- Warum fällt uns das Nein sagen so schwer?
- Was kann mir dabei helfen, nein zu sagen?
- Wie kann ich lernen, öfter "Nein" zu sagen?
"Kannst du mal kurz....?" meine typische Antwort auf Sätze, die so beginnen, war immer: "Klar, natürlich." Im vorauseilenden Gehorsam bot ich jedem Unterstützung an. Manche würden das hilfsbereit nennen. Andere nennen es People-Pleasing: Es immer allen recht machen wollen. Dass viele Menschen so ticken, ist in Studien belegt. Das Problem ist: Dabei bleibst du langfristig selbst auf der Strecke. Und: Andere gewöhnen sich daran, dass du ihre Problem-Löserin bist, nach dem Motto "Die wird das schon regeln."
Die einzige Methode, die effektiv gegen diese höfliche Form der Selbstausbeutung hilft, ist auch die einfachste: Just say no. Du musst lernen, auch mal "nein" zu sagen. Sogar wissenschaftlich bestätigt, in einer Studie heißt es: "Nein zu sagen ist ein Instrument der Integrität und ein Schutzschild gegen Ausbeutung." So einfach wie der reine Sprechakt ist es aber dann doch nicht, vielen kommt ein "Nein" immer noch schwer über die Lippen. Warum das so ist, und was dabei hilft, liest du hier.
Warum fällt uns das Nein sagen so schwer?
Klar, es hat diesen unangenehmen Beigeschmack: Leicht aggressiv, etwas egoistisch, offensichtlich ablehnend, überhaupt einfach sehr negativ. Die meisten von uns wollen so nicht wahrgenommen werden. Oder haben ein sehr schlechtes Gewissen, wenn sie andere "hängen lassen". Manche fühlen sich sogar weniger gemocht, wenn sie anderen einen Gefallen abschlagen, gehen deshalb den Weg des (scheinbar) geringeren Übels und willigen ein.
Wenn wir uns doch mal zu einem Nein durchringen können, dann oft auf sehr ineffiziente Weise, nämlich indem wir uns eine Ausrede einfallen lassen. Wir sagen dann so etwas wie "Ich würde dir wirklich gern helfen, aber ich habe schon so viel zu tun." Das Problem ist: Das ist kein Nein, sondern ein halbes Ja. Damit ist die Tür schon halb offen und mit einem "Und wie sieht es nächste Woche aus?" steht der Fragende schon mit einem Fuß in deinem Terminkalender.
Was kann mir dabei helfen, nein zu sagen?
Um dir den Einstieg ins "No!"-Business zu erleichtern, gibt es ein paar nette Tools, die die Sache etwas auflockern:
- Ein witziger NO!-Buzzer-Button stößt auf Knopfdruck das Wort "No!" in verschiedensten Stimmlagen und Betonungen aus. Bei lästigen Anfragen einmal da draufhauen – und alle haben was zu lachen, aber die Grundaussage ist schonmal klar gesetzt. Den Spruch gibt es natürlich auch als T-Shirt.
- Eine andere Art, dieselbe Aussage zu treffen, ist dieser NEIN!-Ansteck-Button (Ganzer Text: "Bevor du fragst: NEIN!"). Den trägst du sichtbar an deinem Oberteil oder auf der Jacke und musst bei Bedarf nur darauf zeigen, um den Fragern deine Botschaft zu übermitteln.
- Mit dem Spruch "Einfach nein!" auf einem schönen Kaffeebecher kannst du beim Überbringen der Nachricht sogar an deinem Heißgetränk nippen und deinem Gegenüber tief in die Augen sehen.
Wie kann ich lernen, öfter "Nein" zu sagen?
Es ist eine Frage des Trainings – und des Mutes, es einfach zu tun. Es hilft allerdings nicht, ständig wahllos und nach Lust und Laune allen ein "Nein" entgegen zu schleudern (auch wenn das manchmal sehr befreiend sein kann). Damit machst du dich vor allem unbeliebt und stößt womöglich die falschen Leute vor den Kopf. Du brauchst eine Art Nein-Plan, eine Strategie.
Als ehemalige Ja-Sagerin kann ich bestätigen – diese 5 Tipps helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen:
1. Erlaube dir selbst nein zu sagen
Oft sind es gar nicht die anderen, die dich nach einem klaren Nein für egoistisch und wenig hilfsbereit halten, sondern du selbst bist es. Die innere Perfektionistin bestraft dich schon im Voraus für den Gedanken, jemandem einen Gefallen auszuschlagen. Das ist ungesund und macht auf Dauer unglücklich. Zu diesen Dingen solltest du ohne schlechtes Gewissen "nein" sagen können:
- Arbeit, für die du nicht bezahlt wirst
- Aktivitäten, auf die du keine Lust hast
- Menschen, die dich (immer wieder?) ausnutzen
- Situationen, die dir unangenehm sind
- alles, was sich negativ auf deine Gesundheit und dein Wohlbefinden auswirkt
2. Siehe das Nein als Selbstfürsorge
Wahrscheinlich siehst du es selten aus dieser Perspektive, aber im Grunde ist im richtigen Moment "Nein" zu sagen ein Zeichen dafür, dass du dich selbst und deine Bedürfnisse im Blick behältst. Das ist alles andere als egoistisch. Indem du gut auf dich achtest, ermöglichst du überhaupt erst, dass du in entscheidenden Momenten auch für andere da sein kannst. Statt dir immer mehr aufzuhalsen und dann alles nur halbherzig zu machen, erkenne deine eigenen Grenzen und kommuniziere sie auch. Hier verraten wir dir, wie du Lebenskrisen besser meisterst.
3. Installiere einen Ja-Filter
Nein sagen ist gar nicht so einfach. Deinem Kopf fallen sofort hunderte Ausreden ein wie "Aber was, wenn..?" oder "Eigentlich sollte ich…". Wenn es dir wirklich so schwerfällt, klare Prioritäten zu setzen, sag nicht sofort Ja, sondern bitte um Bedenkzeit. Macht es dir Spaß? Tut es dir gut? Bricht ohne deine Hilfe wirklich die Welt oder jemandes Leben komplett zusammen? Oder auch: Hilft es dir, deine eigenen Ziele zu erreichen? Wenn die Antwort kein "Ja, unbedingt!" ist, ist es ein Nein.
4. Beginne, das Nein sagen zu üben
Es klingt seltsam, aber Übung macht auch hier die Meisterin. Probiere unterschiedliche Formulierungen aus. Du musst niemandem das knallharte "Nein!" entgegenpfeffern, wenn dir das zu hart erscheint. Nein zu sagen heißt nicht, dass du unfreundlich werden muss. Alternative Formulierungen sind zum Beispiel:
- Danke für das Angebot, aber ich passe.
- Nein, danke.
- Heute nicht.
- Ich verzichte.
- Für mich nicht.
- Ich kann nicht.
- Ich steh nicht so auf …, aber danke, dass du fragst.
- Lieber nicht, danke.
Wenn du dich gleichzeitig bedankst, klingt es gleich viel netter. Aber Vorsicht: Nicht entschuldigen! Denn damit machst du dich und deine Prioritäten klein.
5. Bleibe dabei
Wenn du dich für ein Nein entschieden hast, solltest du deine Antwort nicht kurz darauf wieder ändern. Denke daran: Wahre Freunde schätzen deine Ehrlichkeit und akzeptieren deine Entscheidungen. Eine Beziehung, die voraussetzt, dass jemand immer zu allem Ja sagt, ist einseitig.
Wenn dich jemand nach einem klaren Nein weiter unter Druck setzt, sollte dir das etwas sagen. Fühl dich nicht gezwungen nachzugeben, wenn jemand deine Entscheidungen nicht respektieren kann.
Sag Ja zum Nein. Mit diesen Tipps kannst du dich Schritt für Schritt ans Nein sagen herantasten und wahrscheinlich schnell feststellen, dass die Menschen es dir gar nicht so übelnehmen wie du befürchtest.