Verdauungsspaziergang: Darum ist er sinnvoll

Nach dem Essen 1000 Schritte tun
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Hilfe beim Abnehmen? So sinnvoll ist ein Verdauungsspaziergang

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Ein Spaziergang nach dem Essen vertreibt nicht nur das Völlegefühl. Darum kommt hier unser Plädoyer für den Verdauungsspaziergang
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Wenn du Sport treibst, dann ja meist mit Power und Plan. Ein Verdauungsspaziergang dagegen ist eher langsam und entspannt. Macht der für junge Menschen überhaupt Sinn? Absolut!

Wie er deiner Gesundheit zugutekommt und ob er helfen kann, die aufgenommenen Kalorien schneller wieder loszuwerden, klären wir im Gespräch mit Dr. Karsten Köhler, Professor für Bewegung, Ernährung und Gesundheit an der TU München.

Verdauungsspaziergang – Mythos oder sinnvoll?

Ja, der macht Sinn, vor allem auf den Blutzuckerspiegel wirkt sich ein Verdauungsspaziergang positiv aus. "Nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten kann die Glukose durch die Bewegung schneller in die arbeitende Muskulatur gelangen, wodurch der Körper weniger Insulin ausschütten muss, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren bzw. zu senken", erklärt Prof. Köhler, "Dadurch fallen Blutzuckerspitzen weg, was vor allem für Diabetiker von Vorteil ist, gesundheitlich aber jedem Menschen nützt, um etwa langfristig Diabetes vorzubeugen."

Der Effekt auf den Blutzucker lässt sich messen: Für Studien, wie eine an der George Washington University School of Public Health durchgeführte, liefen Probanden nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit 15 Minuten lang in moderatem Tempo auf einem Laufband. Messungen ergaben, dass die nach einer üppigen Mahlzeit normalerweise auftretenden Blutzuckerspitzen wesentlich moderater ausfielen, und der Verdauungsspaziergang in seiner Wirkung auf den gesamten Tag bezogen sogar einem 45-minütigem Spaziergang am Vor- oder Nachmittag überlegen war.

Verdauungsspaziergang vs. Verdauungsschläfchen – was ist besser?

Gesundheitlich gesehen ist ein Spaziergang definitiv besser, denn er senkt im Körper wie beschrieben die Blutzuckerspitzen, im Liegen steigt der Blutzuckerspiegel stärker an.

Zudem regt moderates Laufen die Verdauung an. Wer sitzen bleibt, fühlt sich träge und das ist dessen Muskulatur dann auch, inklusive der Muskeln im Magen. Verdauungsspaziergänge dagegen regen die Verdauung an, beschleunigen die Magenentleerung und können Beschwerden, z.B. Blähungen, Magenschmerzen, Völlegefühl und saures Aufstoßen reduzieren.

Gerade wenn du sehr viel oder fettig gegessen hast, wird im Liegen die Magensäure nach oben zur Speiseröhre gedrückt. Die Folge ist Sodbrennen, vor allem in den ersten 3 Stunden nach einem Essen, fanden Wissenschaftler der Osaka City University heraus. Wenn du dich also nach einer Mahlzeit entspannen willst, dann in einer möglichst aufrechten Position, zum Beispiel in einem Sessel. Besser wäre es jedoch, du raffst dich zu einem Spaziergang auf.

Welchen Einfluss ein Verdauungs-Schnaps nach dem Essen?

Nach einem üppigen Mahl sorgt ein Verdauungs-Schnaps für ein entspannteres Magengefühl. Und das ist der Magen dann auch: Durch den Alkohol entspannt sich die Magenmuskulatur. Mit der Folge, dass der Speisebrei länger im Magen verbleibt. "Zudem wird der Magen durch den Alkohol zusätzlich belastet", sagt Prof. Köhler

In der Konsequenz steigerst du dadurch die Wahrscheinlichkeit, Sodbrennen und andere Refluxsymptome zu entwickeln. Leidest du häufig unter Säureüberschuss im Magen oder drückt der Mageninhalt häufig gegen die Speiseröhre (Reflux), erhöht sich dein Risiko, später an Darm- oder Speiseröhrenkrebs zu erkranken, belegen Studien.

Auch der Espresso nach dem Essen hat keine positiven Effekte: Das Koffein kann zwar Energie geben, um nach einem ausgiebigen Mahl wieder in die Gänge zu kommen, auf Verdauung und Blutzucker hat er kaum Einfluss.

Wie lange und intensiv sollte ein Verdauungsspaziergang sein?

"Bei der Verdauung werden die Nahrungsbestandteile durch den Magendarm-Trakt geschoben, wo sie aufgespalten und in den Blutkreislauf geschleust werden, um den Organen zur Verfügung zu stehen. Dafür benötigt der Körper Energie", erklärt Prof. Köhler. "Geht man während des Verdauungsprozesses spazieren oder ist anderweitig körperlich aktiv, beansprucht auch die Bein-Muskulatur einen Energie-Anteil, der der Verdauung dann entzogen wird. Deshalb sollte ein Verdauungsspaziergang gemächlich ausfallen" Der Mediziner rät von intensiven Sporteinheiten nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit ab

"Um einen Effekt auf den Blutzucker zu haben, sollte der Spaziergang mindestens 15 bis 30 Minuten lang sein", so Prof. Köhler. Beim Tempo empfiehlt der Experte eine Wohlfühlgeschwindigkeit, also etwa 5 km/h.

Hilft ein Verdauungsspaziergang beim Abnehmen?

"Ein Spaziergang nach dem Essen hilft bei Abnehmen im gleichen Maß wie jeder andere Spaziergang auch", so Dr. Köhler, "Es werden Kalorien verbrannt. Auf die Kalorienbilanz hat es jedoch keinen Einfluss, ob es ein Verdauungsspaziergang ist oder man nüchtern spazieren geht."

Da der Verdauungsspaziergang jedoch vom Tempo und Dauer moderat ausfallen sollte, um die Verdauung selbst nicht zu behindern, wird der Kalorienverbrauch eher gering sein, und deshalb ist er auch kein Freibrief für ein Mehr an Kalorien beim vorherigen Essen, sorry!

Prof. Köhler: "Was zählt, ist allein die Kalorienaufnahme und ihr Verbrauch." Führst du deinem Körper mehr Kalorien zu als er verbraucht, nimmst du zu – unabhängig davon, ob du nach dem Essen ruhst oder 1000 Schritte tust.

Wenn du dich nach einer deftigen Mahlzeit überwindest, draußen 15 bis 30 Minuten lang entspannt spazieren zu gehen, fühlst du dich nicht nur wohler, auch deine Gesundheit profitiert langfristig. Direkt abnehmen wirst du dadurch nicht, aber du hilfst dem Körper, besser mit der Nahrungszufuhr umzugehen.

Quellen:

Loretta DiPietro et al.: Three 15-min Bouts of Moderate Postmeal Walking Significantly Improves 24-h Glycemic Control in Older People at Risk for Impaired Glucose Tolerance, in Diabetes Care, 2013; doi org/10.2337/dc13-0084

Dag Holmberg et al.: Non-erosive gastro-oesophageal reflux disease and incidence of oesophageal adenocarcinoma in three Nordic countries: population based cohort study, 2023, in:thebmj; doi org/10.1136/bmj-2023-076017

Yasuhiro Fujiwara et al.: Association between dinner-to-bed time and gastro-esophageal reflux disease, in: National Library of Medicine; doi 10.1111/j.1572-0241.2005.00354.x

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