Offene Beziehungen: Macht Polyamorie glücklich?

Offene Beziehung
Können Polyamorie und Co. wirklich glücklich machen?

Veröffentlicht am 22.08.2024
Offene Beziehung
Foto: Shutterstock.com/Alena Lom

Polyamorie – das bedeutet so viel wie "Liebe zu vielen". Ist das die neue Definition von freier Liebe, also eine Art bedingte Treue? Tatsächlich ist diese Idee gar nicht so neu. Bereits nach der sexuellen Revolution in den 1970er-Jahren erlebte sie unter dem Begriff "offene Beziehung" ihre Hochphase, was heute jedoch eher wie "Sex ohne Grenzen" klingt.

Auf einige wirkt das vermutlich eher beliebig statt liebevoll. Und wir alle kennen die Enttäuschung dieses Beziehungsmodells aus Erzählungen, Filmen oder People-Magazinen: Irgendwer war am Ende immer unglücklich und verletzt. Doch muss es immer so enden? Oder kann die "quasi monogame Beziehung" für manche Paare die Lösung sein und langfristig glücklich machen? Wir gehen dem mal nach.

Wie klappt sexuelle Freiheit ohne Tränen und Eifersucht?

Bei "quasi monogamen" Beziehungen ist das Fundament die emotionale Treue, auf der ein Paar sexuelle Offenheit aushandelt. Die Beziehung ist also der sichere Hafen, von dem man gelegentlich ausläuft für kleine Abenteuer auf stürmischer See. Studien legen nahe, dass solche Beziehungen durchaus glücklich sein können, sogar wenn das Paar Kinder hat.

"Die Liebe basiert auf Ehrlichkeit zueinander, nicht auf Exklusivität", erklärt Sexkolumnist Dan Savage aus Seattle, der dem Beziehungsmodell den Namen gab: "monogamish", was man mit "quasi monogam" oder "ziemlich treu" übersetzen kann, also eine ziemlich offene Beziehung. Ein Widerspruch in sich? Mal sehen.

So können auch Sex Toys eine Beziehung bereichern

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Macht eine offene Beziehung glücklich?

Esther, 32 Jahre, fiel aus allen Wolken, als Leo, mit dem sie seit 5 Jahren glücklich war, die Sprache darauf brachte. "Ich fand den Vorschlag, unsere Beziehung zu öffnen, zuerst bizarr", erzählt die Marketing-Fachfrau aus Düsseldorf. Klar, sie hatten über einen Dreier fantasiert. Aber das war doch etwas völlig anderes! Leo fühlte sich unverstanden: "Ich habe mich einfach nur getraut, eine Fantasie auszusprechen. Danach fragst du doch immer", muffelte er. Und außerdem ginge es ja um beiderseitige Freiheit.

Dein Liebster geht Konflikten immer aus dem Weg oder kann (oder will) keine wichtigen Entscheidungen treffen? Das könnten erste Anzeichen dafür sein, dass er nicht der Mann zum Heiraten ist. Diese Verhaltensweisen deuten außerdem darauf hin:

Esther und Leo ließen das Thema fallen. Bis Esther einige Wochen später merkte, dass ihr Leos Vorstoß nicht mehr aus dem Kopf ging. Nicht, weil sie sich noch ärgerte. Sondern, weil es verlockend klang. Ja, sie war glücklich mit ihm. Aber sie hatte sich auch schon gefragt: Ist er wirklich der einzige Mann, mit dem ich in meinem Leben noch Sex haben werde? Dieser Gedanke hatte sie befremdet. Und so begannen die beiden, vorsichtig zu diskutieren, was überhaupt und wie das gehen könnte mit der sexuellen Freiheit – und landeten anschließend immer erregt zusammen im Bett.

Ist offene Monogamie das ideale Modell für die Liebe von heute?

Immerhin bringt sie zwei gegenläufige Strömungen zusammen: Einerseits werden Werte wie Treue und Vertrauen wieder hoch gehandelt. In einer Umfrage der Dating-Website Parship erklärten 88 Prozent der Befragten, Treue sei ihnen besonders wichtig.

Andererseits diskutieren Evolutionsforscher:innen und erstellen Studien darüber, ob der Mensch überhaupt für die Monogamie gemacht ist, weil unsere Vorfahren wohl nicht nur Höhle und Mammut, sondern auch die Partner:innen teilten. Selbst bei den Primaten und Säugetieren sind nur 3 bis 5 Prozent der Arten treu, nur bei Vögeln ist Studien zufolge die Monogamie recht häufig.

Aber ansonsten wirkt die Steinzeit-DNA überall, Beleg bei den Menschen: Es wird fremdgegangen, und zwar in jeder zweiten Ehe. "Das heutige Treuemodell 'Alles mit einem für immer' gibt es noch gar nicht so lange", kommentiert Psychologe Holger Lendt aus Hamburg.

Warum ist Liebe für uns immer Paar-Liebe?

Die Idee der romantischen Liebe kam erst in den letzten Jahrhunderten auf. "Das pflanzt völlig überzogene Erwartungen an die Partnerschaft in uns ein", so Lendt. Jenseits von Biologie und Moral lässt das 21. Jahrhundert die Treue ziemlich alt aussehen: "Ökonomie, Technologie und Demografie haben unser Sozialleben umgekrempelt", sagt US-Historikerin Pamela Haag, die sich mit der flexiblen Monogamie beschäftigt.

Konkret: Frauen haben die finanzielle Freiheit, um über ihre Beziehungen zu bestimmen. Das Internet verbindet Menschen mit gleichen emotionalen und erotischen Wünschen im Nu. Zudem leben wir heute deutlich länger und haben dabei noch viel mehr Möglichkeiten bei der Partnersuche.

Holger Lendt und die Paarberaterin Lisa Fischbach plädieren in ihrem Buch "Treue ist auch keine Lösung" (Piper Verlag, um 10 Euro) für mehr Freiheit in der Liebe und stellen die Zweierbeziehung als einzig erstrebenswerte Form des Zusammenlebens generell infrage. Ihre Argumentation: "Liebe und das Besitzen eines anderen schließen einander aus", so Lendt.

Wie einst Popstar Sting beschwor: "If You Love Somebody, Set Them Free." Sprich, wer liebt, muss seinem/seiner Partner:in Freiheit schenken – womöglich auch die, intime Erfahrungen ohne ihn/sie zu machen. (Nicht so dein Ding? So gehst du am besten mit Eifersucht um.)

Monogamie, Polyamorie: Was für Formen der Liebe gibt es eigentlich?

Die Auswahl unter den Beziehungsformen wird tatsächlich eher größer als kleiner, aber letztlich unterscheiden sie sich vor allem darin, wie viel Toleranz dem Partner oder der Partnerin gegenüber gelebt wird. Das hier sind die gängigsten Varianten:

Monogamie
Treue zu zweit – bis dass der Tod euch scheidet. Bedeutet im Ursprung: Ehe mit einem/einer Partner:in oder exklusive Beziehungen.

Polygamie
Steht eigentlich für Vielehe – also mehrere, auch sexuelle Beziehungen parallel. In der Eheform rechtlich nicht erlaubt und als sexuelle Lebensform verpönt.

Polyamorie
Stellt das Konzept der Treue ganz infrage. Die Partner erlauben sich im vollen Wissen und Einverständnis Liebesbeziehungen zu anderen.

Verhandelte Monogamie
Als neuer Trend: Setzt die emotionale Treue zu einem/einer Partner:in voraus, die Paare öffnen die Beziehung aber in sexueller Hinsicht und verhandeln miteinander, was sie sich gegenseitig erlauben.

Wie klappt eine offene Beziehung in der Praxis?

Das hängt von euch beiden ab! Die Regeln sind frei verhandelbar: Manche Paare erlauben sich One-Night-Stands, andere noch etwas mehr, manche vereinbaren Stillschweigen, andere totale Ehrlichkeit.

Aber was ist besser daran, mit Ansage statt heimlich in ein fremdes Bett zu steigen? "Die Öffnung zu vereinbaren, ist in jedem Fall besser", rät Holger Lendt. "Denn den Betrogenen schmerzt der Verlust an Vertrauen am stärksten – und nicht die Tatsache, dass der Partner Sex mit anderen hatte."

Was tun, wenn es mir zu sehr wehtut?

Dann muss neu verhandelt werden, sprich: offen darüber reden und die Vereinbarungen anpassen. Esther und Leo fanden für sich folgenden Kompromiss. Erste Regel: nicht mit irgendjemand schlafen, sondern nur mit jemand Besonderem.

Zweite Regel: nur Sex, nicht "Liebe machen", also nichts Romantisches – um die Gefahr für die Beziehung zu minimieren. Die Bilanz nach einem knappen Jahr: Leo ging während einer Geschäftsreise fremd, Esther hatte eine Miniaffäre vor Ort.

Wie viele Menschen leben eine offene Beziehung?

Schwer zu sagen. In unserer Online-Umfrage gaben 7 Prozent der 832 Teilnehmerinnen an, sie würden bereits in einer offenen Beziehung leben. Das ist rein statistisch also jedes 14. Paar. Das heißt aber nichts. Die wenigsten tragen solch ein persönliches Arrangement vor sich her. Dazu gilt Fremdsex für viele als moralisch immer noch zu zweifelhaft – vor allem, wenn ihn eine Frau genießt.

Dabei wünscht sich fast ein Drittel der befragten Frauen, Sex mit einem anderen zu haben. An fehlender Lust kann es also nicht liegen. "Vor 70 Jahren waren Sex vor der Ehe und die gemischte Ehe auch noch geächtet", erklärt Historikerin Haag. Heutzutage regt sich kaum einer darüber auf.

In einer Umfrage von Haag unter 1879 Befragten beider Geschlechter sagten 41 Prozent, dass nichtmonogame Liebe funktionieren kann, wenn sich das Paar darüber verständigt hat. Haag prophezeit deshalb nicht gleich, dass die Beziehungsform bald überwiegen wird, nur dass der Trend langfristig zunimmt.

Für wen eignet sich eine offene Beziehung mit sexuellen Freiheiten?

Nicht alle sind für die neue Freiheit geschaffen: "Die Öffnung der Beziehung ist nur für solche Menschen ratsam, die den Partner auch wirklich freigeben können", sagt Psychologe Lendt.

Zwangsläufig brauchen beide Partner:innen eine hohe Kommunikationsfähigkeit und sehr viel Vertrauen ineinander. "Die Sache ist dann zum Scheitern verurteilt, wenn man mit der Öffnung eine angeschlagene Beziehung kitten oder etwas kompensieren möchte, was in der Liebe fehlt", erklärt der Psychologe.

Ein weiterer häufiger Fehler ist, es nur dem/der Partner:in zuliebe zu tun. Das funktioniert nie. Stattdessen sind gewisse Grundvoraussetzungen gefragt: zum Beispiel sexuelle Abenteuerlust und die Bereitschaft, die Beziehung ständig neu auszutarieren.

Was bringt mir eine offene Beziehung?

Wer viel riskiert, kann viel gewinnen – aber auch verlieren. Esther und Leo genossen das Liebesarrangement. Sehr. Bis Esther sich verliebte. Als der Lover sich nicht mehr meldete, war sie verletzt – und Leo tröstete sie. "Das war schwierig. Aber hinterher war ich noch sicherer, dass ich den richtigen Mann liebe", erzählt Esther. Ihre Lektion: Reden hilft. Immer. Und über alles: Wünsche, Ängste, Liebe und Sex.

"Uns hat das Experiment zusammengeschweißt, auch wenn es jetzt auf Eis liegt", sagt sie. Dafür hat der Sex eine neue Qualität. Und das Gefühl, zusammenzugehören und gemeinsam alles schaffen zu können, ist stärker als jemals zuvor. "Liebe ist Entwicklung! Wir fühlen uns vollkommener, wenn wir lieben, und wir reifen nirgends so sehr wie durch Partnerschaften", so Lendt.

Eine offene Beziehung hat das Potenzial, eine Beziehung zu vertiefen, sofern die Beteiligten ehrlich und fair (sowohl in sexueller als auch emotionaler Hinsicht) zueinander sind. Vielleicht kann auf diese Weise die große Liebe wirklich auf ewig Bestand haben. Quasi monogam – und nahezu durchgehend treu.

Erwähnte Quellen:

Desire, Familiarity, and Engagement in Polyamory: Results From a National Sample of Single Adults in the United States. Amy C. Moors, Amanda N. Gesselman, Justin R. Garcia. Front. Psychol., 23 March 2021. Sec. Health Psychology. Volume 12 - 2021. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.619640, zuletzt abgerufen am 07.08.2024

Are We Monogamous? A Review of the Evolution of Pair-Bonding in Humans and Its Contemporary Variation Cross-Culturally. Ryan Schacht, Karen L. Kramer. Front. Ecol. Evol., 17 July 2019. Sec. Behavioral and Evolutionary Ecology. Volume 7 - 2019 https://doi.org/10.3389/fevo.2019.00230, zuletzt abgerufen am 07.08.2024

Monogamy with a purpose. Frans B. M. de Waal dewaal@emory.edu and Sergey GavriletsAuthors Info & Affiliations. September 17, 2013. 110 (38) 15167-15168. https://doi.org/10.1073/pnas.1315839110, zuletzt abgerufen am 07.08.2024