Yoga machen immer nur die makellosen skinny Girls? Nichts da! Die Kleidergröße entscheidet nicht darüber ob und wie gut du Yoga praktizieren kannst! Yogalehrerin Jessamyn Stanley zeigt, dass jede Frau unabhängig von ihrer Konfektionsgröße Yoga machen kann: "Sobald du dem Internet deinen großen Arsch in einer Yogahaltung zeigst, wollen scheinbar alle wissen, wie zum Teufel du das geschafft hast", schreibt sie in ihrem Buch: "Every Body Yoga". So kannst du auch mit etwas mehr auf den Hüften selbstbewusst den Yoga-Kurs besuchen und diese Flows eignen sich ideal bei jeder Körpergröße!
Das sagt die Plus-Size-Yogalehrerin
Jessamyn Stanley gleitet mühelos in einen Spagat, führt kraftvoll und geschmeidig Asanas wie das Rad aus. Wieso auch nicht, die 36-Jährige ist schließlich Yogalehrerin. Mit diesem Beruf verbinden vermutlich viele von uns die Vorstellung von drahtigen und durchtrainierten Körpern. Beides Begriffe, die nicht direkt mit Jessamyns Körperbild zusammenpassen. Auf Instagram bezeichnet sich die Amerikanerin selbst als "Fat Person" und verkörpert dort den Begriff Body Positivity durch und durch.
Jessamyn zeigt, dass jeder Körper fit und schön sein kann.
Ihr Ziel: verstaubte Muster zu durchbrechen und anderen Mut zu machen, sich selbst anzunehmen und zu lieben. Sie brachte ein Buch mit dem Titel "Every Body Yoga" heraus, das nun in der deutschen Übersetzung zu haben ist. Darin beweist sie eindrucksvoll, dass die Bewegungslehre nicht nur für schlanke, wohlhabende, weiße Menschen gedacht ist. Hier bekommst du einen Einblick in Jessamyns Botschaft und Praxis. Spoiler: Du wirst kein Richtig oder Falsch finden, nur ein "So geht es auch".
Wir haben mit Jessamyn über Selbstwert gesprochen, hier kommst du zum Interview!
Welche Yoga-Übungen eignen sich für Übergewichtige?
Die folgenden Übungen gehören zu Jessamyns Lieblingsyogahaltungen. Sie regelmäßig (gerne täglich!) auszuführen, bringt mehr Standfestigkeit, Balance und Flexibilität ins Leben. Dabei gibt’s nicht die eine perfekte Pose, auch in ihren Varianten profitierst du vom Effekt. Übe einfach so, wann, wie und wie lange es für dich gut ist.
HERABSCHAUENDER HUND
Adho Mukha Svanasana
Starte im Vierfüßlerstand. Wandere mit den Händen vor die Schultern, stelle die Zehen auf und hebe deine Knie. Versuche, die Beine zu strecken und schiebe dabei den Po nach oben. Der Kopf wandert zwischen die Arme.
Spreize die Finger weit auseinander. Versuche nun, die Fersen abzustellen. Bleibe für einige Atemzüge. Variante mit 2 Yogablöcken: Positioniere deine kompletten Hände jeweils längs auf einem Yogablock. Der weitere Bewegungsablauf ist der gleiche wie ohne Hilfsmittel.
AUSGESTRECKTES DREIECK
Utthita Trikonasana
Stelle dich in einer Grätsche auf. Drehe den linken Fuß nach außen, den rechten leicht nach innen, die Fersen stehen auf einer Linie. Hebe deine Arme seitlich auf Schulterhöhe an. Beuge dich nun über die linke Seite nach unten, ohne die Armhaltung zu verändern.
Wenn du es schaffst, umgreife mit der linken Hand den linken großen Zeh. Blicke zur rechten Hand nach oben und halte die Position für einige Atemzüge. Wechsele dann die Seite. Variante mit Yogablock: Lege einen Yogablock vor deinen aufgedrehten Fuß und stütze die Hand darauf ab, anstatt sie zum Fuß zu führen.
HALBE VORBEUGE
Ardha Uttanasana
Starte im hüftbreiten Stand. Atme ein und hebe dabei die Arme nach oben, strecke dich so lang wie möglich. Atme aus und beuge dich aus der Hüfte heraus, während du den Oberkörper Richtung Boden bewegst. Stelle die Fingerspitzen auf und versuche die Beine gestreckt zu halten. Auch der Rücken ist lang, der Blick geht nach vorn. Bleibe für einige Atemzüge. Variante mit 2 Yogablöcken: Stelle 2 Yogablöcke hochkant vor dir auf. Stütze dich in der Vorbeuge mit den Händen fest auf die Blöcke, damit der Rücken lang und die Beine gestreckt sein können.
Flow für mehr Selbstliebe
Deinen Körper so zu akzeptieren, wie er ist, ist entscheidend für deine mentale und körperliche Gesundheit. Der folgende Ablauf zielt darauf ab, dass sich dein Body bestens (an-)fühlt. Führe den Flow für sich oder zum Abschluss einer Yoga-Einheit aus und übe allein, um "die Magie der eigenen Existenz" bestaunen zu können.
SITZENDER SCHMETTERLING
Baddha Konasana
Setze dich hin. Beuge die Beine so, dass sich deine Fußsohlen berühren. Versuche, die Fersen so nah wie möglich zum Becken zu bringen. Umgreife mit deinen Fingern die großen Zehen und beuge dich mit geradem Oberkörper nach vorn.
Drücke dabei die Ellenbogen in die Ober- oder Unterschenkelinnenseiten. Bleibe für ein paar Atemzüge. Variante mit Decke und 2 Yogablöcken: Lege dir je einen Yogablock unter die gebeugten Knie und setze dich auf die Kante einer gefalteten Decke, um aufrechter sitzen zu können.
SITZENDE VORBEUGE
Paschimottanasana
Setze dich mit nach vorn ausgestreckten Beinen hin. Beuge dich mit geradem Rücken nach vorn und greife mit den Händen jeweils die Außenseite des seitengleichen Fußes. Beuge die Knie etwas, wenn es dir so leichter fällt, die Füße zu greifen. Versuche, mit jeder Ausatmung mehr Länge im Oberkörper zu gewinnen. Deine Schultern sind die ganze Zeit über entspannt. Variante mit Decke und Yogagurt: Alternativ kannst du dich auf die Kante einer gefalteten Decke setzen, um gerader im Oberkörper zu sein. Fällt dir die Vorbeuge schwer, lege einen Yogagurt oder Gürtel um deine Füße und greife dessen Enden.
LIEGENDER SCHMETTERLING
Supta Baddha Konasana
Lege in Rückenlage die Fußsohlen aneinander. Lasse die Knie so weit wie möglich zum Boden fallen. Lege die Arme angewinkelt auf Schulterhöhe am Boden ab und lass die Handinnenflächen nach oben zeigen. Bleibe hier für einige Atemzüge. Variante mit Decke und 2 Yogablöcken: Lege dir eine gefaltete Decke unter den Po und positioniere darauf 2 Yogablöcke so, dass du deine Oberschenkel darauf ablegen kannst.
DIE BRÜCKE
Setu Bandha Sarvangasana
Lege dich auf den Rücken und stelle die Füße auf. Lege die Arme lang neben dem Körper auf dem Boden ab. Hebe den Po an und schiebe die Hüfte so weit wie möglich nach oben. Achte darauf, die Knie nicht nach außen fallen zu lassen. Schiebe deine Schultern gedanklich unter deine Brust und halte die Spannung für ein paar Atemzüge. Variante mit Yogablock: Lege dir einen Yogablock – je nachdem, wie es sich für dich besser anfühlt, längs oder hochkant – unter deinen Po, um leichter in der Brücke zu bleiben.
DAS NADELÖHR
Sucirandhrasana
Lege dich auf den Rücken und stelle beide Füße auf. Lege nun den linken Fußknöchel auf das rechte Knie, das linke Knie zeigt nach außen. Greife mit beiden Händen um deinen rechten Oberschenkel und ziehe so beide Beine zu dir heran. Deine rechten Zehen sind geflext. Lasse dabei die Schultern auf dem Boden. Wenn du die Dehnung verstärken möchtest, drücke mit deinem linken Ellenbogen gegen deinen linken Oberschenkel. Halte für ein paar Atemzüge und wechsele dann die Beinstellung.
TOTENHALTUNG
Savasana
Lege dich auf den Rücken. Strecke deine Beine lang aus und lasse die Füße nach außen fallen. Lege die Arme gestreckt auf dem Boden ab, die Handflächen zeigen nach oben, oder lege die Hände auf deinem Bauch ab – wie es sich für dich gut anfühlt. Schließe die Augen und atme gleichmäßig. Bleibe so lange in dieser Position, wie du möchtest. Variante mit Yogarolle und/oder Yogablöcken: Es kann bequemer sein, wenn du dir ein (Yoga-)Kissen unter die Knie legst und/oder einen Yogablock zwischen die Schulterblätter positionierst. Auch kann ein Block im Nacken mehr Komfort bedeuten.
Kann ich mit Übergewicht Yoga machen?
"Sobald du dem Internet deinen großen Arsch in einer Yogahaltung zeigst, wollen scheinbar alle wissen, wie zum Teufel du das geschafft hast" – schon der Einstieg von Jessamyns Yoga-Buch macht deutlich: Große Popos können genauso gut Yoga wie kleine. "Wenn du dick bist und Yoga machst, dann mach für dein Extra-Fleisch Platz", sagt die 36-Jährige pragmatisch.
So rät sie beispielsweise, Knie und Oberschenkel in der Kindshaltung weiter auseinanderzuschieben (wie andere Varianten klassischer Asanas aussehen, erfährst du im Folgenden). Jessamyns Selbstbewusstsein war allerdings nicht immer so ausgeprägt. Seit ihrer Kindheit quälten sie Selbstzweifel wegen ihrer Körpermaße und ihrer Hautfarbe.
Yoga: Ein liebevoller Dialog mit dem eigenen Körper
Heute bezeichnet Jessamyn Yoga als Methode, "den Wahnsinn des Lebens zu akzeptieren". Dabei spielt die Möglichkeit, die Stellungen zu Hause auszuführen, eine große Rolle. Vorab hatte sie immer mal wieder einen Kurs besucht, fühlte sich dort aber nie wohl. Allerdings war daheim die Sorge, etwas falsch zu machen, immer im Hinterkopf. Daher suchte Jessamyn im Internet nach Input.
Auf dem damals noch nicht sehr populären Instagram fand sie eine kleine Community, die sie irgendwann dazu brachte, selbst Fotos von sich zu posten. Mittlerweile folgen den ehrlichen Beiträgen von @mynameisjessamyn über eine halbe Million Follower. Einer ihrer Leitsätze lautet: "Beruhige den Lärm in deinem Kopf, bring dein Ego zum Schweigen und lass deinen Körper dir – und allen anderen – zeigen, was er kann." Es geht nicht darum, eine Haltung perfekt ausführen zu können, sondern "einen ehrlichen, liebevollen Dialog mit deinem Körper zu gestalten". Enjoy the Ride!
Im Yoga geht es vor allem darum, du selbst zu sein! Und dabei ist es ganz egal, welche Kleidergröße du trägst. Jeder und jede kann Yoga praktizieren und sollte sich dabei nicht unwohl oder verurteilt fühlen. Jessamyn zeigt eindrucksvoll, wie auch Plus-Size-Frauen mit Spaß und Selbstbewusstsein Yoga machen können.
