Proktologische Untersuchung: Alles, was du wissen musst​

Proktologie
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Das passiert mit dir bei einer proktologischen Untersuchung

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Eine proktologische Untersuchung ist wichtig und gar nicht so unangenehm, wie du vielleicht denkst. Wir räumen mit Mythen auf und geben hilfreiche Tipps!
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Proktologische Themen sind nicht gerade Gesprächsthema Nummer eins am Café-Tisch oder beim romantischen Abendessen. Viele Menschen empfinden sie als unangenehm und schämen sich sogar dafür. Das ist auch Dr. med. univ. Florian Frank bewusst, der als Oberarzt in der München-Klinik Neuperlach arbeitet. In seinem Buch „After Hour. Deine Sprechstunde beim Proktologen“ behandelt er Themen wie Verstopfungen, Hämorrhoiden und Analfissuren mit Humor, um die Hemmschwelle der Betroffenen zu senken.

Dieser Artikel verfolgt dasselbe Ziel und arbeitet deshalb mit Florian Frank zusammen. Eine schnelle Behandlung proktologischer Beschwerden ist sehr wichtig, da diese schnell unangenehm werden können. "Menschen mit proktologischen Beschwerden werden in der Regel täglich damit konfrontiert, da der Darm ständig in Aktion ist. Der After-Bereich hat eine besonders hohe Nervendichte, sodass selbst relativ leichte Beschwerden intensiver wahrgenommen werden", erklärt der Proktologe. Ebendarum ist es ratsam, die Scham schnell beiseitezulegen.

Womit beschäftigt sich die Proktologie?

"Mit der Region, wo keine Sonne hinscheint", fasst Florian Frank sein Einsatzgebiet zusammen. Etwas wissenschaftlicher: Es geht um die Gesundheit und Erkrankungen der Analregion, also After und Mastdarm (Rektum). Prōktós kommt aus dem Griechischen und bedeutet After, Steiß oder Anus.

Und um direkt mit einem weitverbreiteten Missverständnis aufzuräumen: Proktologische Untersuchungen erfolgen nicht nur bei Männern, sondern bei Männern und Frauen gleichermaßen. "Fast alle Menschen werden im Laufe ihres Lebens von proktologischen Problemen geplagt. Ob durch die Volkskrankheit Hämorrhoiden, im Rahmen der Schwangerschaft oder Geburt oder als Folge von sexuellen Handlungen", sagt der Proktologe.

Ein riesiges Problem, dass er aus seinem Praxisalltag kennt: Für die meisten Menschen ist die Analregion schambehaftet, oder sie stellen sich die entsprechenden Untersuchungen unangenehm oder schmerzhaft vor, sodass viele erst dann ärztliche Hilfe suchen, wenn die Beschwerden kaum noch zu ertragen sind.

Was sind Probleme, die in der proktologischen Praxis behandelt werden?

Die Vielfalt ist beeindruckend. Mögliche Beschwerden oder Probleme, mit denen du am besten in einer proktologischen Praxis aufgehoben bist, sind zum Beispiel diese:

  • Blut im Stuhl oder andere auffällige Veränderungen
  • Hämorrhoiden bzw. Probleme damit
  • Juckreiz
  • Verletzungen der Afterregion (zum Beispiel durch Unfälle beim Sex oder der Selbstbefriedigung)
  • Geschlechtskrankheiten
  • Analfissuren, also Risse in der Afterschleimhaut
  • Analabszesse oder -fisteln
  • Darmkrebs ist sowohl bei Männern (nach Prostatakrebs) und Frauen (nach Brustkrebs) die zweithäufigste Krebsart. Zwar gibt es seit Jahren einen deutlichen Rückgang bei der Mortalität, der aber Studien zufolge vor allem auf die verbesserte Vorsorge zurückzuführen ist. Sprich: Nur wer zur ärztlichen Untersuchung geht, trägt dazu bei, diese Statistik weiter zu senken.
  • Urininkontinenz betrifft laut einer Studie von 2005 etwa 10 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen und ihre Häufigkeit wächst mit zunehmendem Alter

Wie läuft eine proktologische Untersuchung ab?

Der für viele Menschen schwierigste Schritt einer proktologischen Untersuchung ist wohl die Überwindung, einen Termin auszumachen. In der Sprechstunde wird über die Beschwerden gesprochen und je nach Fall und Problem erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei welcher der Bereich inspiziert, abgetastet und unter Umständen auch mit einem Untersuchungsgerät hineingesehen wird.

Damit sich bei der Untersuchung so wenig Stuhl wie möglich im Mastdarm befindet, bekommen Patient:innen davor einen kleinen Einlauf. Das Abtasten ohne oder auch mit entsprechenden Geräten verläuft in der Regel schmerzfrei. "Die Geräte sind nicht dicker als ein Finger und damit deutlich dünner als Stuhl – und der passiert ja auch im besten Fall ohne Schmerzen", beruhigt der Proktologe. Je nach Beschwerden können sich weiterführende Untersuchungen anschließen, etwa Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen oder eine Darmspiegelung. Bei manchen Erkrankungen ist ein operativer Eingriff unumgänglich – schafft dann aber auch schnell Abhilfe. Bei anderen Beschwerden helfen zum Beispiel Salben, Präparate oder eine Ernährungsumstellung.

Was sind eigentlich Hämorrhoiden?

Laut Dr. Frank leiden etwa 70 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens unter Hämorrhoiden. "Die Dunkelziffer liegt sehr wahrscheinlich sogar noch höher, weil sich nicht alle Geplagten zum Proktologen trauen", vermutet er. Hämorrhoiden selbst sind dabei gar nichts Schlimmes – im Gegenteil, wir haben sie alle. Dabei handelt es sich um weite Blutgefäße, die sich wie ein Polster in den oberen Analkanal legen und für eine sichere Abdichtung des Rektums sorgen. "Hämorrhoiden sind eigentlich Helden – sofern sie keine Probleme machen", sagt Dr. Frank.

Probleme zeichnen sich meistens nicht durch akute Schmerzen aus, sondern durch Blutung, eine Vorwölbung am After oder Juckreiz. In Deutschland werden pro Jahr etwa 3,3 Millionen Menschen aufgrund von Hämorrhoiden-Beschwerden behandelt – nur 1,5 Prozent davon müssen operiert werden.

Darmspiegelung: Wie läuft sie ab und wann ist sie nötig?

Für die Darmspiegelung oder Koloskopie muss vor der Prozedur der gesamte Darm entleert werden, damit das Innere bestmöglich betrachtet werden kann. Dafür wird am Vortag eine Abführlösung getrunken. Die Untersuchung kann im Dämmerschlaf oder ohne Betäubung durchgeführt werden.

Besonders wichtig ist die Darmspiegelung als Teil der Krebsvorsorge: Nur so können Wucherungen der Schleimhaut erkannt und gegebenenfalls entfernt werden. "Im Fall von Darmkrebs besteht die besondere Konstellation, dass er zum einen relativ häufig ist. Zum anderen sind die Behandlungschancen bei einer rechtzeitigen Diagnose ausgezeichnet", sagt Dr. Frank. Umso wichtiger ist die regelmäßige Krebsvorsorge.

Wie lege ich die Scham vor einer proktologischen Untersuchung ab?

Proktologe Frank schätzt, dass ein Proktologe oder eine Proktologin durchschnittlich pro Jahr 4000 Hinterteile sieht. "Was immer du auf dem Untersuchungsstuhl präsentierst, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine Proktologin und keinen Proktologen überraschen können."

Er berichtet auch davon, dass die Erleichterung von Patienten und Patientinnen nach einer erfolgreichen Behandlung extrem groß ausfällt und plädiert darum ausdrücklich dafür, die Scham abzulegen und die Afterregion nicht anders als andere Körperteile zu behandeln.

Tipps für eine gesunde Analregion

Viele proktologische Beschwerden lassen sich mit der richtigen Pflege und etwas Grundwissen vermeiden. Proktologe Florian Frank hat unter anderem diese Tipps auf Lager:

  • Großes Geschäft: Damit der Toilettengang reibungslos klappt, gibt es einige Tipps. Die „Sitzung“ sollte nicht zu lange dauern, damit sich keine krankhaft vergrößerten Hämorrhoiden bilden. Aus demselben Grund solltest du auch nicht zu stark pressen. Eine Erhöhung der Beine, die sogenannte „Steinzeit-Hocke“ im 35 Grad-Winkel, kann den Stuhlgang erleichtern. Dafür gibt es sehr hilfreiche Hocker zu kaufen, zum Beispiel diesen.
  • Gute Ernährung: Für einen gesunden Stuhlgang sorgt eine ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen, die für mehr Volumen und Geschmeidigkeit des Stuhls sorgen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten Erwachsene mindestens 30 g Ballaststoffe pro Tag aufnehmen, sie stecken zum Beispiel in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten oder Obst wie Äpfeln oder Birnen. Auch genügend Flüssigkeit ist wichtig, damit es besser flutscht.
  • Bewegung: Genügend Bewegung kann proktologische Probleme lindern oder ihnen vorbeugen. Ein träger Lebensstil macht auch den Darm träge und kann zu Verdauungsschwierigkeiten oder Verstopfungen führen.
  • Analsex: Weil der Anus eine hohe Dichte an Nervenenden aufweist und in direkter Nachbarschaft anderer erogener Zonen wie G-Punkt oder Prostata liegt, ist es für viele Menschen angenehm, wenn er massiert oder penetriert wird. Dabei ist reichlich Gleitgel wichtig. Finger und Sexspielzeug eignen sich dazu – Gegenstände wie Gemüse, Flaschen oder Kerzen nicht (es gibt genügend Bücher und Texte von Ärzten und Ärztinnen, die seltsame Gegenstände aus menschlichen Hinterteilen herausbefördern mussten). Und natürlich auch wichtig: Verhütung. Die Benutzung von Kondomen reduziert deutlich das Risiko für die Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten.

Auch der Beckenboden ist ein Fall für die Proktologie

Der Beckenboden ist besonders wichtig, wenn es um Stuhl- und Urininkontinenz geht. Während der Schwangerschaft und nach der Geburt kann es zu Veränderungen der Beckenbodenregion kommen, weshalb Rückbildungskurse und Beckenbodentraining dringend empfohlen werden. Aber auch Männer sollten ihren Beckenbodenbereich nicht vergessen, sagt der Proktologe: "Besonders in der zweiten Lebenshälfte können Männer durch regelmäßiges Beckenbodentraining sowohl ihre Urininkontinenz als auch ihre Erektionsfähigkeit verbessern."

Momentan liest man vor allem in den sozialen Medien viel von Beckenbodentrainingsprodukten, die auf Biofeedback basieren. Ein gutes Konzept steckt etwa hinter dem cleveren Elvie-Trainer, dessen Kosten bei entsprechendem Befund sogar von der Krankenkasse übernommen werden. Das Tool wird dafür in die Vagina eingeführt, dann spielst du in der zugehörigen App verschiedene Mini-Spiele, für die der Beckenboden aktiv angespannt und entspannt wird. Auf diese Weise kannst du deine Muskeln besser wahrnehmen und bewusster trainieren.

Fazit: Proktologische Probleme erfordern weniger Scham, aber dafür schnelle Hilfe

Scham oder Angst vor einer proktologischen Untersuchung sind völlig normal, aber absolut unbegründet. Ein Besuch beim Proktologen kann dir helfen, unangenehme Probleme zu lösen und sogar deine Lebensqualität zu verbessern. Wenn du Beschwerden hast, lass sie abklären – genauso, wie du Zahnschmerzen oder einen verstauchten Knöchel sofort behandeln lassen würdest.

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Erwähnte Quellen:

Cardoso R, Zhu A et al. Incidence and mortality of proximal and distal colorectal cancer in Germany – trends in the era of screening colonoscopy. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 281-7; doi: 10.3238/arztebl.m2021.0111, zuletzt abgerufen am 14.10.2024

Beutel ME, Hessel A, Schwarz R, Brähler E. Prävalenz der Urininkontinenz in der deutschen Bevölkerung. Komorbidität, Lebensqualität, Einflussgrössen [Prevalence of urinary incontinence in the German population]. Urologe A. 2005 Mar;44(3):232-8. German. doi: 10.1007/s00120-005-0791-y, zuletzt abgerufen am 14.10.2024

Joos, A.K., Jongen, J. S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden. coloproctology 43, 381–404 (2021). doi: https://doi.org/10.1007/s00053-021-00555-z, zuletzt abgerufen am 14.10.2024

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