Sport trotz Periode? Wie du in jeder Zyklusphase richtig trainierst
Die Menstruation ist eines der natürlichsten Dinge der Welt, gleichzeitig aber auch eines der unfairsten. Neben den bekannten Beschwerden, die sie mit sich bringt, stellt sie eine echte Herausforderung für regelmäßigen Sport dar. Doch es gibt einen cleveren Weg, diese Herausforderung zu meistern: Anpassung.
Der Schlüssel liegt darin, deine Trainingsroutine an den natürlichen Wechsel der Hormone in deinem Zyklus anzupassen. Denn die Schwankungen von Östrogen und Progesteron wirken sich nicht nur auf deinen Zyklus aus, sondern auch auf deine sportliche Leistungsfähigkeit. Diese Leistungsschwankungen sind vollkommen normal.
Anstatt dich in Phasen geringer Energie zu zwingen, dein Training durchzuziehen, solltest du dein Workout mit deinem Zyklus in Einklang bringen. Wie du das am besten machst, erfährst du hier.
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Wie wird das Training durch den weiblichen Zyklus beeinträchtigt?
Die Periode ist für viele Frauen nach wie vor ein Hindernis beim Training. "Jedes vierte Mädchen weltweit hört in der Pubertät auf, Sport zu machen. Einer der Hauptgründe dafür ist ihr Zyklus", sagt die Sportwissenschaftlerin Dr. Georgie Bruinvels.
Zusätzlich geben zwei Drittel aller Frauen an, dass ihr Zyklus sich negativ auf ihre Leistungsfähigkeit im Sport auswirkt. Studien zeigen, dass sogar Leistungssportlerinnen durch die Periode in ihrer Performance beeinträchtigt werden. Andererseits kann Sport während der Periode sogar helfen, Symptome wie Rückenschmerzen, Krämpfe oder Müdigkeit zu verringern. Hier findest du die 3 besten Methoden gegen Schmerzen während der Periode.
Auch die Angst vor dem Auslaufen ist ein Grund, warum Frauen während der Periode auf Sport verzichten. Trotz Binden, Menstruationstassen und Tampon bist du vielleicht oft unsicher, ob die Feuchtigkeit beim Sport nur Schweiß ist oder schon Blut. Abgesehen davon, dass die Menstruation ein natürlicher Prozess ist und nichts, wofür du dich schämen solltest, kann es jeder mal passieren, auszulaufen. Unser Tipp: Schütz dich zusätzlich mit Periodenunterwäsche!
Für viele ist der weibliche Zyklus noch immer ein Tabu-Thema. "Dabei ist es besonders im Zusammenhang mit Sport wichtig zu verstehen, wie der weibliche Körper und die einzelnen Zyklusphasen funktionieren", betont Dr. Bruinvels.
Sport trotz Periode? Welches Training zu welcher Zyklusphase passt
Wie lassen sich die Erkenntnisse über den weiblichen Zyklus und ihre Auswirkungen auf dein Befinden in konkrete Trainingstipps umsetzen? Personal Trainer und Hormonexperte Daniel Knebel hat ein Trainingskonzept entwickelt, das speziell auf die hormonellen Schwankungen im Verlauf des Zyklus eingeht. Zudem nutzt es die physiologischen Auswirkungen der Hormonschwankungen, um die Trainingseffekte zu vergrößern. Unsere Kolleginnen von der Laufzeitschrift RUNNER'S WORLD bieten sogar spezielle, nach deinem Zyklus ausgerichtete Trainingspläne an.
"Wer die hormonelle Situation auch im Training berücksichtigt, kann gezielter trainieren und sieht auch schneller Erfolge", erklärt Knebel. Die einzige Voraussetzung ist ein natürlicher Zyklus, der nicht durch hormonelle Verhütungsmittel beeinflusst ist. Uns hat der Hormonexperte verraten, wie du das Auf und Ab der Hormone gezielt für dein Training nutzt.
Ernährungscoach Laura van de Vorst, Expertin für hormonoptimierte Ernährung, gibt zusätzlich Food-Tipps für jede Zyklusphase. Wir haben mithilfe unserer Expert:innen einen Monatsplan für dich erstellt, eingeteilt in die 4 Zyklusphasen.
Phase 1: Menstruationsphase
Der weibliche Zyklus beginnt mit der Periode. Der Körper hat die Produktion von Progesteron eingestellt und stößt nun die Gebärmutterschleimhaut ab, was die Blutung und oft auch Regelschmerzen auslöst. Viele Frauen fühlen sich während der Tage erschöpft und kraftlos und müssen sich beim Sport viel mehr anstrengen. Trotzdem ist die Periode kein Grund, das Training komplett sausen zu lassen.
Wie trainieren? Du solltest die Intensität während der Periode deutlich herunterfahren: "Hartes Krafttraining während der Menstruation kann deinen ganzen Hormonhaushalt durcheinander bringen. Und es kann deinem Körper schaden, weil der Östrogenspiegel so niedrig ist und schützendes Estradiol fehlt", warnt Coach Knebel. Estradiol gehört zu den wichtigsten weiblichen Östrogenen und spielt im weiteren Verlauf des Zyklus noch eine wichtige Rolle.
Auch auf Bauchtraining, Umkehrhaltungen wie den Kopfstand oder anstrengendes High Intensity Training solltest du während der Periode verzichten, da dies Menstruationsbeschwerden verschlimmern kann. Setze lieber auf lockeres Ausdauertraining, Yoga und Stretching.
Food-Tipp: "Während der Menstruation schreit dein Körper geradezu nach Mineralien. Grünkohl, Spinat oder Mangold liefern Eisen, Kalzium und Magnesium, das du durch die Blutung verlierst. Bananen heben die Stimmung, die Omega-3-Fettsäuren in Lachs oder Walnüssen können Regelschmerzen entgegenwirken und Avocado stillt den Heißhunger auf Süßes", so Ernährungscoach Laura van de Vorst, Mitgründerin von healthcoachFX.
Wer dann doch mal zur Schokolade greifen muss, sollte sich für die dunkle Bitterschokolade (mit über 80 Prozent Kakao) entscheiden. Denn der magnesiumreiche Kakao sorgt für einen Serotonin-Boost im Gehirn und hebt so die Stimmung, außerdem ist nicht so viel Industriezucker enthalten wie in Vollmilchschokolade.
Phase 2: Follikelphase
In der Follikelphase dreht sich in deinem Körper alles darum, den nächsten Eisprung vorzubereiten. Dazu produziert die Hirnanhangdrüse vermehrt das follikelstimulierende Hormon (FSH) und regt so die Follikel (Eibläschen) in den Eierstöcken dazu an, Östrogen zu produzieren. Mit dem Östrogen steigt auch der Estradiolspiegel an und sorgt für ein erhöhtes Energielevel: Du fühlst dich stark, selbstbewusst und kommunikativ.
Wie trainieren? "In der Estradiolphase kannst du mit voller Power trainieren. 3 bis 4 Krafttrainingseinheiten pro Woche sind ideal. Denn das Estradiol wirkt bei Frauen ähnlich wie Testosteron bei Männern und sorgt in dieser Phase dafür, dass die Muskulatur stärker auf Trainingsreize reagiert", sagt Knebel.
Studien haben gezeigt, dass der Trainingseffekt bei Frauen in dieser Phase besonders hoch ist. Deshalb zahlen sich intensive Trainingseinheiten beim Krafttraining, HIT oder Spinning jetzt besonders aus. Das Leistungshoch hält etwa 7 bis 10 Tage an und endet mit dem Eisprung. Das Tolle: "Wer diese energiereiche Phase optimal nutzt, kann es in der zweiten Zyklushälfte locker angehen", so der Experte.
Food-Tipp: "Gerade in dieser Phase hast du wenig Heißhunger und viel Energie, daher solltest du dich auf leichte, frische und entgiftende Gemüsesorten fokussieren. Ab der Follikelphase kannst du selbst auch deinen Östrogen-Stoffwechsel unterstützen, indem du Lebensmittel isst, die deiner Leber guttun – zum Beispiel Spargel, Artischocken, Brokkoli, Blumenkohl oder Rosenkohl", empfiehlt Ernährungs- und Health-Coach van de Vorst.
Phase 3: Ovulation
Die Konzentration von LH, FSH und Östrogen im Blut steigt immer weiter an, bis der Follikel platzt und die reife Eizelle aus dem Eierstock in den Eileiter gestoßen wird. Ab jetzt läuft der 24-Stunden-Countdown für die Befruchtung der Eizelle. "Kurz vor dem Eisprung sind die hormonellen Voraussetzungen für Trainingsfortschritte besonders gut, weil das Estradiol die höchste Konzentration erreicht, dann aber rasch abfällt", erläutert Knebel.
Wie trainieren? Nach Gefühl. Mit dem Eisprung stellt dein Körper die Estradiolproduktion ein und schwenkt auf Progesteron um. Die Folge: Das Energielevel sinkt. Hör in dieser Phase besonders genau auf deinen Körper und senke die Intensität deiner Trainingseinheiten, sobald du merkst, dass die Energie nachlässt und Müdigkeit und Heißhunger auftreten.
Food-Tipp: Unsere heutzutage oft kohlenhydrat- und zuckerreiche Ernährung kann sich negativ auf den Östrogenhaushalt auswirken und zu einer sogenannten Östrogendominanz führen. Das begünstigt letztendlich Übergewicht und lästige PMS-Symptome in der zweiten Zyklushälfte. "Eine Low Carb Ernährung mit vielen gesunden Fetten und Ballaststoffen hilft, den Blutzuckerspiegel auszugleichen und überschüssiges Östrogen zu vermeiden", rät van de Vorst.
"Artischocken, viel grünes Gemüse, Omega-3-reiche Fischarten (wie Lachs), Olivenöl, Kokosöl, Nüsse, Beeren, Leinsamen und Avocados sind besonders empfehlenswert. Wer zu einer Östrogendominanz neigt und Körperfett tendenziell auf den Hüften lagert, sollte außerdem Sojaprodukte meiden", so die Expertin. Auch Hormonexperte Knebel empfiehlt, in der zweiten Zyklushälfte weniger Kohlenhydrate und stattdessen mehr Proteine zu essen.
Phase 4: Lutealphase
Sofort nach dem Eisprung beginnt der Follikel, ein anderes Hormon zu produzieren: Progesteron. Es dient dazu, die Gebärmutterschleimhaut weiter aufzubauen und auf eine potenziell befruchtete Eizelle vorzubereiten. Der leere Follikel im Eierstock schrumpft und beginnt zusätzlich noch Östrogen zu erzeugen.
Die Folgen sind häufig PMS, ein Spannungsgefühl in den Brüsten, ein Blähbauch, Reizbarkeit und Erschöpfung. Dein Energielevel sinkt mit jedem Tag weiter ab und auch deine Reaktionsgeschwindigkeit, Koordination und Feinmotorik verschlechtern sich. Deshalb solltest du in dieser Zyklusphase die Trainingsintensität deutlich reduzieren.
Wie trainieren? Weniger bzw. leichter. "In der Lutealphase kann anstrengendes Krafttraining dem Körper sogar schaden, weil die schützende Wirkung des Estradiols auf die Bänder wegfällt und damit das Verletzungsrisiko steigt", erklärt Knebel. Durch die leicht erhöhte Körpertemperatur kann dir auch das Ausdauertraining schwerer fallen als sonst. "Zwei Trainingseinheiten mit niedrigen Gewichten und nicht zu vielen Wiederholungen und lockeres Ausdauertraining sind jetzt ideal."
Stimmungsschwankungen sind aber auch jetzt kein Grund, ganz auf Sport zu verzichten. Denn Bewegung hilft, dem prämenstruellen Syndrom vorzubeugen und vertreibt miese Laune. So sorgt Sport für Glücksgefühle.
Food-Tipp: In der Lutealphase hast du einen erhöhten Energieverbrauch. "Komplexe Kohlenhydrate, wie geröstete Süßkartoffeln, Kürbis, Pastinaken und Karotten machen satt, ohne den Blutzuckerspiegel aus seinem Gleichgewicht zu bringen und heben zusätzlich den Botenstoff Serotonin, der die Stimmung stabilisiert. Eine Unterstützung der Progesteron-Produktion mit B-, C- und E-Vitaminen, Cholesterin und L-Arginine hilft außerdem, PMS zu lindern", erklärt Laura van de Vorst.
"Eier, Avocados, Sonnenblumenkerne, Zitronen, Kiwis, Erdbeeren, Broccoli, Jamswurzeln, Kürbiskerne, Kichererbsen, Walnüsse und Lachs geben dir den nötigen Vitamin-Kick", empfiehlt die Expertin. "Verzichte lieber auf Zucker, Alkohol und Koffein – die machen PMS nur noch schlimmer."
Tabelle
Wie erkenne ich meine Zyklusphase?
Studien zufolge wissen etwa 50 Prozent der Frauen nicht, wann ihr Zyklus beginnt und endet. Das ist oft auch gar nicht notwendig, denn die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel macht die Verfolgung des eigenen Zyklus bei vielen Frauen überflüssig. Durch die konstante Einnahme synthetischen Östrogens wird der natürliche Zyklus lahmgelegt und die Schwankungen im Hormonhaushalt fallen weg.
Wer nicht mit der Pille verhütet, erkennt zumindest die erste Zyklusphase noch relativ leicht: Der weibliche Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Monatsblutung, danach folgt die Follikelphase. Aber woher weißt du, wann genau dein Eisprung stattfindet und die Lutealphase beginnt?
In der Regel findet der Eisprung zwar etwa in der Mitte des Zyklus statt. Allerdings ist der weibliche Zyklus sehr individuell, kann auch mal schwanken und dauert nicht bei allen Frauen immer genau 28 Tage. Daher kannst du nicht davon ausgehen, dass die Ovulation immer am 14. Tag stattfindet.
Welche Hilfsmittel gibt es, um die Zyklusphase zu bestimmen?
Technische Tools wie Basalthermometer können dabei helfen, den eigenen Menstruationszyklus besser zu beobachten und die einzelnen Phasen zu unterscheiden. Noch bequemer ist es mithilfe einer Smartwatch mit eigenem Menstruationstracking.
Wie eine Menstruations-App funktioniert? Nach dem Eisprung steigt deine Körpertemperatur innerhalb von 48 Stunden um 0,2 bis 0,5 Grad an und bleibt bis zum Beginn der nächsten Periode erhöht. Der selbstlernende Algorithmus der App berechnet anhand von Aufwachtemperatur, Körpersignalen wie Periode, Ausfluss, PMS, Stimmung und Störfaktoren wie Alkoholeinfluss oder schlechtem Schlaf den Tag des Eisprungs, die fruchtbare Phase und die nächste Periode. So hilft dir die App, deine aktuelle Zyklusphase zu bestimmen und liefert mit einem integrierten Health Coach passende Trainings-, Ernährungs- und Beauty-Tipps, mit denen du deinen Zyklus hackst.
Fazit: So holst du das Beste aus deinem Körper in jeder Zyklusphase
Auch wenn es nicht immer danach aussieht, kann Sport, besonders während der Menstruation, helfen, Schmerzen zu lindern und die Laune zu verbessern. Wenn du deine hormonelle Lage berücksichtigst und dein Training sowie deine Ernährung darauf abstimmst, kannst du auch in den anderen drei Zyklusphasen das Beste aus deinem Körper herausholen – selbst bei schwankender Leistungsfähigkeit und Stimmung.
Infobox
Erwähnte Quellen:
Carmichael MA, Thomson RL, Moran LJ, Wycherley TP. The Impact of Menstrual Cycle Phase on Athletes' Performance: A Narrative Review. Int J Environ Res Public Health. 2021 Feb 9;18(4):1667. doi: 10.3390/ijerph18041667, zuletzt abgerufen am 05.05.2025
Sung E, Han A, Hinrichs T, Vorgerd M, Manchado C, Platen P. Effects of follicular versus luteal phase-based strength training in young women. Springerplus. 2014 Nov 11;3:668. doi: 10.1186/2193-1801-3-668, zuletzt abgerufen am 05.05.2025
Ayoola AB, Zandee GL, Adams YJ. Women's Knowledge of Ovulation, the Menstrual Cycle, and Its Associated Reproductive Changes. Birth. 2016 Sep;43(3):255-62. doi: 10.1111/birt.12237, zuletzt abgerufen am 05.05.2025
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