Viele Menschen wünschen sich einen bunten Alltag. Die wenigsten wissen, was sie damit meinen, also: Was sie WIRKLICH damit meinen. Denn Farben haben in unserem Leben eine weit größere Wirkung, als viele denken.
Hast du dich schon mal gefragt, warum du in blau gestrichenen Räumen schneller anfängst zu frösteln? Oder warum es dich so glücklich macht, dein gelbes Shirt zu tragen? Das ist kein Zufall, denn Farben haben einen enormen Einfluss auf dein (Wohl-) Befinden.
Wie wirken Farben auf mich?

Farben sind Sinneseindrücke, die entstehen, wenn Licht auf die Netzhaut der Augen fällt. Die Hirnforschung hat herausgefunden, dass Farben sogar bei geschlossenen Augen einen Einfluss auf dich haben, denn Haut und Netzhaut verfügen über eine vergleichbare Lichtempfindlichkeit.
Aber natürlich wirken Farben nicht nur durch ihre Erscheinung, sondern auch besonders durch die Assoziationen, die sie in dir wecken. Eine Farbe allein hat noch keine Bedeutung und damit auch zunächst keinen Effekt.
Welche verschiedenen Wirkungen können Farben haben?
Der Effekt von Farben auf dein Wohlbefinden beschränkt sich nicht nur auf das Gehirn und ist somit vielschichtiger als gedacht. Farbdesignerin Daniela Späth unterteilt die Wirkung in 3 Ebenen.
- Die erste Ebene ist die der erlernten Farbsymbolik: Ab dem Moment der Geburt wachsen die meisten Menschen in einer farbigen Welt auf, wodurch auf natürliche Weise gewisse Farben mit gewissen Bedeutungen verknüpft werden.
- Dann folgt die persönliche Ebene: Farben wirken hier entsprechend des Erlebten und der Erfahrungen, die du damit gemacht hast.
- Schlussendlich gibt es die dritte Ebene, den Bereich, in dem du wie von selbst auf Farben reagierst. „Hier werden unbewusst körperliche Reaktionen ausgelöst, die man schlecht beeinflussen kann“, so die Expertin. Ein Beispiel ist die Farbe Rot, die auf viele Menschen eine besondere Wirkung hat. Ein Versuch zeigte zum Beispiel, dass der Adrenalinspiegel von Sportlern in rot gestrichenen Räumen automatisch steigt.
Woher kommt die Wirkung der Farben?
Interessanterweise spielt es für die Wirkung der Farben keine Rolle, ob du zum Beispiel auf eine grüne Wiese oder eine grün gestrichene Wand blickst – Farben beeinflussen immer gleich, in welcher Form sie auch daherkommen.
Die britische Journalistin Kassia St Clair hat außerdem herausgefunden, dass die Farbwahrnehmung auch stark mit der Persönlichkeit und Kultur zusammenhängt. „Von vielen wird Gelb heute mit Glück assoziiert, da sie die Farbe mit der Sonne verbinden“, so St Clair. „In den 1890ern wurde Gelb jedoch als bedrohliche Farbe wahrgenommen, da Bücher mit gelben Umschlägen zu dieser Zeit anstößige Geschichten enthielten. Der Kontext spielt eine große Rolle.“

Diese Assoziationen sind im Kopf hinterlegte Infos, die in Millisekunden darüber entscheiden, ob du eine Farbe magst oder nicht. Genau diese Assoziationen sind auch beim Temperaturempfinden entscheidend: Blau wird häufig mit kühlen Elementen wie Wasser oder Eis in Zusammenhang gebracht (deshalb: brrr, kalt!). Rot oder Orange stehen eher mit warmen Elementen wie Feuer in Verbindung.
Umso interessanter, dass die Naturwissenschaft es genau anders herum deutet. Dort heißt es: Je höher die Temperatur, desto mehr spielt eine Farbe ins Blaue (man denke an das leuchtend blaue griechische Meer). Mit diesem Wissen im Hinterkopf frösteln wir in blau gestrichenen Räumen demnächst vielleicht gleich etwas weniger.
Und welche Farbe hat nun die beste Auswirkung aufs Gemüt und macht am glücklichsten? Späth sagt: „Die Lieblingsfarbe. Das ist sehr individuell.“ Was unglücklich macht, lässt sich aber mit Gewissheit sagen: eine durch und durch farblose Welt.
Welche Farbe bewirkt im Gehirn was?
Natürlich gibt es bei jedem Menschen individuelle Unterschiede, wie bestimmte Farben auf ihn wirken. Aber es gibt eine Reihe von Effekten, die Farben auslösen, die nicht nur mit der einzelnen Person zu tun haben, sondern universell gelten. Wir haben einige davon hier zusammengetragen:
Schwarz: Kleidsame Klarheit

Ob Schwarz nun eine richtige Farbe ist oder nicht, darüber wird viel diskutiert. Faktisch zählt Schwarz zu der Kategorie der „unbunten Farben“ und ist somit ja irgendwie beides.
Wissenschaftlich bewiesen ist: Schwarz stärkt die eigene Klarheit und Selbstsicherheit. Auch steht Schwarz für Individualität und Eigenständigkeit. Kein Wunder also, dass es der beliebteste Farbton der Deutschen bei Kleidung ist. Wer Schwarz trägt, strahlt Macht aus und zeigt zugleich, dass er viel von Eleganz versteht. Zwar symbolisiert Schwarz in der Psychologie oft Angst und Schatten, es steht dort aber gleichermaßen für Kreativität.
Grün: Beruhigende Sicherheit

Die Farbe wirkt beruhigend und erzeugt Harmonie. Grün stabilisiert und stärkt dadurch das Selbstwertgefühl. Wer Energie tanken möchte, sollte sich also öfter mit Grün umgeben.
Die Farbe spricht außerdem nervöse und unruhige Menschen positiv an und schafft ein Gefühl von angenehmer Balance. Denn Grün wird evolutionsbedingt als Schutzfarbe verstanden, da wir mit ihr seit Urzeiten Vegetation und Pflanzen verbinden.
Dort, wo es Pflanzen gibt, kann man zum Beispiel Gemüse anbauen – was signalisiert, dass man an diesem Ort überleben kann. Auch deshalb steht die Farbe Grün für Hoffnung: Denn Grün ist Leben.
Rosa: Entspannendes Glücksgefühl

Rosa gilt als warme Farbe, die negative Energien dämpft und den Geist beruhigt – und das ist erstaunlich, da Rosa zur Familie der Rottöne zählt. Die Hirnforschung hat herausgefunden, dass die „große Schwester“ Rot eher Angstgefühle auslöst und die Überlebensreflexe in Gang setzt.
Rosa vermittelt hingegen ein starkes Gefühl von Sicherheit und verhilft zu mehr Gelassenheit. In der Wissenschaft wurde der Effekt des „Cool Down Pink“ erforscht, der die entspannende Wirkung belegt. Wer ein rosa Kleidungsstück trägt, strahlt Herzlichkeit und Zufriedenheit aus. Und auch ohne Studiennachweis steht fest: Ein Nagellack in Pink macht sofort gute Laune.
Blau: Kreative Abkühlung

Über den oben erwähnten Cool-down-Effekt hinaus gilt Blau als Farbe der Entspannung. Diverse Versuchsergebnisse zeigen: Blau kann nicht nur Verspannungen lösen, sondern auch bei Schlafstörungen helfen. Bei Aufregung ist der Ton perfekt, um wieder runterzukommen.
Blau (übrigens genau wie Violett) stimuliert nämlich den Körper und senkt nachweislich den Blutdruck und die Pulsfrequenz. Außerdem fördert Blau die Kreativität: Forscher der University of British Columbia haben in einem Experiment herausgefunden, dass Angestellte mit einem blauen Desktop Aufgaben leichter und kreativer erledigten als die Kollegen mit einem roten Bildschirmhintergrund.
Gelb: Positive Energie

Der Ton wird vorrangig sehr positiv wahrgenommen. Viele denken gleich an Sonne, Sonnenblumen, Strand. Und das kommt nicht von ungefähr: Gelb fördert nachweislich die Bildung des Glückshormons Serotonin. Außerdem symbolisiert Gelb Kommunikation und Schnelligkeit.
Die Farbe spricht Menschen an, die Neues suchen, denn sie drückt die positive Energie eines Anfangs aus und schafft gleichzeitig eine optimistische Atmosphäre, da sie Ängste mindert. Zudem beflügelt Gelb den Geist und verhilft zu besserer Konzentration. Kein Wunder also, dass Befragungen ergeben haben, dass man Menschen, die gelbe Kleidung tragen, für intellektuell hält.
Farben haben eine nicht unerhebliche Wirkung auf deine Alltagswahrnehmung. Achte mal drauf oder experimentiere mit den Farben deiner Kleidung. Egal für welchen Ton du dich entscheidest: Trau dich, (Lieblings-)Farbe zu bekennen.
Text: Sofia Mönter Jamie