Du hast gerade an nichts Freude, auf nichts Lust? Der Gedanke, dich im Schlafanzug alleine unter der Bettdecke zu verkriechen, das Handy abzuschalten, Serien in Endlosschleife zu gucken und heulend Schokolade in dich hineinzustopfen, erscheint dir verlockender als jeglicher Kontakt zur Außenwelt? Das können erste Warnsignale für eine drohende Depression sein, aber eben auch nur Anzeichen einer harmlosen melancholischen Episode, wie sie alle Menschen gut kennen.
Negative Grübeleien können das Leben auf den Kopf stellen. Doch meist überfällt dich der Blues oft nur zeitweise und du sonnst dich nach ein paar Tagen im Seelenregen schon wieder im Licht des Lebens. Wenn du ehrlich bist, tut es ja manchmal auch ganz gut, dich in Selbstmitleid zu suhlen. Schließlich führt es meist dazu, dass du anschließend noch klarer siehst, was dir gut tut und was nicht. Hier klären wir den Unterschied zwischen der leichten Verstimmung und Ansätzen zur Depression und liefern Ansätze zur Hilfe.
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Was genau ist also eine Depression? Sie gehört zu den so genannten affektiven Störungen. Das sind Erkrankungen, bei denen es zu Schwankungen der Stimmung und des Antriebs kommt. Die Depression wird von Betroffenen nicht als tiefe Traurigkeit beschrieben, sondern viel eher als ein Zustand, in dem die Empfindung aller Emotionen gemindert ist – quasi als Gefühlslosigkeit. Menschen, die depressiv erkrankt sind, fühlen sich häufig, als stecken sie in einer dicken Wolke fest.
Problematisch wird es aber, wenn Grübelei und permanente Unlust über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen anhalten und nicht auf ein traumatisches Erlebnis zurückzuführen sind. Mit dem Hang zum Schwermut hat Depression wenig zu tun.
"Es ist eine ernsthafte, oft auch lebensbedrohliche Erkrankung, die in jedem Fall konsequent behandelt werden muss", erklärt Professor Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Leipzig. Allein in Deutschland leiden rund 5 Prozent der Bevölkerung an Depressionen, das sind rund 4 Millionen Menschen. Frauen bekommen doppelt so oft die Diagnose "Depression" wie Männer.
Doch eher nur der Herbstblues? Das hilft jetzt!
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) stehen depressive Erkrankungen an erster Stelle der Ursachen für eine verminderte Lebensqualität. Obwohl die Krankheit so häufig auftritt, wird sie in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen oder oft missverstanden.
Eine Depression kann entweder relativ plötzlich in einen bisher gut funktionierenden Alltag einbrechen oder sich allmählich einschleichen. Deswegen ist es wichtig, die Symptome früh zu erkennen, um einem Voranschreiten vorzubeugen.
Die Signale unterscheiden sich in 2 Kategorien: in Hauptsymptome und weitere Zusatzsymptome. Wenn mindestens 2 Haupt- und 2 Zusatzsymptome für mehr als 2 Wochen vorliegen, könnte das ein Hinweis auf eine Depression sein.
Die am häufigsten auftretenden Warnsignale einer Depression sind:
Der Verlauf einer Depression ist individuell, es gibt dennoch spezifische Hinweise auf die Erkrankung. Von einer erhöhten Depressions-Wahrscheinlichkeit sprechen Mediziner, wenn zu mindestens 2 der genannten häufigsten Symptome weitere 2 der folgenden oft auftretenden Warnsignale hinzukommen:
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Die psychische Erkrankung verändert die Welt der Betroffenen, vor allem die Wahrnehmung derselben. Außer durch spezifische Symptome lässt sich eine Depression auch an der Beschreibung des Lebens und Alltags der Erkrankten erkennen.
Menschen, die an einer depressiven Störung leiden, fällt es oft schwer, über ihren Zustand zu sprechen. Sie fühlen sich "wie versteinert", grübeln ständig und zweifeln an sich selbst. Eine innere Leere, Schuld und Angst machen sich breit. Negative Denkmuster bestimmen den Alltag depressiver Patienten. Sie stehen den eigenen Fähigkeiten, dem eigenen Aussehen und der Zukunft pessimistisch gegenüber.
Einige Erkrankte entwickeln auch Wahnvorstellungen, beispielsweise der Glaube, unheilbar krank zu sein. Viele haben wenig oder keine Hoffnung, dass ihre Krankheitsepisode durch Therapie gut behandelbar sei.
Auch körperlich macht sich die Depression bemerkbar: Zu den häufig auftretenden Schlafstörungen kommt oft eine chronische bleierne Müdigkeit am Tag. Depressive haben kaum Lust auf Sex und wenig Appetit, ein Gewichtsverlust ist nicht selten. Auch Schmerzen, wie zum Beispiel Kopf- und Rückenschmerzen, treten oft auf.
Menschen mit der psychischen Störung meiden häufig soziale Kontakte und stellen Hobbys ein. Einige können sogar ihrem Beruf nicht mehr nachgehen, die soziale Isolation droht. Betroffene sprechen eher leise und monoton, sind insgesamt sehr zurückhaltend.
Es gibt aber auch Menschen, die alles versuchen, um ihren Zustand so lange wie möglich zu verstecken, die sich verstellen und nach außen "ganz normal" erscheinen. Das macht es den Menschen im Umfeld natürlich umso schwerer, zu helfen und zu unterstützen.
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Die psychische Erkrankung verläuft häufig in Phasen, die über mehrere Monate oder Jahre andauern können. Die Psychologie unterscheidet zwischen der unipolaren Depression, der bipolaren affektiven Störung und der Dysthemie.
Die Diagnose wird anhand der Krankheitszeichen erstellt. Die Krankheit lässt sich in der Regel gut von Melancholie oder Niedergeschlagenheit abgrenzen. Trotzdem fällt es Ärzten oft nicht leicht, sie als behandlungsbedürftig festzustellen, da Dauer und Intensität der Symptome stark variieren und gezieltes Nachfragen nötig ist.
Hinzu kommt, dass die Betroffenen oft nicht über die psychischen Verstimmungen sprechen, sondern eher über körperliche Probleme wie zum Beispiel Kopf- und Rückenschmerzen klagen. Laut Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe bleibt mehr als die Hälfte aller Depressionen beim Arztbesuch unerkannt.
Es hat zunächst den Anschein: Bei Frauen diagnostizieren Ärzte mehr als doppelt so häufig eine Depression wie bei Männern. "Das Risiko, als Erwachsener im Laufe des Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt nach neueren Studien für Frauen bei 21 bis 23 und für Männer bei 11 bis 13 Prozent. Das heißt: Etwa jede 4. Frau und jeder 8. Mann ist im Laufe des Lebens von einer Depression betroffen", erklärt Depressions-Experte Hegerl. Aber die Statistik ist mit Vorsicht zu genießen.
Für den Geschlechterunterschied gibt es unterschiedliche biologische und psychosoziale Erklärungen, sagt Hegerl. "Bei Männern ist eine Depression manchmal schwieriger zu erkennen. Frauen sprechen eher über ihre Ängste und Stimmungsschwankungen, so dass die Diagnose häufiger gestellt wird", so Hegerl. Ein weiterer möglicher Grund: Frauen gehen überhaupt häufiger zum Arzt. Wenn jemand – wie viele Männer – mit einer Depression gar nicht erst zum Arzt geht, wird diese auch nicht diagnostiziert.
Letztlich gibt es nie den einen entscheidenden Faktor, die Bedingungen für eine Depression sind so individuell wie der Mensch selbst. "Unterschiede in den Genen, den Hormonen und anderen biologischen Aspekten spielen eine Rolle. Spezialfälle wie das prämenstruelle Syndrom zeigen, dass auch Geschlechtshormone die Stimmung beeinflussen können", erklärt der Mediziner.
Die Frage wie eine Depression entsteht, stellen sich seit Jahren viele Mediziner und Psychologen. Einig ist man sich, dass die Erkrankung meist nicht einen einzigen Auslöser hat, sondern dass mehrere Faktoren zusammenspielen.
Hinsichtlich der Krankheitszeichen sind Depressionen bei Frauen und Männern recht ähnlich. Was unterschiedlich ist, sind eher die Themen: zum Beispiel Schuldgefühle, Sorge und Hoffnungslosigkeit. Diese Themen holt sich die Depression jeweils aus dem täglichen Leben und hier gibt es Geschlechtsunterschiede. "Das heißt, sowohl Frauen als auch Männer sind voller Sorgen, jedoch wegen anderer Themen", so der Depressions-Experte.
Zu den bereits genannten Ursachen einer Depression, die bei beiden Geschlechtern – unabhängig von Alter und sozialer Herkunft – gleichermaßen auftreten, gibt es auch Auslöser, die tendenziell eher bei Frauen Depressionen auslösen können. Dazu gehören:
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Was hilft bei Depressionen? Darauf lässt sich keine allgemeingültige Antwort geben, verschiedene Wege sind möglich. "Es gibt allerdings sehr gute Behandlungsmethoden", so Professor Hegerl. Ganz wichtig: Frauen sollten sich unbedingt professionelle Hilfe suchen, um aus der Negativ-Spirale herauszukommen und ihr Selbstwertgefühl wieder zu steigern. Es gibt dafür keine Hausmittel. Die wichtigsten Säulen der professionellen Behandlung von Depressionen sind:
Die besten Erfolge werden erzielt, wenn der behandelnde Mediziner eine für den Patienten individuelle Kombination der Therapiemaßnahmen erstellt.
Zunächst einmal keine: Eine ärztliche Beratung steht immer am Anfang. Aber bei leichten Verlaufsformen depressiver Episoden können je nach Typ Sport- und Bewegungstherapie, Entspannungsmethoden, regelmäßige Gespräche oder pflanzliche Heilmittel als Behandlung helfen.
Wenn du häufig saisonal, zum Beispiel im Winter, unter depressiven Verstimmungen leidest, kann dir vielleicht die Lichttherapie helfen. Dabei schauen Betroffene längere Zeit in eine spezielle Lichtquelle. Das Licht aktiviert die Hormon-Ausschüttung im Hirn und soll die Stimmung positiv beeinflussen.
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Bei schwereren Verläufen können auch Selbsthilfegruppen beim Umgang mit der Erkrankung helfen, etwa dabei, das Selbstwertgefühl zu steigern. Der Austausch mit anderen Erkrankten tut Betroffenen meist gut. Sie spüren, dass sie der Krankheit, die in der Gesellschaft häufig noch tabuisiert wird, nicht allein sind.
Die Gruppe bietet auch die Chance, gemeinsam aktiv zu werden. Da Depressive oft unter Antriebslosigkeit leiden, kann ihnen die Unterstützung bei der Überwindung der depressiven Episode helfen. Der Gang sich selbst Hilfe zu suchen, setzt jedoch eine zumindest geringe Motivation voraus, an der Situation etwas ändern zu wollen – und den Mut, (gemeinsam mit anderen) über den eigenen dunklen Schatten zu springen.
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Trotz vieler Anlaufstellen fällt es vielen Betroffenen immer noch nicht leicht, über ihre psychische Situation zu sprechen oder sich Hilfe zu holen. Es ist schon paradox: Obwohl wir uns öffentlich um unsere Fitness und gesunde Ernährung kümmern, bleibt die Pflege der Seele oft mit einem negativen Beigeschmack behaftet.
Weiteres Problem: In vielen Regionen sind Therapeuten rar und ausgebucht, die Wartelisten lang. Um der Psychotherapie das Stigma zu nehmen und Betroffenen eine Hoffnung auf schnelle Hilfe zu bieten, gibt es schon länger Online-Portale, die systematische Selbsthilfe und persönliche Chats mit Psychologen verbinden. Die Erfahrungen mit Online-Therapie-Angeboten ist gut.
"Psychische Gesundheit sollte weder vom Geldbeutel, der Versorgungssituation noch Scham und Stigma abhängen", sagt Kati Bermbach, die mit anderen das Portal "Selfapy" (selfapy.de) gegründet hat. Angemeldete Nutzerinnen durchlaufen dort zum Beispiel online Selbsthilfekurse gegen Depressionen und chatten bei Bedarf 20 bis 45 Minuten mit einem Psychologen. "Für viele ist die Hemmschwelle, sich zu öffnen, dann niedriger", so Bermbach.
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Informationen zu Gruppen und Hilfsangebote in deiner Nähe findest du auf der bundesweiten Selbsthilfeplattform Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen.
Eine kostenlose Email-Beratung bekommen Betroffene und Angehörige bei der Deutschen Depressionsliga: Um Rat fragen.
Eine Depression ist eine Krankheit und keine Befindlichkeit, bei der man sich "doch mal zusammenreißen" kann. Deshalb nimm die ersten Warnsignale ernst, egal, ob du sie an dir oder an einem Menschen in deinem Umfeld feststellst. Erste Anlaufstation können neben Psycholog*nnen der/die Hausärztin oder ein Online-Therapie-Angebot sein.