Wir eröffnen das Duell zwischen Kohlenhydraten und Fetten: Es sind die wohl kontroversesten Makronährstoffe, die – je nach aktueller Studienlage – entweder verteufelt, gefeiert, komplett weggelassen oder in großen Mengen gegessen werden sollen.
Die Meinungen der Fachleute, welche Methode besser zum Abnehmen geeignet ist, gehen weit auseinander. Während die einen behaupten, man müsse vor allem die Kohlenhydrate reduzieren und gleichzeitig mehr Fett zu sich nehmen, um erfolgreich abzunehmen, sind die anderen überzeugt, dass man sich möglichst fettarm ernähren sollte. Doch was stimmt denn nun? Low Carb oder Low Fat – womit verliert man nachhaltig an Gewicht?
Die Theorie hinter Low-Carb und Low-Fat-Diäten
Bei einer Sache sind sich Low Carb und Low Fat einig: Es muss generell "weniger" (englisch: "low") gegessen werden:
- weniger Kohlenhydrate (Low Carb),
- oder weniger Fett (Low Fat)
Damit verfolgen beide Ernährungsformen das gleiche Ziel: Abnehmen. Oder genauer gesagt Kalorien reduzieren. Denn das ist die Grundvoraussetzung, um Gewicht zu verlieren. Wie groß dein Kaloriendefizit beim Abnehmen sein muss, kannst du hier kostenlos und schnell berechnen lassen.
Beide Ernährungsweisen scheinen ihre Berechtigung zu haben. Zumindest haben sowohl Low Carb als auch Low Fat viele Anhänger:innen. Diese Argumente sprechen dafür:
1. Low Carb: Energie aus Fettreserven
Ciao Brot, Pasta und Co.: Bei Low Carb gilt der Verzicht auf kohlenhydratreiche Lebensmittel als Erfolgsfaktor. Bekommt der Körper weniger Kohlenhydrate, also nur noch 50 bis 100 Gramm täglich, ist er dazu gezwungen, die Energiegewinnung auf die sogenannte "Ketose" umzustellen. Normalerweise sind Kohlenhydrate die wichtigsten Energielieferanten für deinen Körper. Stehen Carbs nicht mehr zur Verfügung, muss er sich diese Energie irgendwo anders herholen. Dafür nutzt er dann Fett beziehungsweise Ketone, die aus Fettreserven gewonnen werden. Die Folge: Du verliest Fett und nimmst ab.
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Hinzu kommt, dass Kohlenhydrate – vor allem die "bösen", also alles was Zucker oder Weißmehl ist – deinen Blutzucker- und Insulinspiegel auf und ab jagen. Das führt dazu, dass du schneller Hunger verspürst, vielleicht sogar von Heißhungerattacken heimgesucht wirst. Ein dauerhaft erhöhter Insulinspiegel soll außerdem den Fettabbau blockieren. Eine Studie sieht den Zusammenhang zwischen Kohlenhydraten und Insulin als den entscheidenden Faktor für Gewichtszunahme beziehungsweise -abnahme.
2. Low Fat: Weniger Fett, weniger Kalorien
Wer abnehmen möchte, muss Kalorien reduzieren. Ein simples Prinzip, um das niemand herumkommt. Mit dem Reduzieren von Fetten scheint das leicht. Im Gegensatz zu Kohlenhydraten und Proteinen, die jeweils 4 Kilokalorien pro 100 Gramm liefern, sind es bei Fetten stolze 9 Kilokalorien pro 100 Gramm. Schraubst du deine Fettaufnahme auf 10 bis 30 Prozent der täglichen Energiezufuhr herunter, soll das die Kilos purzeln lassen.
Dafür ist es grundlegend, sich bewusster zu ernähren. Denn Fett versteckt sich in vielen, vor allem verarbeiteten Produkten wie zum Beispiel Wurst, Milcherzeugnisse, Fertiggerichten, frittierten Speisen oder Backwaren. Low Fat bedeutet deshalb für viele, sich bewusster und frischer zu ernähren. Das erleichtert das Abnehmen natürlich.
Low Carb versus Low Fat: die Nachteile
Weniger ist mehr? Auf den ersten Blick scheint das vielleicht so – und zwar bei Low Carb und Low Fat. Auf den zweiten Blick wird jedoch genauso schnell deutlich, wo die Grenzen liegen. Und die haben beide:
Problem 1: Keine Differenzierung der Qualität
Weder Low Carb noch Low Fat machen große Unterschiede zwischen der Qualität der jeweiligen Nährstoffe. Sowohl bei Kohlenhydraten als auch bei Fetten gibt es die "guten" und "schlechten". Ziel sollte es nicht sein, alle Carbs und jegliche Fettquellen zu streichen oder zu reduzieren, sondern sich auf die Qualität zu fokussieren. Auch Studien betonen, wie wichtig es nicht nur fürs Abnehmen, sondern für die Gesundheit ist, "schlechte" Fette zu reduzieren, dafür ganz bewusst essenzielle Fettsäuren zu sich zu nehmen.
Pflanzliche Öle sowie Nüsse sollten ein fester Bestandteil deiner Ernährung sein
Fette sind an sich nicht schlecht. Im Gegenteil, es gibt eine Reihe essenzieller, also lebenswichtiger Fettsäuren. Die wichtigste ist Omega 3. Sie wird für den Aufbau der Membran im Hirn gebraucht, Produktion von Hormonen, Immunabwehr und und und. Wird die Aufnahme von Fetten zu sehr reduziert, geht das meist nicht nur auf Kosten der "schlechten" Fette (Wurstwaren, Pommes etc.), sondern eben auch auf Kosten der guten. Da Fett zudem Sättigungssignale aussendet, kann es sein, dass du viel mehr isst als zuvor. Vor allem mehr Kohlenhydrate. Und die können wiederum zu einem höheren Insulinspiegel und Heißhunger führen.
Problem 2: Verbote erschweren das Abnehmen
Damit die Ketose einsetzt, musst du Kohlenhydrate erst einmal radikal streichen. Für viele ist das unglaublich schwer und erfordert viel Disziplin. Verzicht macht es immer schwer, vor allem weil Kohlenhydrate in so vielen Produkten stecken, die wir alle so sehr lieben. Auch wenn es nicht "No" sondern "Low Carb" heißt, ist das eine ziemlich große Umstellung und für viele auf lange Sicht nicht im Alltag umsetzbar.
Der komplette Verzicht auf Süßes, Pizza oder Pasta führt zunächst zwar zu großen Abnehmerfolgen, aber heizt deine Lust darauf nur weiter an. Vor allem die Keto-Diät, eine sehr strikte Form der Low-Carb-Ernährung (unter 50 Gramm Carbs pro Tag erlaubt) ist besonders hart und nur schwer umzusetzen. Du isst ab 18 Uhr keine Kohlenhydrate mehr? Was das wirklich bringt, liest du hier.
Problem 3: Vernachlässigung wichtiger Nährstoffe
Unser Körper braucht ALLE Makronährstoffe. Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Nicht nur zum Überleben, sondern auch zum langfristigen Abnehmen. Eine einseitige Ernährung oder auch ein einseitiges Reduzieren kann dazu führen, dass nicht alle Nährstoffe in ausreichender Menge vorhanden sind – das gilt dann nicht nur für die Makro-, sondern auch für die Mikronährstoffe, also Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Fehlt die Abwechslung und Vielfalt, können so Mangelerscheinungen auftreten.
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Eine einseitige Ernährung ist genauso wie der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel nichts, was man langfristig durchziehen kann und sollte.
Restriktionen sind vor allem beim Essen gefundenes Fressen für Heißhunger und den Jo-Jo-Effekt, vor dem sich wohl alle ein wenig fürchten. Eine Ernährungsform mit vielen Verboten langfristig durchzuziehen, kann nicht nur zum Mangel an Nährstoffen führen, sondern erfordert Planung, extrem viel Disziplin und birgt sogar die Gefahr in eine Essstörung zu rutschen. Einige Studien warnen sogar vor einer langfristigen Low-Carb-Ernährung (aber auch zu vielen Carbs) und sehen Zusammenhänge zu einem früheren Sterberisiko.
So erzielst du laut Studien die besten Abnehmerfolge
Fragt sich nun aber: Wie geht es denn richtig? Oder welche der beiden verspricht trotzdem die besseren Erfolge? Das sagt die Wissenschaft:
Diese Untersuchung zeigte, dass eine Low-Carb-Ernährung bessere Abnehm-Resultate bringt als eine Low-Fat-Diät. Eine andere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass nach 12 Monaten beide Ernährungsweisen ähnliche Resultate erzielen, wobei es enorme Unterschiede gibt, wie viel Gewicht verloren wurde. Es wird die Genetik als größerer Einflussfaktor hervorgehoben. In einer weiteren Studie zeigte Low Carb in Kombination mit einer erhöhten Aufnahme von Proteinen die größeren Gewichtsverluste, wobei die Forschenden davon ausgehen, dass das verlorene Wasser, das durch Kohlenhydrate eingelagert wird, nicht ganz irrelevant ist.
Low Carb scheint die Nase also vorn zu haben, wäre da nicht dieses aktuelle Review (das ist eine Zusammenfassung und Auswertung vieler Studien), was die Verwirrung komplett macht: Es zeigt, dass eine kohlenhydratarme Ernährung im Vergleich zu einer ausgewogenen, kohlenhydratreichen Ernährung nicht unbedingt effizienter im Hinblick auf den Gewichtsverlust ist. Auch der Blutdruck sowie diverse Blutwerte verbesserten sich unter einer Low-Carb-Diät nicht signifikant. Die Antwort muss also eine andere sein.
Unser Fazit: Balance is the key
Die Balance macht es. Low Carb und Low Fat haben beide vielversprechende Ansätze, zumindest, wenn du kurzfristig eine Methode suchst, um etwas Gewicht zu verlieren. Ob du mit dem einen oder anderen besser dran bist – oder mit keinem von beiden – ist am Ende des Tages einfach nur persönliche Präferenz. Beim Abnehmen geht es immer darum, dass du weniger Kalorien zu dir nimmst, als du verbrennst. Wie du das machst, bleibt dir überlassen.
Such dir eine Ernährungsweise, die du langfristig durchziehen kannst. Zu strikte Regeln und Verbote bringen auf lange Sicht nichts – außer Frust. Setze auf ALLE Makronährstoffe, statt einen zu verteufeln. Achte in jedem Fall auf ausreichend Proteine, denn die heizen deinem Stoffwechsel ein, sorgen für das größte Sättigungsgefühl und können so Heißhunger verhindern. Schnelle und leckere Rezeptideen findest du in unserem Cookbook:
Erwähnte Quellen:
Ludwig, D. S. et al. (2021). The carbohydrate-insulin model: a physiological perspective on the obesity pandemic. The American journal of clinical nutrition, 114(6), 1873–1885. https://doi.org/10.1093/ajcn/nqab270
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Zhao, Y. et al. (2023). Low-carbohydrate diets, low-fat diets, and mortality in middle-aged and older people: A prospective cohort study. Journal of internal medicine, 294(2), 203–215. https://doi.org/10.1111/joim.13639
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Gardner, C. D. et al. (2018). Effect of Low-Fat vs Low-Carbohydrate Diet on 12-Month Weight Loss in Overweight Adults and the Association With Genotype Pattern or Insulin Secretion: The DIETFITS Randomized Clinical Trial. JAMA, 319(7), 667–679. https://doi.org/10.1001/jama.2018.0245
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