Das ist die perfekte Erholung für dein Gehirn

Hirn regenerieren
Das ist die perfekte Erholung für dein Gehirn

Veröffentlicht am 25.06.2024
Ein hoher Serotoninspiegel sorgt für gute Laune.
Foto: Look Studio / Shutterstock.com

Wenn du im Gym eine harte Trainingseinheit absolvierst, ist dir klar, dass du das gleiche Workout nicht am nächsten Tag noch mal durchziehen kannst. Stattdessen legst du einen Ruhetag ein, an dem du allerdings nicht nur abhängst. Moderate Aktivität sorgt dafür, dass deine Muskeln sich viel schneller erholen, als wenn du dich nur auf dem Sofa lümmelst.

Ähnliche Bedürfnisse hat auch dein Gehirn. Zu viel Druck macht es schwächer, und die beste Strategie, es wieder aufzupäppeln, sieht ähnlich aus wie deine Pausen im Fitness-Studio. Leider wird das von vielen vernachlässigt. Wir zeigen dir, wie du deiner Denkmaschine die nötigen Erholungsphasen verschaffst.

Braucht das Gehirn wirklich Pausen?

In einer Studie stellten US-Forscher an der Old Dominion University in Norfolk fest, dass schon 10 Minuten intensive Konzentration eine leichte Erschöpfung im Gehirn auslösen und die Aufmerksamkeit beeinträchtigen. Die gute Nachricht ist, dass eine Pause von bis zu 9 Minuten sofort zu einer Besserung führt. Noch besser aber: Pausen, in denen das Denkzentrum ein klein wenig aktiv bleibt, sorgen schneller für Erholung als solche, in denen das Gehirn überhaupt keine Betätigung hat.

"Bei Aufmerksamkeit und Konzentration handelt es sich um Ressourcen, die zur Neige gehen und regelmäßig erneuert werden müssen", erklärt Professor Andrew Bennett, Leiter der Studie und Spezialist für Managementtechniken und Arbeitnehmergesundheit. "Um das Gehirn zu regenerieren, sollte man am besten etwas tun, das einen mäßigen Denkaufwand erfordert." Und man sollte es öfter mal tun.

Was passiert, wenn du deinem Gehirn keine Erholung gönnst?

Dein Leistungszentrum zwischen den Ohren benötigt nicht nur gelegentlich, sondern den gesamten Tag über aktive Erholungspausen. Ohne diese Regeneration besteht die Gefahr, dass du dich rasch erschöpft und ausgebrannt fühlst und nicht mehr mit voller Kraft denken kannst.

Die mentale Schlappheit macht dich weniger effizient und leichter ablenkbar sowie anfälliger für Störungen und Fehler. Sogar körperlich macht sie sich bemerkbar. So lässt etwa deine Ausdauerleistung nach, ganz gleich, ob du Fußball spielst, läufst, schwimmst, Rad fährst oder eine andere Sportart betreibst.

Wie funktioniert Erholung fürs Gehirn? 3 Tipps

Um sich bei der Arbeit produktiver zu fühlen und danach fitter für das Gym zu sein, ist es wichtig zu wissen, wie aktive Erholung für das Gehirn zustande kommt. Die erwähnte Studie zu Mikropausen bestätigt eine Eigenschaft des Gehirns, die von Kognitionsforschern seit Jahren unter die Lupe genommen wird. Die Nervenzellen erhalten frische Energie durch neue Erfahrungen, besonders durch solche, die du genießen kannst.

"Neue Perspektiven, Klänge, Gerüche oder Aktivitäten revitalisieren den Menschen", erläutert Studienleiter Bennett. Interessanterweise zählt es auch als neue Erfahrung, lustige Situationen zu betrachten. Belgische Forscher haben herausgefunden, dass bei Mäusen die Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin im Hirn angeregt wird, wenn man den Tieren etwas Neues präsentiert. Dies wiederum verleiht den Nagern die Fähigkeit, Dinge schneller zu erlernen. Unsere Gehirne sind so sensibel gegenüber Neuem, dass wir nichts Dramatisches unternehmen müssen, um einen vergleichbaren Effekt zu erzielen. Hier ein paar Regenerations-Tipps für dein Gehirn:

1. Konzentriere dich auf Videos

Einige Teilnehmer von Professor Bennetts Studie verbrachten Pausen damit, Comedy-Clips zu gucken. In der Folge zeigten sie mehr geistige Frische und weniger Müdigkeit im Vergleich zu anderen Testpersonen, die sich mithilfe von Dehnübungen oder Meditation entspannten. "In Humor steckt immer etwas Überraschendes, dadurch bietet er eine gute Möglichkeit, das Gehirn zu regenerieren", so der Studienleiter. Davon abgesehen bereiteten die Clips den Versuchsteilnehmern mehr Freude als Stretching oder innere Einkehr.

Wichtig ist allerdings zu wissen, dass es einen grundsätzlichen Unterschied macht, ob man in Arbeitspausen kurze Clips anschaut oder ob man spätabends stundenlang Serien guckt. Ein derartiger Glotzmarathon hat keinerlei erfrischende Wirkung auf die Nervenzellen. Wenn Angestellte zum Feierabend ihre Arbeit beiseitelegen und sich nicht länger den Kopf über To-do-Listen oder unbeantwortete E-Mails zerbrechen, fühlen sie sich übrigens am nächsten Morgen zu Arbeitsbeginn glücklicher und motivierter. Der kognitive Abstand von der Arbeit während der Freizeit wirkt erholsam und leistungssteigernd aufs Gehirn. Idealerweise widmest du dich abends einem Hobby oder einer entspannenden Tätigkeit, die dir Spaß macht – etwa, eine neue Playlist zusammenzustellen oder ein Buch zu lesen.

2. Überlege dir Tagträume

Ob du einen Bericht verfasst, Baupläne für ein Gebäude erstellst oder ein Verkaufsgespräch führst: Der präfrontale Cortex deines Hirns, der verantwortlich für kognitive Funktionen wie Konzentration und Aufmerksamkeit ist, läuft auf Hochtouren. Doch ähnlich wie bei einem Leg-Day im Gym, nach dem man nicht am nächsten Tag erneut die Beine trainiert, muss sich auch die Hirnrinde von einem harten Tag erholen. Dann braucht dein Hirn das sogenannte Default Mode Network (DMN), zu Deutsch: das Ruhezustandsnetzwerk. Dabei handelt es sich um Hirnregionen, die aktiv sind, wenn du Tagträumen nachhängst und deine Gedanken schweifen lässt.

"Wenn man über einen längeren Zeitraum arbeitet, leidet das Gehirn unter Konzentrationsschwäche", erklärt der US-Psychiater Dr. Srini Pillay aus Cambridge, Autor des Buches "Tinker Dabble Doodle Try". "Flicht man Phasen der Unkonzentriertheit in den Alltag ein, erhält das Gehirn die Möglichkeit, sich zu erholen." Tagträumen ist etwas anderes als Ablenkung, denn es erlaubt dem Hirn gewisse Freiheiten, statt es dazu zu zwingen, an etwas Bestimmtes zu denken. Dabei tut das Hirn jedoch nicht nichts. Man kann sich die Sache eher als einen mentalen Hausputz vorstellen, der Platz für einen Neustart schafft. Schalte dein DMN ein, indem du einer Tätigkeit nachgehst, die sozusagen auf Autopilot läuft, die also nicht das Zutun des präfrontalen Cortex erfordert, beispielsweise spazieren gehen, den Abwasch erledigen, duschen oder Pflanzen gießen.

Wenn du dich selbst dabei ertappst, wie du bei der Arbeit immer und immer wieder über dasselbe Problem grübelst, probiere es mit konstruktiver Tagträumerei – eine Variante, die etwas mehr kognitive Kontrolle erfordert. Stell dir vor, wie du durch den Wald läufst oder am Strand entlanggehst. "So steigert man auch die Kreativität", so Pillay. "Das Hirn erhält die Möglichkeit, unbewusst Assoziationen herzustellen, die zu Aha-Momenten führen können. Dies ist auch der Grund, wieso einem die besten Ideen oft unter der Dusche kommen."

3. Sinniere über die Natur

"Der Job erfordert zielorientiertes Denken", sagt Professor Adam Gazzaley, Neurowissenschaftler an der University of California. "Das ist anstrengend, weil man sich aktiv konzentrieren und Ablenkungen unterdrücken muss." Es gibt jedoch auch den umgekehrten Ansatz, bei dem man dem Geist erlaubt, spontanen Gedanken zu folgen. "Inmitten eines hektischen Tages kann dies entlastend wirken", sagt Gazzaley. "Sich in der Natur aufzuhalten, fördert diese uralte Form der Entspannung, die vor allem durch Sinnesreize ausgelöst wird." Gehe also zum Beispiel 5 Minuten durch den Park oder sieh kurz aus dem Fenster und schau dir an, wie der Wind die Bäume bewegt.

Eine andere Art der Erholung stellt Power-Napping dar. Es wirkt nicht wie eine aktive Erholung, aber dein Hirn ist sehr beschäftigt, wenn der Körper rastet. "So ein Nickerchen gibt dem für Konzentration verantwortlichen Teil des Gehirns die benötigte Regeneration, während andere Hirnareale unter Hochdruck arbeiten", erklärt Pillay. Es erfrischt zudem wichtige Teile der Denkzentrale wie das Kurzzeitgedächtnis, das man im Wachzustand permanent benötigt. "Bereits 5 bis 15 Minuten Schlaf können die Energie für 3 Stunden Wachsein wiederherstellen", so Pillay. Dieses Wissen nutzen auch Soldaten. So hat die US-Army 2020 ihr Handbuch für körperliche Fitness überarbeitet und ein neues Kapitel hinzugefügt. Darin wird den Soldaten empfohlen, mittels Kurzschlaf ihre Wachsamkeit und Leistungsfähigkeit zu steigern. Das funktioniert auch in deinem Job. Probier’s aus!

Warum du dein Hirn mit Displays verschonen solltest

Viele starren auf Bildschirme, um zu entspannen, doch: "Digitale Geräte sind Stressquellen", warnt Chris Bailey, Autor von "Hyperfocus – Wie man weniger arbeitet und mehr erreicht" (Redline, um 20 Euro). Halte dich an diese Tipps:

  • Online-News ignorieren: "Die Neuigkeiten ziehen deine Aufmerksamkeit auf sich. Deshalb liest du weiter, aber oft lösen sie Ängste aus, und die sind das Letzte, was du bei der Arbeit brauchst", so Bailey. Schau dir die News also nur noch zu festgelegten Zeiten an, aber nicht zwischendurch.
  • Binge-Watching vermeiden: Eine oder 2 Folgen von deiner Lieblings-TV-Serie kann dein müdes Gehirn ertragen, mehrere Stunden davon bringen allerdings deinen Schlafrhythmus durcheinander. Eine Studie im US-Journal of Clinical Sleep Medicine deckt den Zusammenhang zwischen Erschöpfungszuständen und der Komaglotzerei auf.
  • Social Media reduzieren: Bilder und Videos zu teilen, zehrt einer Studie an der Cornell University zufolge an den psychischen Ressourcen. Probanden konnten Artikel, die man ihnen zu lesen gab,weniger gut verstehen, wenn sie sich vorher mit Social-Media-Inhalten befasst hatten.

Auch dein Gehirn braucht mal Pause, einige Male am Tag ein paar Minuten genügen schon. Mit unseren Tipps gönnst du deinen grauen Zellen die nötige Ruhe und kannst danach wieder motiviert und leistungsstark durchstarten.