Grübelst du teilweise tagelang über eine Sache? Vielleicht sogar so stark, dass es dein Leben beeinträchtigt? Dann bist du evtl. ein "Overthinker". Eine Expertin hat Tipps, wie du aus der Gedankenspirale ausbrichst.
Was ist ein Overthinker?
Der englische Begriff "Overthinker" steht im Deutschen für Menschen, die sich viele bzw. zu viele Gedanken machen.
Die neuseeländische Psychologin Gwendoline Smith ist Expertin rund um das Overthinken. In ihrem Buch "The Book of Overthinking: How to stop the Cycle of Worry" befasst sie sich intensiv mit dem Thema. Sie erklärt das Phänomen so: Overthinker sind Personen, "die zu viel Zeit damit verbringen, etwas auf eine Art zu analysieren, die ihnen mehr schadet, als sie ihnen hilft."
In ihrem Buch zeigt sie, dass Grübeln nicht zwangsläufig negativ sein muss, es aber sein kann, wie diese Beispiele zeigen:
- Macht sich jemand ausführlich Gedanken zur Planung des nächsten Urlaubs, ist das positiv. Die Vorfreude auf die Auszeit vom Alltag ist eine gute Emotion.
- Verliert sich eine Person jedoch in negativen Gedankenschleifen, die mögliche schlimme Ereignisse in der Zukunft oder Geschehnisse der Vergangenheit immer und immer wieder überdenken, kann das sehr belastend sein.
Welche Folgen hat Overthinking?
Wer laufend zu viele Gedanken im Kopf hat, entwickelt meist einen hohen Leidensdruck. Das hat oft ernste Folgen, wie beispielsweise:
- Angststörungen
- Probleme im Kontakt mit anderen Menschen
- Depressionen
- Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung
- Erhöhter Stresslevel mit höherem Herzinfarktrisiko
Betroffenen geht durch das Overthinken oft das gesunde Bauchgefühl bzw. die Intuition verloren und auch ein Stück weit Zufriedenheit. Das konnte eine australische Studie zeigen: Sie verglich Autokäufer. Die einen brauchten lange, um sich zu einem Kauf zu entschließen. Die anderen gingen den Kauf intuitiver an.
Im Ergebnis gaben 60 Prozent der intuitiven Käufer später an, glücklich über ihren Kauf zu sein. Bei den Grüblern waren es nur 25 Prozent.
6 Tipps: Was kann man gegen Overthinking tun?
Gehörst du zu den Overthinkern, möchtest aber künftig nicht mehr zu viel nachdenken? Mit den richtigen Tipps kannst du das Gedankenkarussell stoppen.
In ihrem Buch gibt die Psychologin Gwendoline Smith eine ganze Reihe von Ratschlägen zur Frage "Was tun gegen Overthinking?". Die folgenden 6 Tipps können vielleicht auch dir helfen.
1. Unterscheide Sorgen und Overthinking
Sorgen sind etwas ganz Natürliches und haben ihre Berechtigung. Sie sind ein Schutzmechanismus, der uns vor Gefahren warnt. Sieh also deine Sorgen und erkenne sie an.
Anstatt dir jedoch zu viele Gedanken zu machen und ins Overthinking zu verfallen, solltest du aktiv werden. So lässt sich häufig auch das Gefühl der Machtlosigkeit vertreiben:
- Besorgt dich der Klimawandel? Dann engagiere dich in einer Klimaschutzinitiative.
- Befürchtest du hohe Nebenkosten? Informiere dich darüber, wie du deinen Energieverbrauch im Alltag reduzieren kannst.
Der Schlüssel liegt darin, vage Ängste in zielgerichtete und konstruktive Sorgen umzuwandeln, gegen die du selbst etwas unternehmen kannst.
"Overthinking ist eine Spirale aus Gedanken", sagt Smith. Sie kann dazu führen, dass du immer ängstlicher und gestresster wirst. "Besorgnis dagegen hat ein bestimmtes Ziel und eine Handlung zufolge", so die Expertin. Das sei hilfreicher und konstruktiver.
2. Rede dir deine Sorgen nicht aus
Wenn du merkst, dass du in Gedanken abschweifst, die "hätte", "sollte" oder "müsste" enthalten, ziehe sofort die Notbremse. Sie haben oft diese Emotionen zur Folge:
- "Hätte ich nur"-Sätze befassen sich mit Vergangenem, das in der Regel nicht mehr zu ändern ist. Sie rufen häufig Schuldgefühle und Bedauern hervor.
- Denkst du daran, was andere hätten tun sollen? Das führt nicht selten zu Wut, Frustration und Enttäuschung.
- Beginnen deine Gedanken mit "ich muss", setzt du dich selbst unter Druck und zwingst dich evtl. zu etwas, das du eigentlich nicht tun möchtest.
Auch Aussagen wie "Ich sollte mir keine Sorgen machen" helfen nicht. Sie führen nicht von den sorgenvollen Gedanken weg, sondern immer wieder zu ihnen zurück. Es ist effektiver, deine Gedanken mit gezielten Fragen und einem Faktencheck zu hinterfragen.
3. Gedanken sind keine Fakten
Wenn du merkst, dass deine Gedanken an einer Idee festhängen und dich einfach nicht loslassen, mach dir bewusst, dass diese Gedanken nicht gleichbedeutend mit der Realität sind. Es kommt nicht alles zwingend so, wie du es befürchtest. Vielleicht hilft es dir auch, es laut auszusprechen: "Meine Gedanken sind keine Fakten!"
Auch diese Bücher helfen, mit Ängsten und Grübeln umzugehen:
- Wege aus der Angst: Die Kunst, die Unvorhersehbarkeit des Lebens anzunehmen von Gerald Hüther
- 101 Essays, die dein Leben verändern werden von Brianna Wiest
- Stop Overthinking von Nick Trenton (hier auch auf Deutsch)
- Dein quälendes Gedankenkarussell: 10 Methoden, negative Gedanken loszuwerden von Johannes Freitag
4. Fordere deine negativen Gedanken heraus

Stell deine Gedanken auf den Prüfstand – je öfter du sie hinterfragst, desto leichter entziehst du deinen Sorgen die Macht.
Der vierte Tipp schließt direkt an den dritten an: Unterziehe deine Gedanken einem Wahrheits-Check. "Überprüfe, ob deine Gedanken auf Fakten, Wahrheit und Realität beruhen. Frage dich, ob sie dir in irgendeiner Weise wirklich helfen", rät Smith.
In Smiths Buch findet sich eine Sammlung sogenannter "Flashcards". Auf ihnen stehen Fragen und Anweisungen, die kontraproduktive Gedankenmuster aufdecken können, wie etwa:
- "Wie nützlich sind meine Gedanken für mich?"
- "Gefühle sind keine Fakten."
Möchtest du dir nicht mehr zu viele Gedanken machen, kannst du dir ähnliche Karten erstellen. So konfrontierst du deine Sorgen mit der Realität und nimmst ihnen so ihre Macht.
5. Leg das schlechte Gewissen ab
Menschen, die sich häufig zu viele Gedanken machen, können Freundschaften und Beziehungen belasten. Gleichzeitig hilft es nicht, wenn das Gegenüber kein Verständnis zeigt und die Gedanken kleinredet.
"Etwa 25 bis 40 Prozent der Menschheit haben eine biologische Prädisposition für Hochsensibilität", weiß Smith. Diese Sensibilität kann Overthinking begünstigen. Solltest du dazugehören und häufig zu viele Gedanken im Kopf haben, schaffe dir mit einem schlechten Gewissen nicht noch eine weitere Sorge! Wie du bist, bist du in Ordnung.
Leidest du darunter, dass du laufend zu viele Gedanken im Kopf hast, lohnt es sich allerdings, etwas dagegen zu tun. Dafür kannst du Resilienz aufbauen oder die weiteren Tipps gegen Overthinking ausprobieren.
6. Meide "magisches Denken" und Aberglauben
Oft basieren Ängste auf Aberglauben, die zu einem fehlgeleiteten Glaubenssystem werden, erklärt Smith.
- Vorbeugende Wirkung von Ängsten: Wenn du dir deine Ängste in den ärgsten Dimensionen ausmalst, meinst du, du könntest die befürchteten Ereignisse beherrschen und ihr Eintreffen womöglich abwenden.
- Illusion der Wachsamkeit: Indem du ständig über eine Sorge nachdenkst, glaubst du, besonders wachsam zu sein. Vielleicht nimmst du auch an, du könntest Entwicklungen so voraussagen und wärst auf die kommenden Geschehnisse eingestellt und gegen sie gewappnet.
Niemand kann die Zukunft voraussehen. Auch du nicht. Schieb den Gedanken beiseite, dass Ängste dich vor etwas schützen könnten. Sie können dich auch nicht auf Dinge vorbereiten, die möglicherweise schieflaufen werden. Sich dies klarzumachen ist wichtig, um aus einem Gedankenkarussell und dem Overthinken auszubrechen.
Die häufigsten Fragen zu Overthinking
Ist Overthinking eine psychische Störung?
Nein. Menschen, die zu viel nachdenken, gelten in der Psychologie nicht als psychisch gestört. Es ist jedoch möglich, dass sich aus dem Overthinken seelische Erkrankungen, wie etwa eine Depression, ergeben. Es ist daher wichtig, das Overhinking ernst zu nehmen und ggf. dagegen vorzugehen.
Wie verhalten sich Overthinker?
Overthinker machen sich besonders viele und häufig auch unnötige Gedanken. Dabei denken sie über Dinge der Gegenwart genauso nach wie über Vergangenes oder mögliche Ereignisse der Zukunft. Menschen, die sich zu viele Gedanken machen, können unter diesem Overthinking leiden.
Was für Menschen sind Overthinker?
Overthinker haben häufig oder sogar ununterbrochen zu viele Gedanken im Kopf. Dies liegt bei einigen Menschen daran, dass sie sehr sensibel auf die Welt und ihr Umfeld reagieren. Bei einigen Personen ist auch Angst der Treiber für das zu viele Nachdenken. Grundsätzlich lässt sich das Overthinken jedoch nicht auf einen bestimmten Typ Mensch festlegen.
Fazit: Raus aus der Gedankenspirale
Sinnvolle Überlegungen sind gut und wichtig. Zu viele Gedanken im Kopf können allerdings für enormen Stress sorgen und dafür, dass du weniger glücklich bist. Gegen Overthinking kannst du einiges tun. Gleiche deine Sorgen beispielsweise mit der Realität ab. Das verkleinert sie in vielen Fällen sofort. Vielen Menschen hilft es auch, wenn sie aktiv werden können. Komme also ins Handeln und engagiere dich an geeigneten Stellen. So kommst du raus aus der Endlosschleife und fühlst dich sehr wahrscheinlich besser.
Erwähnte Quellen:
Galang Lufityanto, Chris Donkin und Joel Pearson (2016): Measuring Intuition: Nonconscious Emotional Information Boosts Decision Accuracy and Confidence. aps, https://doi.org/10.1177/0956797616629403, zuletzt abgerufen am 30.04.2025
Science Times: How stress affects your brain and body, 2019, zuletzt abgerufen am 30.04.2025