„Wir haben Angst, Nachrichten oder Informationen zu verpassen“, so die Expertin. Aber: Dass wir digitalen Stress nicht ausschließlich negativ, sondern auch positiv erleben können, ist nur wenigen bewusst. Denn seien wir mal ehrlich, wer denkt bei Stress schon an Freude und Wohlbefinden? „Aber genau das ist der Fall, wenn wir zum Beispiel Arbeit, auf die wir keine Lust haben, dauernd mit kurzen Instagram-Pausen unterbrechen oder bei unserer Lieblingsserie einfach nicht aufhören können zu schauen“, erklärt Schonert-Hirz.
In solchen Momenten setzt unser Körper Glückshormone frei, wir fühlen uns gut und sorglos und wollen mehr davon. Die Folge: Wir schauen immer häufiger auf unser Smartphone und scrollen stundenlang durch Social Media. Schließlich besteht die unterbewusste Hoffnung, mit einer kleinen Portion Dopamin belohnt zu werden. „Dieser als angenehm und selbst gewollt erlebte Stress ist deshalb besonders tückisch“, sagt die Expertin. Denn ist der Griff zum Smartphone oder das endlose Surfen im Internet erst mal eine Gewohnheit, ist der Weg in die Sucht nicht mehr weit. Wir geraten zunehmend unter Druck, fühlen uns überfordert und landen schließlich genau dort, wo wir nicht hinwollten: im negativen Stress. Aber das ist kein Grund, gleich zu verzweifeln. Einen gesunden Umgang damit kann man lernen und trainieren.
Raus aus der digitalen Falle
Denn um ungesunde Gewohnheiten abzulegen, musst du sie dir erst mal bewusst machen und vor allem eingestehen. Das gelingt, indem du dein eigenes Verhalten ein wenig beobachtest, rät Sabine Schonert-Hirz. „Wie sieht dein Gebrauch digitaler Medien aus? Wie oft aktivierst du täglich dein Smartphone oder schaust in die Mails, ohne es wirklich zu müssen? Wie lange surfst du sinnlos im Internet oder in den sozialen Medien, und wie viel Zeit geht mit Spielen drauf?“
Im besten Fall lädst du dir dazu eine App herunter, die deine Bildschirmzeit dokumentiert. Du wirst sicher überrascht sein, wie stark deine eigene Wahrnehmung von den tatsächlichen Zahlen abweicht. Höre dann in dich hinein, und frage dich ganz bewusst: „Sind diese Aktivitäten wirklich etwas, das mich glücklich und zufrieden macht? Helfen sie, mein Leben leichter oder besser zu machen? Unterstützen sie meine Produktivität? Oder sind sie eine Ablenkung von unangenehmen Gefühlen?“, so die Expertin. Dabei geht es nicht darum, dich schlechtzureden, sondern dich besser kennenzulernen.
Hast du deine digitalen Stressfallen erkannt, weißt du, was du persönlich verändern solltest. Manchmal hilft es auch, all deine Geräte für eine kurze Zeit wegzulegen. Klar, ganz ohne geht es im Alltag oft nicht. Aber vielleicht am Wochenende. Eine Digital-Diät bietet die Möglichkeit zur Reflexion. „Man merkt dabei, wie sehr man von den digitalen Geräten dominiert wird und wie schwer es einem fällt, ohne sie auszukommen“, sagt die Expertin. Das mag sich im ersten Moment unbehaglich anfühlen. Und das ist in Ordnung. Nutze deine Gefühle – ganz gleich ob Langeweile oder Frust – als Motivation, zu einer gesunden Balance zwischen digitaler Welt und echtem Leben zu finden.
Ein Online-Kurs gegen digitalen Stress? Was zunächst paradox klingt, kann dabei helfen, deinen digitalen Begleiter bewusster zu nutzen. Die Techniker Krankenkasse gibt dir mit dem Online-Kurs zur wissenschaftlich erforschten Mentalstrategie WOOP ein einfaches Werkzeug zur Selbstmotivation an die Hand. Mit dieser Methode fällt es dir leichter, deine Ziele und Wünsche, wie zum Beispiel ein achtsamer Umgang mit digitalen Medien, umzusetzen. |
So findest du deine Balance
Um digitalen Stress auf lange Sicht wirksam zu reduzieren, solltest du deine Routinen entsprechend anpassen. Ein kalter Entzug ist da wenig hilfreich, meint Schonert-Hirz. „Denn jede Diät wirkt ja immer nur, solange wir sie auch durchhalten.“ Die bessere Lösung ist es, klare Regeln aufzustellen und feste Grenzen zu setzen. „Ich empfehle, die digitalen Geräte in bestimmten Situationen wirklich erst einmal wegzulegen“, so die Expertin. „Zum Beispiel nicht am Bett, nicht beim Essen oder im Bad und nicht im Gespräch mit anderen Menschen.“ Am besten, du schaltest dein Handy auf lautlos und legst es außer Sichtweite. Alternativ kannst du auch Uhrzeiten festlegen, zu denen du deine Mails checkst. Das hat zusätzlich den Vorteil, dass du Arbeit und Freizeit ganz klar trennen kannst. Und: Nichts verleitet schneller dazu, auf dein Handy zu schauen, als Push-Meldungen und Liveticker. Warum also nicht dein Leben um einiges entspannter gestalten, indem du sie einfach ausschaltest. „Entscheidend ist, dass du deine Ziele erreichst und die Stressenergie danach wieder abklingen lässt“, sagt die Expertin.
Gut wäre deshalb, wenn du dir jeden Tag ein bisschen Zeit nur für dich nimmst. Versuche, am Abend nicht mehr erreichbar zu sein – zumindest nicht beruflich. Davon profitiert auch dein Schlaf. Du wirst merken, dass das Einschlafen leichter fällt und du dich am nächsten Tag besser konzentrieren kannst. Und denke daran: Veränderungen passieren nicht über Nacht. Lasse dich also nicht entmutigen! Treffe dich mit Freunden, oder lese ein Buch, um die entstandenen Lücken im Alltag zu füllen.
Zusätzlich kannst du diese Achtsamkeitsübung machen: Setze dich 2 Minuten ruhig hin, atme ganz bewusst, und spüre deinen Körper. Überlege dann, was dir gerade guttun würde. „2 Minuten Kontakt mit sich selbst aufzunehmen schafft eine Lücke zwischen dem Drang, etwas zu tun, und der Ausführung“, sagt die Expertin. „In dieser Zeit kannst du dich neu entscheiden und danach das machen, was dir am meisten bringt“, rät Schonert-Hirz. Und das ganz ohne Stress!
Digitaler Stress ist vermeidbar, den viel davon machst du dir selbst. Beobachte deinen Konsum, schalte Stress-Accounts ab, regle deine Online-Zeit herunter und schaffe dir offline Ausgleich und Ablenkung. Dann kannst du die Online-Zeit auch wieder bewusst genießen.