Tantramassage: Was da wirklich passiert

Tantramassage
Sinnliche Massage oder Sex – was passiert genau beim Tantra?

Veröffentlicht am 11.04.2024
Sinnliche Massage oder Sex – was passiert genau beim Tantra?
Foto: Liderina / Shutterstock.com

Es klingt ein bisschen nach Tarantel und ein wenig wie die Abkürzung für Tante Ramona, aber eigentlich ist Tantra doch irgendwas mit Esoterik-Sex, oder? Falls dir solche oder ähnliche Gedanken durch den Kopf gehen, wenn du „Tantra“ hörst, dann bist du hier genau an der richtigen Stelle. Denn in diesem Beitrag räumen wir mit sämtlichen Missverständnissen auf. Es gibt im Bereich Massage wohl kaum einen anderen Begriff, der so oft missverstanden wird wie Tantra – die spirituelle Philosophie bietet weit mehr, als die meisten annehmen.

Einfach ausgedrückt ist die Tantra-Massage eine erfreuliche Methode aus Indien, die es dir ermöglicht, Körper und Geist intensiver zu erleben und deine Sexualität auf eine völlig neue Art zu erfahren, indem du Sinnlichkeit und Spiritualität miteinander verknüpfst. Wie das genau geht, welche Techniken und Rituale dazu gehören und auf welche Weise Tantra das Verlangen steigern kann, verraten wir dir in diesem Artikel.

Was ist eine Tantramassage?

Der Oberbegriff Tantra fasst verschiedene Ausrichtungen innerhalb der indischen Religion und Philosophie unter einem Begriff zusammen. Mit den tantrischen Lehren befassen sich sogar Studien.

Trotz weit verbreiteter Annahmen ist die Tantra-Massage keineswegs eine Art exzessive Sex-Orgie, bei der Unmengen an Öl zum Einsatz kommen. Vielmehr handelt es sich um ein würdevolles Massagezeremoniell, bei dem der gesamte Körper auf eine ausgewogene und naturbelassene Art und Weise berührt und massiert wird – und das schließt auch die intimen Bereiche mit ein.

Führt eine solche Massage automatisch zum Sex mit dem Masseur oder der Masseurin? Nein, das ist nicht selbstverständlich der Fall. Es sei denn, es besteht ein gegenseitiges Einverständnis, beispielsweise wenn die massierende Person dein Partner oder deine Partnerin ist. In solch einem Fall steht es euch frei, das zu tun, was euch beiden gefällt.

Was brauche ich für eine Tantra-Massage mit meinem Partner?

Einer britischen Studie zufolge ist eine Partner-Massage förderlich für das Wohlbefinden und die mentale Gesundheit. Worauf also warten? Damit die Tantra-Massage für dich und deinen Partner zu einer tollen Erfahrung wird, ist es enorm wichtig, dass ihr euch beide wohlfühlt und ihr euch fallen lassen könnt. Das geht natürlich mit einer angenehmen und sinnlichen Atmosphäre. Daher solltest du vorher ein paar Dinge besorgen:

Kommt man bei der Tantramassage zum Orgasmus?

Ein Orgasmus ist bei der intimen Massage nicht unbedingt das Ziel. Falls es dazu kommt – großartig. Falls nicht, ist das auch kein Grund zur Sorge, denn das ist völlig in Ordnung. Der Fokus liegt hier eher auf der spirituellen Erfahrung und der Erweiterung des Bewusstseins.

Diese Ebene kannst du allerdings den Expert*innen zufolge nur erreichen, wenn du deine "sexuellen Energien" zum Fließen bringst. Ja, so nennt sich das beim Tantra. Das Credo lautet: Beim Orgasmus entfaltet sich sexuelle Energie und die lässt sich viel effektiver nutzen als sie im Zuge eines Höhepunktes einfach zu "entladen".

Das Ziel lautet: Lerne deine sexuelle Energie bewusst wahrzunehmen und entdecke so eine völlig neue Seite deiner Sexualität. Sexualtherapeutin und Tantra-Ausbilderin Michaela Riedl weiß: "Nichts vermittelt Hingabe so gut wie die tantrische Berührungskunst."

Worum geht es bei einer Tantramassage?

Hauptsächlich wie gesagt um sexuelle Energie, die der Tantra-Lehre zufolge beim Sex ebenso fließt wie die Hormone und die Lust so befeuert, dass sie dich in höhere Dimensionen bringt – bis zur Ekstase. Dafür musst du allerdings lernen, diese Energie umzuleiten und die 7 Hauptchakren zum Fließen bringen. Chakren sind der Lehre nach die sogenannten "Energiezentren" des Körpers. Sie befinden sich in Bereichen entlang der Wirbelsäule und regulieren den "Energiefluss" im Körper. Durch die Tantramassage und spezielle Atemübungen bringst du sie zum Fließen. Et voilá: Ekstase.

"Vielen Menschen geht es darum, ein positives Körpergefühl zu erleben", sagt Riedl. Aber auch Emotionen, die tief in dir schlummern, können während einer Tantramassage hochkommen. Weinen ist deshalb keine seltene Reaktion. Natürlich nicht, weil die Massage körperliche Schmerzen verursacht, sondern weil sich plötzlich unbewusste oder unterdrückte Gefühle lösen. Die meisten Frauen erleben die Massage allerdings als eine beruhigende, sinnliche Erfahrung und können sich richtig fallen lassen.

Ekstase, was ist das eigentlich?

Absolute Ekstase bedeutet, die Kontrolle zu verlieren und eine Freude zu erleben, die über das alltägliche Bewusstsein hinausgeht. Es ist ein Moment, in dem du dich völlig hingibst und dich fallen lässt. Du erlebst, wie das Verlangen deinen ganzen Körper erfüllt und in Wellen, die immer stärker werden, durch dich fließt. Dein Geist ist völlig ungestört, du fühlst dich gelöst von alltäglichen Sorgen, Druck und den Erwartungen anderer.

In diesem rauschenden Glücksmoment nimmst du nur dich und deinen Körper wahr, was meist mit einem explosiven Orgasmus endet, der deinen gesamten Körper von Kopf bis Fuß zum Beben bringt. Einige Frauen fangen während des intensiven Lustempfindens sogar an zu zittern.

Wie läuft eine Tantramassage genau ab?

Wer bereits Erfahrungen mit Massagen gesammelt hat, wird von der Tiefe und Dauer einer Tantra-Massage überrascht sein. Es gibt bei den Profis zunächst ein Vorgespräch mit dem Masseur oder der Masseurin. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Massage von einem Mann oder einer Frau durchgeführt wird. In diesem Gespräch werden etwaige körperliche, psychische oder sexuelle Beschwerden thematisiert. Du hast zudem die Möglichkeit, bestimmte Techniken im Voraus auszuschließen. Dieses Gespräch dient auch dazu, Vertrauen und eine persönliche Verbindung zu schaffen, bevor die eigentliche Massage startet.

Um dich während der Massage völlig öffnen und loslassen zu können, ist es wichtig, dass du dich im Raum wohl und geborgen fühlst. Schamgefühle oder Misstrauen sollten hier keinen Platz haben. Sobald du entspannt bist, beginnt die Massage mit warmem Öl, die von Kopf bis Fuß durchgeführt wird. Meistens startet sie mit einer Ganzkörpermassage, und der Intimbereich wird erst gegen Ende berührt. Dabei geht es nicht um sexuelle Interaktion.

Die gesamte Sitzung, einschließlich Vor- und Nachgespräch, in dem die Erfahrungen der Massage reflektiert werden, dauert zwischen 2 und 4 Stunden. Es ist also wichtig, genügend Zeit einzuplanen, da Eile bei einer Tantra-Massage kein Thema sein sollte.

Wie teuer ist eine professionelle Tantramassage?

Du möchtest das Ganze gleich mit Profis erleben? Das ist verständlich, aber nicht ganz billig. Die Preise für eine Tantramassage variieren je nach Anbieter und Dauer und liegen zwischen 250 und 1000 Euro. Dafür wirst du aber bis zu 4 Stunden lang überall massiert. Was dabei allerdings zu beachten ist: Tantra-Massagen in entsprechenden Studios fallen nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts unter die so genannten sexuellen Dienstleistungen nach dem Prostituiertenschutzgesetz. Das ist nichts Schlimmes, aber gut zu wissen.

Eines ist klar: Wenn du nicht unbedingt auf einer professionellen Massage bestehst und/oder dich ungern von einer fremden Person im Intimbereich massieren lassen möchtest, ist eine Tantramassage vom eigenen Partner die deutlich günstigere Variante. Bevor er allerdings einfach drauflos massiert, solltet ihr euch vorab durch entsprechende Lektüre, Seminare oder Workshops informieren. Weitere Variante: Du suchst dir einen Tantra-Masseur als Partner. Aber das ist nun wirklich deine Sache.

Wie werden bei der Tantra-Massage die Geschlechtsteile massiert?

Du möchtest wirklich das komplette Programm? Gut. Bei der Intimmassage gibt es zwei Varianten, die für das weibliche Geschlecht (Yoni), und die fürs männliche (Lingam).

Die Yoni-Massage

Yoni ist der begriff für das weibliche Geschlechtsteil und wie der Name schon verrät, schenkt der Masseur während der Yoni-Massage dem weiblichen Intimbereich besondere Aufmerksamkeit. Der Fokus liegt hier ganz klar auf der Vagina. Massiert werden die inneren und äußeren Schamlippen, der Venushügel, der Anus, sowie Klitoris und der G-Punkt. Neben der angenehmen Stimulation, eignet sich die Yoni-Massage um Verspannungen und Druck zu lösen – denn genauso wie du einen verspannten Rücken haben kannst, können sich auch Blockaden in deinem Intimbereich bilden.

Bevor du dich auf diese intime Begegnung einlässt, kannst du dich mit entsprechender Literatur über die Yoni-Massage informieren. Das Buch Yoni-Massage von Michaela Riedl zeigt Frauen einen neuen Zugang zu ihrer Weiblichkeit, zu größerer Lebendigkeit und Lust. Auch für Männer ist das Buch geeignet und eine Möglichkeit, mehr über den Körper der Frau zu erfahren.

Die Lingam-Massage

Nicht nur Frauen profitieren von der sinnlichen Massage – auch Männer kommen durch geübte Tantra-Handgriffe auf ihre Kosten. Die männliche Version einer Tantra-Massage dreht sich ums Lingam, also den männlichen Geschlechtsbereich. Während der Lingam-Massage werden abwechselnd Penis, Hoden, Anus und Prostata massiert, was den Mann in einen körperlichen Rauschzustand versetzen soll.

Auch Männer sollen multiple Orgasmen bekommen können, wenn sie ihre sexuelle Energie über die Chakren steuern. Das zahlt sich auch in anderen Bereichen aus: Hat er den Dreh einmal raus, kann er stundenlang Sex haben, ohne dabei zu kommen.

Brauche ich vor einer Tantramassage einen Tantra-Workshop?

Laut Riedl ist es nicht notwendig, vor einer professionellen Tantramassage einen Workshop zu besuchen. Der Tantramasseur führt die Massage durch, für dich gibt es nichts zu tun, außer zu sagen, wenn sich etwas nicht gut anfühlt. Trotzdem macht es Sinn ungefähr zu wissen, was auf dich zukommt.

Diese Tantra-Basics solltest du vor deiner ersten Massage kennen:

  1. Der ganze Körper wird berührt und massiert – auch der Intimbereich.
  2. Du und der Masseur sind bei der Massage beide vollkommen nackt.
  3. Ja, du darfst den Masseur berühren.
  4. Nein, Sex mit dem Masseur ist ausgeschlossen (wenn er nicht dein Partner ist).
  5. Der Masseur bestimmt den Ablauf der Behandlung, du kannst aber einzelne Anwendungen vorab ausschließen.

Kann eine Tantramassage den Sex verbessern?

Und wie! Insbesondere für Frauen kann Tantra eine Reihe positiver Veränderungen mit sich bringen. Viele Frauen erfahren während einer Tantra-Massage zum ersten Mal, dass ihr eigenes Wohlbefinden im Mittelpunkt steht, statt sich lediglich als Mittel zur Befriedigung männlicher Bedürfnisse zu sehen. Sexualität wird hierbei als etwas erlebt, das über die bloße Rolle als Bindemittel einer Beziehung hinausgeht.

"Sie erfahren, oft unter Tränen, eine umfassende Wertschätzung ihres Körpers und ihrer Weiblichkeit, unabhängig von ihrem äußeren Erscheinungsbild", sagt Michaela Riedl. Einige Frauen erleben dabei zum ersten Mal vaginale Orgasmen oder Ganzkörperorgasmen und manche erfahren sogar weibliche Ejakulation.

Was ist Tantra-Yoga?

Falls du denkst, dass es beim Tantra-Yoga darum geht, sämtliche Positionen des Kamasutra zu praktizieren, müssen wir dich leider enttäuschen. Zwar fördert jede Yoga-Praxis deine Beweglichkeit, aber Tantra Yoga, speziell Kundalini Yoga, steht in weniger direktem Zusammenhang mit Sex. Vielmehr geht es um die sexuelle Energie, die in jeder Frau verborgen liegt und geweckt werden möchte.

Mittels Pranayamas, also Atemübungen, die du während einer Yoga-Sitzung ausführst, werden deine Chakren geöffnet und deine Energiezentren harmonisiert. Tantra Yoga führt durch dieses erhöhte Selbstbewusstsein nicht nur zu gesteigerter Selbstliebe, sondern hilft auch dabei, tief sitzende Ängste zu überwinden. Wenn du tiefer eintauchen willst: Welche Yoga-Art passt zu mir?

Tantra kann eine Quelle der Lust und der Entspannung sein. Wer sich den Praktiken hingibt, kann die eigene Sexualität völlig neu kennenlernen. Die Chance auf einen ekstatischen Orgasmus willst du dir doch nicht entgehen lassen, oder?