Outercourse: Besserer Sex ohne Penetration

Outercourse
Sex ohne Penetration: Warum er gar nicht eindringen muss

Veröffentlicht am 29.08.2023
Beim Outercourse ist Fantasie beim Sex gefragt
Foto: Nomad_Soul / Shutterstock.com

Wenn du deine Augen schließt und ganz konkret an Sex denkst, was siehst du dann in deiner Vorstellung? Vermutlich sind da (mindestens) zwei Menschen, die miteinander intim sind, wahrscheinlich nackt, und irgendwann landet irgendetwas in irgendeiner Körperöffnung von irgendjemand? Die Wahrscheinlichkeit dafür ist ziemlich hoch, immerhin ist es das, was wir alle irgendwann mal als „richtigen Sex“ erlernt haben. Das ist aber längst nicht alles, was beim Sex passieren kann.

Es gibt immer mehr Menschen, die rein penetrativen Sex (also den "eindringenden") zu eindimensional finden. Darum gibt es nun den Gegentrend: "Outercourse". Das ist ein neuartiger Begriff für etwas, das es schon so lange gibt wie die Menschheit selbst: Sex ohne Penetration. Was du dir darunter vorstellen kannst, warum das viel mehr ist als nur Vorspiel – und wie du damit dein Liebesleben verbessern kannst, erklärt dir hier eine Expertin.

Was ist Outercourse?

Dieser englische Begriff ist im deutschen Sprachraum eher noch nicht so bekannt, vielleicht liest du gerade auch das erste Mal davon. Es ist einfach der Gegenbegriff zum englischen Wort "Intercourse", das alle sexuellen Aktivitäten beschreibt, bei denen ein Mensch einen anderen penetriert, also in ihn oder sie eindringt, sei es mit dem Penis, Finger, Zunge oder auch einem Spielzeug.

Outercourse soll schon als Begriff das genaue Gegenteil von dieser Form von Sex abbilden: "Hier wird nichts in einen anderen Körper eingeführt, die Stimulation findet außerhalb statt – oder im Kopf", erklärt Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs. Soll heißen: Streicheln, Zunge an der Klitoris oder auch Fesselspiele können Teil des Outercourse sein. Blowjob, Finger im Po oder Dildos können das nicht.

Welche Toys machen Outercourse noch besser?

Sex ohne Eindringen – das geht auch mit raffinierten Toys sehr gut. Da gibt es auch längst mehr als den typischen Rein-Raus-Dildo. Diese 3 Modelle sind die besten Helfer für den Outercourse:

  1. Der Satisfyer (hier kaufen: Satisfyer Pro 2) ist bei Frauen einer der beliebtesten Unterstützer unter den Sex-Toys!
  2. Der Womanizer Pro (hier kaufen: Womanizer Pro) stimuliert die Klitoris berührungslos mit pulsierenden Druckwellen und sorgt für ein unglaubliches Orgasmusgefühl.
  3. Ein Schallwellen-Toy (hier kaufen: Sona 2 Cruise) ist ein spaßbringender Massage-Helfer, der dich mit modernster Technik ebenfalls ohne Eindringen verwöhnt.

Warum ist Outercourse so besonders?

Es ist eine schöne, für viele ganz neue Art, sexuelle Lust zu erleben. Klar, es kann großartig sein, penetriert zu werden, ausgefüllt zu werden und regelrecht miteinander zu verschmelzen. Vor allem Männer lieben das Penetrieren, denn sie können dabei ganz wunderbar zum Orgasmus kommen. "Bei Frauen ist es aber so, dass etwa 70 Prozent nicht allein durch eine Penetration einen Orgasmus erleben", erklärt Hinrichs. Mehr zum weiblichen Orgasmus hier. Studien zeigen, dass rein penetrativer Sex ohne klitorale Stimulation Frauen am seltensten zum Orgasmus bringt.

Für einige Frauen ist Penetration sogar das, was sie für einen Orgasmus am wenigsten brauchen. Manche empfinden sie sogar als unangenehm oder schmerzhaft. Doch auch wenn sie grundsätzlich nichts gegen pentrativen Sex haben: Gerade wenn sich im Liebesspiel (von der Gewohnheit und dem männlichen Wunsch nach Penetration geprägte) Erwartungen einschleichen, droht die Gefahr der Rein-raus-Routine. Je weniger unterschiedliche Techniken ihr in eurem Liebesspiel praktiziert, desto eher besteht die Gefahr, dass der Sex einseitig und unbefriedigend wird. Habt ihr dagegen auch mal nicht-penetrativen Sex, wird aus Routine wieder ein ganz intensives Entdecken und leidenschaftliches Spüren des eigenen und des anderen Körpers. Hinrichs erklärt, wieso:

  • Outercourse ist langsamer
    "Häufig ist eine Penetration früher oder später eher schnell und stoßhaft. Eigentlich empfindet man aber viel mehr bei langsameren, bewussteren Bewegungen", erläutert die Sexualtherapeutin. Das typische "Rammeln" fällt also weg, stattdessen wird mehr gedrückt, gestreichelt, geküsst oder gerieben.
  • Outercourse macht kreativ
    Not macht ja bekanntermaßen erfinderisch. Ist das typische Rein-Raus ist heute verboten, müsst ihr euch also andere Wege ausdenken, um euch nah zu kommen. Vielleicht probiert ihr mal Sextalk, das klappt sogar ganz ohne Berührungen. Oder ihr macht mal wieder so richtig heftig miteinander rum. Oder ihr probiert unsere Vorschläge weiter unten aus.
  • Outercourse nimmt den Druck raus
    "Er" war nicht so standfest wie geplant, du hoffst, dass er lange genug kann, bis du kommst – sowas kann die Lust ganz schön vermiesen. "Beim Mann konzentrieren sich oft alle Erwartungen auf den Penis, die Frau macht sich dagegen Druck, einen Orgasmus zu haben", erklärt Hinrichs. Klappt irgendwas nicht, ist der Frust groß. Beim Outercourse fällt dieser Erwartungsdruck weg, weil es hier nicht um eine ganz bestimmte Körperfunktion geht, sondern mehr um die Lust am ganzen Körper und an allen Berührungen.

Ist Sex ohne Penetration überhaupt richtiger Sex?

Gegenfrage: Wieso denn nicht? Auch wenn Studien diese Wahrnehmung bei einigen Menschen feststellen, liegt das Problem wohl zum großen Teil an der erwähnten gesellschaftlichen Prägung, und die ist durch die männliche Wahrnehmung dominiert. Diese Vorstellung vom "richtigen Sex" ist doch schon ganz klar geprägt von der männlichen Vorstellung, dass er nur Sex hatte, wenn er sein Ding irgendwo reingesteckt hat. Ja, es kann sein, dass er beim Outercourse auch mal keinen Orgasmus hat. Oh well. Willkommen im Leben von ungefähr 70 Prozent aller Frauen, die sich mit unregelmäßigen Orgasmen abfinden mussten. Merke dir: Begriffe wie "richtig" oder "normal" sind beim Sex wirklich unangebracht. Erstens ist Sex so individuell, dass es so etwas wie "normal" gar nicht gibt. Zweitens ist Penetration vor allem für Männer "richtig" und ausreichend.

Von allein werden also viele Männer nicht darauf kommen, dass Frau manchmal etwas anderes braucht als das gängige Rein-raus-Spiel. Muss ja auch nicht. Wenn dich das Gefühl, penetriert zu werden, ausfüllt und vollends befriedigt, großartig! Wenn du diese Art von Sex aber vor allem hast, weil "man das eben so macht", ist es vielleicht Zeit, deinen Horizont ein wenig zu erweitern. "Richtiger" Sex ist nämlich vor allem dann richtig, wenn es sich für dich und euch gut anfühlt. Ausdrücke wie "normal", "das macht man so" oder "meine Ex ist dabei aber jedes Mal gekommen" kannst du getrost aus deinem Schlafzimmer verbannen. Und den Typen, der sie bringt, vielleicht gleich mit.

Wird durch Outercourse der Sex für Frauen besser?

Das ist ziemlich sicher! "Gerade für Frauen ist Sex vor allem dann gut, wenn sie sich entspannen können und ihre Klitoris oder andere sensible Regionen stimuliert werden", erklärt Hinrichs. Wenn euer Liebesspiel nicht mehr auf euren (oder sogar nur auf seinen) Orgasmus oder auf das "Normale" abzielt, kannst du dich besser dem Moment hingeben. Außerdem entdeckt ihr vielleicht gemeinsam neue Hotspots, die bisher ignoriert wurden und euch in ungeahnte Höhen der Lust bringen.

Besonders wenn du schwerere Probleme beim Sex hast, weil du zum Beispiel gerade ein Kind bekommen hast, unter Scheidenkrämpfen leidest oder Traumata erlitten hast, kann Outercourse eine echte Erleuchtung sein. "Hierbei kann man Sexualität erleben, ohne in die sensiblen Regionen gehen zu müssen, ohne sich mit Ängsten oder Schmerzen konfrontieren zu müssen", so die Therapeutin. So kannst du zu einem gelösteren Umgang mit dem Thema zurückfinden, oder du findest heraus, dass diese Stimulation dich befriedigt und du gar nichts anderes brauchst.

Ist Sex ohne Penetration sicherer?

Sagen wir mal so: Beim Outercourse kannst du dich bezüglich Verhütung besser entspannen. "Spermien klettern nicht von allein die Vagina herauf, eine Schwangerschaft ist deshalb sehr unwahrscheinlich", erklärt Hinrichs. Aber völlig sicher ist die Sache nicht: Hast du oder er Lusttropfen oder Sperma an den Fingern und wandern die doch mal an oder in deine Scheide, besteht ein Restrisiko!

Ähnlich ist es mit Geschlechtskrankheiten. "Viele Krankheiten wie etwa HIV oder Syphilis werden weitergegeben, indem über Schleimhäute oder kleinste Verletzungen die Erreger übertragen werden", erklärt Hinrichs. Wird keine Körperöffnung penetriert, gibt es auch keinen Schleimhautkontakt. Aber auch hier gilt Vorsicht, zum Beispiel wenn ihr gegenseitig masturbiert: Kommen doch irgendwelche Partikel, etwa Vaginalsekret, Hautschuppen oder Sperma, in den anderen Intimbereich, gibt es ein Restrisiko.

Frisch rasierte Haut ist für solche Infektionen übrigens besonders anfällig. Also solltet ihr auch hier auf Nummer sicher gehen und euch testen lassen oder die Slips anbehalten (man kann auch über dem Stoff ganz vortrefflich streicheln).

Wie kann ich Outercourse ausprobieren? 5 Tipps

Vielleicht fragst du (oder dein Partner) dich, was man dann die ganze Zeit machen soll, wenn keine Penetration erlaubt ist? Glaub uns: Ganz viel! "Sex ist ein reichhaltiges Buffett, von Streicheln über Dirty Talk und Telefonsex bis zu den wildesten Kinks gibt es eine Menge, was man ausprobieren kann", erklärt Hinrichs. Das Tolle: Es muss dir gar nicht alles sofort gefallen, wichtig ist nur, dass ihr experimentiert. Die Sexualtherapeutin hat ein paar Ideen für den Einstieg:

  1. Erforsche dich selbst: Je besser du deinen Körper kennst, desto besser kannst du oder dein Partner dir Freude bereiten. Dafür ist nicht nur regelmäßiges Masturbieren gut, sondern auch Kenntnis deines Körpers. "Ein guter erster Schritt dafür kann es sein, sich einen Handspiegel zu schnappen und sich genau anzuschauen, wo welches Gefühl entsteht, wenn man sich selbst berührt", rät Hinrichs.
  2. Massiert euch gegenseitig: Haut an Haut, alles ist schlüpfrig und warm, ihr spürt nur noch die Berührungen – Massagen sind verdammt erotisch! Plus: Wenn du weißt, dass er keine "Gegenleistung" erwartet, wenn er dir den Nacken knetet, kannst du dich viel besser fallen lassen. Auch eine Möglichkeit: eine Tantra-Massage.
  3. Macht miteinander rum, lasst aber die Klamotten an: "Dry humping" erinnert ein bisschen an die Teenie-Zeit, als dunoch nicht konntest oder durftest, wie du vielleicht wolltest. Holt euch diese Aufregung und diesen Hauch von Verbot wieder, indem ihr mal wieder so richtig wild rumknutscht, dabei aber angezogen bleibt.
  4. Probiert Kinks oder Rollenspiele: "Die Erregung bei vielen Fetischen und Fantasien kommt nicht unbedingt von körperlichen Reizen, sondern entsteht vor allem im Kopf", so Hinrichs. Und da kann, auch outercourse-konform, eine ganze Menge abgehen. Dirty Talk am Telefon ist ein toller Einstieg, das klappt sogar in der Fernbeziehung. Wichtig ist, dass ihr euch beide damit sicher und wohl fühlt.
  5. Redet miteinander: "Kommunikation ist in Beziehungen extrem wichtig, auch beim Sex", betont die Therapeutin. Lass deinen Partner in deinen Kopf hineinschauen und erzähle ihm, welche Berührung du besonders schön findest. Sonst muss er das erraten oder weiß gar nicht erst, dass du dir das wünschst.

Wie sage ich meinem Partner, dass ich Outercourse probieren will?

Wie gesagt, Reden ist wichtig. Wenn du mal Sex ohne Penetration ausprobieren willst, geht das am besten, wenn du’s einfach vorschlägst. Für Männer liegt das aus erwähnten Gründen nicht immer nahe. So mancher Rammler könnte den Vorschlag, ganz darauf zu verzichten, sogar als Zurückweisung empfinden. Wie bringt man das Thema also behutsam auf den Tisch?

Die Hauptregel ist: Lieber "Ich"-Botschaften als "Du"-Botschaften, lieber Vorschläge fürs nächste Mal als an vergangenen herumzukritteln, und am besten schlägst du gleich eine ganz konkrete Idee vor, um ihn direkt heiß drauf zu machen. Wie genau du das anstellst, hängt natürlich von eurer Beziehung sowie deinen und seinen Vorlieben ab. Wir haben da ein paar Vorschläge für dich, was du sagen könntest:

  1. "Ich finde es besonders scharf, wenn du meinen ganzen Körper streichelst."
  2. "Wie wär’s, wenn wir mal nur eine Feder/Peitsche/Samthandschuhe benutzen?"
  3. "Willst du mir dabei zuschauen, wie ich es mir selbst mache?"
  4. "Heute entscheide ich, was du mit mir machen darfst und was nicht."
  5. (Am Telefon) "Ich hätte Lust, mich nackt auf deinen Schoß zu setzen. Was würdest du dann mit mir machen?"

Das "Penetrations-Verbot" beim Outercourse hilft, Sexualität besser zu entdecken, sich dabei Zeit zu lassen und nicht bloß dem Orgasmus hinterherzujagen. Probiert es aus, spürt in euch rein, lernt euch noch einmal ganz neu kennen: Es wird euer Sexleben bereichern.

Erwähnte Quellen:

Shirazi T, Renfro KJ, Lloyd E, Wallen K. Women's Experience of Orgasm During Intercourse: Question Semantics Affect Women's Reports and Men's Estimates of Orgasm Occurrence. Arch Sex Behav. 2018 Apr;47(3):605-613. doi: 10.1007/s10508-017-1102-6

Norman LR. The viability of outercourse for HIV prevention within the Puerto Rican context. Ethn Dis. 2010 Winter;20(1 Suppl 1):S1-178-84. PMID: 20521411; PMCID: PMC4064672