Da kommt ein Wirkstoff daher, der stammt aus dem schlichten Weizenkeim und entwickelt sich zum Star für ein gesundes, langes Leben! Alternsforscher wählten ihn vor Kurzem unter die Top-Kandidaten der Longevity-Wirkstoffe.
Ja, es gibt sogar internationale Konferenzen, die sich nur mit diesem heimlichen Superstar beschäftigen, und der heißt Spermidin.
Ein Körnchen Hoffnung
Den Namen sollte man ihm nicht verübeln, er wurde halt im Sperma entdeckt, da kann er nichts dafür. Doch es fällt ihm durchaus schwer, das Image des Kartoffelackers abzuwerfen. Genauer gesagt, den des Weizenfelds. Meine Güte: Im Weizenkorn, da ist ein klitzekleiner Keimling drin, und darin wiederum das Spermidin – das soll die Wunderwaffe der Langlebigkeit sein? Arg hoch gegriffen …
Doch fragen wir andersrum! Wieso braucht ein Weizenkeim, also der Pflanzenembryo, so viel Spermidin? Kann das Weizenkorn vielleicht gar nicht austreiben – ohne Spermidin? Damit wäre es lebenswichtig! Genau so scheint es zu sein. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit diesem Wirkstoff, der so viele Gesichter hat. In den letzten 2, 3 Jahren kam so viel Neues an Erkenntnis aus der Forschung dazu: Spermidin entpuppt sich als hocheleganter Pianist auf der Klaviatur des Lebens, und wir wissen heute sehr viel über die Melodien, die nur er beherrscht.
Wenn Moleküle Chauffeure brauchen
Dass Spermidin in der Natur als Top-VIP gehandelt wird, konnten die Forscher allein schon an seinem Sonderstatus ablesen: Alles, was lebt, hat Spermidin. Vom Bakterium bis zum Menschen. Und alles, was lebt, kriegt größere Probleme, wenn ihm das Spermidin entzogen wird.
Weil es so wichtig ist, haben sämtliche Lebewesen spezielle Transportmechanismen entwickelt, eine Art VIP-Shuttle sozusagen, um Spermidin höchst komfortabel in die Blutbahn zu bugsieren und dann in die einzelnen Zellen hinein.
Das Geheimnis gesunder Zellalterung
Was ist nun sein Job? Es ist nicht nur einer, er ist höchst diffizil. Ich fragte einen Top-Experten, Professor für Biochemie an der FU Berlin, Stefan Sigrist: Spermidin schützt unsere Erbsubstanz, unsere DNA, vor den Schäden des Alters, es hält sie stabil. Und es steuert sogar, welche Informationen von ihr abgelesen und dann in Proteine eingebaut werden.
Das sind Proteine, die Mülleimer bauen. Solche zellulären Mülleimer sind lebenswichtig, weil sie nicht nur Zellmüll abtransportieren, sondern ihn auch in seine Bausteine zerlegen, damit Neues gebaut werden kann. Besonders wichtig ist das natürlich für Zellen, die sich nicht teilen können, die also exakt so alt sind wie wir: Zellen im Herzmuskel, in der Niere, im Immunsystem, Sehzellen und vor allem Nervenzellen des Gehirns. Da sammelt sich Müll an, aber wie!
Spermidin könnte die Herzfunktion stärken, auch Nieren und Immunabwehr – außerdem Demenz vorbauen. Doch das ist nicht alles: Spermidin kümmert sich auch um die Zellkraftwerke, die Mitochondrien. Alte, die gar nichts mehr bringen, werden ausgemustert – und jüngere, die schwächeln, werden aufgepäppelt. Sprich: Spermidin schützt unsere Energieversorgung von der Zelle bis zum Organ. Und was für uns gilt – gilt für alles, was lebt! Das läuft genauso in Bakterien, Pflanzen, Insekten. Ein uraltes, ein universelles System.
Die Frage nach der Herkunft
Doch woher stammt es, bitte? Bakterien, Rosen, Gürteltiere fressen doch keine Weizenkeime! Sehr guter Einwand. Weil Spermidin so wichtig ist fürs Leben und Überleben, produzieren es sämtliche Lebewesen erst mal selbst. Wir Menschen tun das in etwa zu 40 Prozent. Rund 50 Prozent führen wir uns über Nahrung zu, 10 Prozent produzieren bestimmte Bakterien in unserem Darm.
Tragisch allerdings, dass das mit der Eigenproduktion abnimmt im Laufe der Jahre. Je älter, desto weniger Spermidin. Also Weizenkeim essen, reifen Käse, frisch gekeimte Sprossen aller Art und viel Gemüse! Das kann um die 12 Milligramm Spermidin pro Tag bringen. Doch das reicht beim Älterwerden fürs Auffüllen nicht immer aus. Also in Kapsel- oder Pulverform zuführen? Da Spermidin nicht ganz einfach zu extrahieren ist, sollte der Hersteller über ein Verfahren verfügen, das die Menge pro Kapsel nachweisen lässt.
Aber es gibt noch einen anderen Weg! Und zwar das Fasten. Offenbar ist Spermidin so wichtig für unsere Zellreinigung und vor allem für unsere Mitochondrien, dass die körpereigene Produktion ansteigt, wenn wir fasten. Allerdings: Älteren Menschen wird Fasten nur noch bedingt empfohlen. Stars – auch die unter den Botenstoffen – sind halt etwas kompliziert …





