- Was ist Selbstliebe überhaupt?
- Warum fällt Selbstliebe so schwer?
- Warum ist Selbstliebe so wichtig?
- Wie lernt man, sich selbst zu lieben? 7 Tipps
- Warum ist Selbstliebe in einer Beziehung wichtig?
Liebe dich selbst! Akzeptiere deine Schwächen! Umarme dein inneres Kind! Zitate und Sprüche voll von Lebensweisheiten, wohin das Auge reicht. Dabei lautet das Wort der Stunde "Selbstliebe" – und zugegeben, das klingt toll und nach „Will ich auch“.
Aber wie um alles in der Welt sollst du dich selbst lieben, während du im Netz ständig über tolle Menschen mit traumhaft schönen Leben stolperst? Leute, die dir suggerieren, dass so ein normales Durchschnittsdasein etwas sei, wofür du dich schämen musst? Ist bedingungslose Selbstliebe da nicht ein bisschen viel verlangt?
Was ist Selbstliebe überhaupt?
Eine Definition von Selbstliebe? Eigentlich ganz einfach: Das eigene Selbst so lieben, wie es ist. Uneingeschränkt, mit allen Makeln und Fehlern, an guten wie an schlechten Tagen. So, wie man das eben macht, mit Menschen, die man liebt! Man kann ihnen ruhig mal böse sein oder sich über sie ärgern, aber am Ende des Tages liebt man sie eben trotzdem. Oder gerade deswegen.
Doch beim eigenen Selbst fällt das mit dem "alle Makel und Fehler" annehmen leider gar nicht leicht. Zu hoch der Anspruch! Und zu sehr strahlt dir die künstliche Makellosigkeit ins Gesicht, von der einige dir weismachen wollen, sie existiere wirklich. Du musst doch nur ein klitzekleines bisschen in deine Selbstoptimierung investieren und schwupps – schon gehörst du dazu, zum erlesenen Kreis der Schönen und Begehrenswerten. Du hast es also selbst in der Hand, ob du schön und sexy bist. Wenn du nicht mitmachst, bist du halt selbst Schuld! Na ganz toll! So klappt das mit der Selbstliebe natürlich nicht.
Warum fällt Selbstliebe so schwer?

Fakt ist: Inzwischen belegen etliche Studien, dass der permanente Vergleich mit anderen unglücklich macht und dein Selbstbild in Mitleidenschaft zieht. Wissenschaftler:innen des dänischen Happiness Research Institute beispielsweise sagen: Wer sich Tag für Tag durch die Postings von Freund:innen, Kolleg:innen und Celebrities in sozialen Netzwerken scrolle, sei am Ende neidisch und fühle sich unzulänglich. Frei nach dem Motto „Hey Loser-Ich, warum sitzt du nicht am Strand und schlürfst Cocktails wie deine Nachbarin mit der tollen Wohnzimmereinrichtung?“ Am Ende der Timeline stünde die ernüchternde Erkenntnis, dass alle ein cooles, aufregendes Leben hätten, nur man selbst eben leider nicht.
Also Schluss mit Vergleichen! Stattdessen: stärkerer Fokus auf dich selbst. Doch läuft man damit nicht Gefahr sich selbst zu sehr über alle anderen zu stellen? Wo liegt der Unterschied zwischen gesunder Selbstliebe und dem völlig übersteigerten Glorifizieren der eigenen Person? Immerhin sprechen nicht wenige Wissenschaftler:innen inzwischen von einem „Zeitalter der Narzisst:innen“, in dem sich bereits Heranwachsende grenzenlos selbst feiern und in Szene setzen.
Selbstliebe bedeutet nicht Selbstverliebtheit!
„Narzissmus ist eine auffällige Selbstverliebtheit und übertriebene Selbstbezogenheit“, erklärt Anne Heintze, Therapeutin und Gründerin der Open Mind Akademie. „Narzisstische Menschen befassen sich vor allem mit sich selbst und interessieren sich nicht für andere. Sie überschätzen sich maßlos und haben eine überzogene Anspruchshaltung.“
Selbstliebe hingegen sei das Annehmen der eigenen Persönlichkeit, die Akzeptanz dessen, was und wie man ist. „Selbstliebe bedeutet, sich selbst zu vertrauen, sich selbst zu achten und den eigenen Wert schätzen zu lernen. Selbstakzeptanz spielt dabei eine entscheidende Rolle“, so Heintze.
Test: Bist du ein Denker, Fühler oder Macher?
Das richtige Maß an Selbstkritik

Dass gestärkte Selbstliebe letztlich also in zu großer Selbstverliebtheit oder gar narzisstischen Zügen endet, ist also unwahrscheinlich. Dennoch teilen heutzutage sehr viele Frauen diese Sorge. Ein Beispiel: Die britische Linguistikexpertin Judith Baxter von der Aston University in Birmingham fand in einer Studie heraus, dass Männer in 90 Prozent der Fälle Witze auf Kosten anderer machen. 70 Prozent der Frauen ziehen dagegen immer nur sich selbst durch den Kakao.
"Dass Frauen sich vor anderen kleiner machen, hat eigentlich das Ziel, positiv zu wirken", erklärt Persönlichkeitscoach Kim Fleckenstein. Hört sich im ersten Moment vielleicht paradox an, ist aber evolutionär in uns verankert. Im Laufe der menschlichen Entwicklung waren Männer lange Zeit auf den Wettbewerb mit anderen gepolt, Frauen hingegen hatten schon immer einen stärker ausgeprägten Gemeinschaftssinn. Für sie ist es – offensichtlich bis heute – wichtig, wenig bedrohlich auf andere zu wirken und eine möglichst große Community um sich herum aufbauen zu können. Wer andere hinter die Fassade schauen lässt („Ich war wirklich noch nie gut darin, eine Präsentation zu halten“), reißt damit Mauern ein und wirkt liebenswert.
Die Evolution macht in diesem Punkt macht das Leben jedoch leider unnötig schwer. Denn wenn wir uns die Ergebnisse einer Selbstliebe-Umfrage (Women’s Health International) anschauen, glauben 67 Prozent der befragten Frauen, dass Menschen, die sich selbst lieben, auch von anderen positiver wahrgenommen werden. Gerade einmal 3 Prozent finden, dass Menschen, die sich selbst annehmen und lieben, arrogant wirken. Und 77 Prozent gaben an, noch nie von anderen Menschen selbstverliebt genannt worden zu sein. Ergo: Sich selbst zu lieben ist kein Verbrechen, sondern macht obendrein auch noch sympathisch.
Warum ist Selbstliebe so wichtig?
Durch die Liebe zum eigenen Selbst steht man vor anderen also besser da, denn sie verleiht Selbstbewusstsein und Ausstrahlung, was ganz einfach daran liegt, dass man sich selbst wichtig ist und sich um die eigenen Bedürfnisse und Wünsche kümmert. Ob um den eigenen Körper, mit ausgewogener Ernährung, Bewegung und Fürsorge, oder die eigene Psyche, mit Herausforderungen sowie auch Pausen, mit sozialen Kontakten sowie Hobbies.
Dieses Kümmern und diese Fürsorge sind das, was zu mehr Zufriedenheit mit sich selbst führt und somit zu weniger Angst vor Ablehnung oder fehlender Anerkennung. Wer sich selbst liebt, hat nicht das Bedürfnis sich für andere verbiegen zu müssen, ist somit emotional stabiler und auch unabhängiger und geht allgemein offener und stärker durchs Leben.
Wie lernt man, sich selbst zu lieben? 7 Tipps
Nun gut, also her mit der Selbstliebe. Doch wie geht das denn jetzt eigentlich? Das sich selbst lieben? Zugegeben, es gibt kein Patentrezept, das es ganz easy macht, sofort tief in sich zu ruhen und Liebe aus jeder Pore zu verströmen. Aber es gibt ein paar kluge Tipps, die all denjenigen den Weg ebnen können, deren Selbstliebe-Level noch einen kleinen Schubs nach oben vertragen könnte. Also: Nur Mut – du bist toll!
1. Hör auf, dich zu vergleichen
Diese ganze Selbstinszenierung auf Instagram & Co. wird dir manchmal zu viel? Dann entfolge einfach den Personen, die dir ein ungutes Gefühl vermitteln. Sei es, weil du spürst, wie Neid in dir aufkommt oder Wut auf dich selbst, weil du vielleicht nicht so einen tollen trainierten Körper oder so eine hübsch eingerichtete Wohnung hast. Vergleiche mit Promis hinken, da das Bild, das sie im Netz vermitteln a) oft nicht ganz echt ist und b) nicht automatisch erstrebenswerte Ziele darstellt.
2. Strebe nicht nach Perfektion
Du musst nicht perfekt sein. Weder für dich noch für andere. Oder erwartest du von deinem Umfeld immer 100 Prozent? Wahrscheinlich nicht, weil du weißt, dass es das nicht gibt. Warum bist du dann so streng mit dir selbst? Lieber locker lassen getreu dem Motto: „Perfect is boring, human is beautiful!“
3. Trau dich mal etwas

Was wolltest du schon immer tun, hast es aber bislang auf die lange Bank geschoben? Egal, um welche Herausforderung es sich letztlich handelt – geh es an, stecke all deine Kraft und dein Herzblut hinein und koste am Ende das nicht zu unterschätzende Gefühl aus, dein Ziel erreicht zu haben!
4. Stapele nicht so tief
Egal ob im Lebenslauf oder beim Onlinedating-Profil: Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Du bist jemand, du kannst was, und das darf ruhig jede:r wissen. Und hör bitte sofort auf, dich selbst runterzuputzen. Sätze wie „Nie mache ich was richtig“ streichst du am besten sofort aus deinem Repertoire. Push dich stattdessen lieber, lob dich häufiger mal oder beginne zumindest mit "Das kann ich noch nicht so gut." Spreche zu dir selbst am besten so, wie du auch zu einer guten Freundin sprechen würdest!
5. Setze Grenzen
Zu allem ja sagen, nur anderer zuliebe, führt zu schlechter Laune und Frust und letztlich auch zu fehlender Zeit, die lieber für sich selbst investiert werden sollte. Am Ende ärgert man sich dann nur über sich selbst. Deswegen: Auch ein Nein ganz ohne Erklärung darf sein. Du fühlst dich nicht gut und brauchst Zeit für dich? Dann sag es, und erfinde keine Ausreden. Höre auf dich und deinen Körper. Auch das ist Selbstliebe.
6. Tu dir was Gutes
Du darfst dir guten Gewissens immer wieder Dinge gönnen. Und das nicht nur als Belohnung, wenn du vorher etwas geschafft hast oder als Trost, für Liebeskummer oder sonstiges Leid. Gönn dir Auszeiten einfach so! Stunden der Ruhe oder kleine Abenteuer, vielleicht auch einfach einen Serien-Marathon, selbst wenn die Wohnung geputzt werden will, einen leckeren Nachtisch, das neue paar Schuhe. Was es auch sein mag – du verdienst es, einfach weil du du bist.
7. Sei die, die du sein willst
Manchmal kann man sich selbst nicht besonders gut leiden, weil man einen Lebensweg eingeschlagen hat, der nicht der "richtige" ist. Dann stellt man plötzlich fest, dass man im falschen Job sitzt oder mit dem oder der falschen Partner:in zusammen lebt. Und jetzt? Alles umwerfen, alles neu machen? Die unbequeme Antwort lautet: Wahrscheinlich ja. Gehe in dich und frage dich, was du wirklich vom Leben erwartest und in welchem Leben du dich wirklich wohlfühlen würdest. Das funktioniert nicht beim 5-minütigen Brainstorming, sondern dauert ein paar Wochen oder Monate – und es ist schmerzhaft. Aber es lohnt sich!
Warum ist Selbstliebe in einer Beziehung wichtig?
"Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben." – Ein Satz, der immer wieder fällt, besonders dann, wenn es mit der großen Liebe irgendwie nicht klappen will. Langversion: „Lerne erst mal, dich selbst zu lieben. Dann bist du auch bereit, Liebe zu geben und zu bekommen.“ Klingt nach einer Weisheit von Oma und irgendwie eine Spur spirituell.
So ganz unwahr ist der Satz aber nicht. „Die Akzeptanz der eigenen Person ist der erste Schritt, Akzeptanz durch andere zu erlangen", weiß Therapeutin Anne Heintze. Jedoch musst du dich nicht bedingungslos und durchgehend selbst lieben, um einerseits andere lieben zu können und andererseits Liebe von anderen zu verdienen! Die verdienst du immer, ganz unabhängig davon, wie du zu dir selbst stehst.
Tatsache ist jedoch, dass Selbstliebe in Beziehungen starke positive Auswirkungen hat. Liebt man sich selbst nicht, fragt man sich auch schnell, warum andere einen lieben sollten, was zu Selbstzweifeln und stetiger Verlustangst führt.
Laut der oben genannten Umfrage haben sich ganze 60 Prozent der Teilnehmerinnen schon einmal die Frage gestellt, wie es sein kann, dass sie in ihrer Beziehung geliebt werden und dass jemand wirklich mit ihnen zusammen sein will. Knapp 20 Prozent sagten, sie hätten diese Gedanken andauernd. Diese Gedanken sind Gift für dich selbst und für deine Beziehung. Du musst für dich selbst wissen, wie toll und liebenswert du bist, ganz ohne Bedingungen! „Du musst anderen keinen Gefallen tun, damit sie dich achten. Sie sollen dich lieben, weil du bist, wie du bist, und nicht, obwohl du so bist, wie du bist“, sagt die Expertin. Goldrichtig!
Selbstliebe ist keine eitle Selbstverliebtheit, sondern das Annehmen der eigenen Persönlichkeit mit allen Macken und Eigenheiten. Akzeptiere dich wie du bist, dann wird dein Leben schöner, entspannter und ehrlicher!