Sei ehrlich: Solltest du nicht eigentlich gerade etwas anderes machen? Aber das ist so öde, deshalb surfst du lieber im Internet? Fällt es dir vielleicht öfter schwer, bei einer Sache zu bleiben, die dich nicht interessiert?
Ein bisschen Aufschieberitis (Fachbegriff: Prokrastination) und Unaufmerksamkeit sind vollkommen harmlos. Wenn dein Alltag dir aber auch sonst schwerfällt, du vielleicht sogar zu Depressionen, Stimmungsstörungen oder Suchtverhalten neigst, könnte auch ADS oder ADHS dahinterstecken. Was das genau ist und was du dann tun kannst, erklären uns zwei Experten.
nur 5,90 €
Du bist bereits Kundin? Dann logge dich hier ein.
Nach erfolgreicher Zahlung erhältst du eine E-Mail mit einem Download-Link. Solltest du Fragen haben, sende eine Nachricht an fitness-shop@motorpresse.de.
Die Abkürzung ADS steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. "Betroffene haben Probleme dabei, ihre Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten", erklärt der Psychologe und ADHS-Therapeut Michael Kopper, Leiter des ADHS-Therapiezentrums. Sie driften schneller mal mit den Gedanken ab und sind unkonzentrierter. Umgangssprachlich nennt man ADS deshalb auch das "Träumerchen-Syndrom".
Bei Menschen mit ADHS kommen dann noch Hyperaktivität und mangelnde Impulskontrolle hinzu: Sie fummeln ständig mit den Fingern irgendwo herum, wippen mit den Beinen, stehen alle paar Minuten auf. Manchmal entsteht auch im Kopf ein regelrechtes Wirrwarr, weil die Gedanken nur so durcheinanderwuseln.
Dieses "Zappelphilipp-Syndrom" ist auffälliger und wird deshalb auch leichter erkannt. "Tendenziell haben Frauen aber eher den unauffälligen Typus ohne Hyperaktivität", erklärt die Fachärztin für Psychotherapie und Psychiatrie Dr. Jana Engel. Deshalb ist bei ihnen die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Aufmerksamkeits-Defizit-Störung erst im Erwachsenenalter oder gar nicht erkannt wird, wie Studien belegen.
Bei hibbeligen Kindern fällt der Verdacht oft noch schnell auf ADHS, dabei leiden auch mindestens 4 Prozent der Erwachsenen in Deutschland an ADHS, so das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit. "Bei Erwachsenen wächst sich die Symptomatik dagegen manchmal heraus oder wird diffuser", erklärt die Psychiaterin. Aus Gefühlen der inneren Unruhe und eigenen Schwäche kann dann zum Beispiel eine Depression oder auch eine Sucht entstehen. Oder man springt von Job zu Job und macht nirgendwo so richtig Karriere, während andere im gleichen Alter bereits in hohen Positionen arbeiten.
"Einige haben auch nur so ein ungenaues Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt, weil ihnen scheinbar grundlos der Alltag schwerer fällt", erklärt Dr. Engel. Oft haben sich Betroffene auch schon in anderen Therapien den Mund fusselig geredet, um Stress, Depressionen oder Süchte unter Kontrolle zu bekommen – ohne Erfolg.
Wenn mehrere dieser Anzeichen auftreten, gehen die beiden Experten dem Verdacht auf ADS oder ADHS nach:
Wieso ist das Gehirn denn manchmal so unruhig und interessengeleitet? "Das liegt am Botenstoff Dopamin, dem Treibstoff unseres Gehirns. Er sorgt für Vorfreude und Neugier, Motivation und Kreativität", erklärt Kopper. Menschen, bei denen besonders viel Dopamin ausgeschüttet wird, sind in ihrem Denken deshalb besonders schnell, ausdauernd und kreativ – können dieses Feuerwerk aber auch schwerer bremsen.
Der Gegenspieler, der präfrontale Kortex, strukturiert und ordnet unsere Gedanken. Ist der nicht aktiv oder trainiert genug, um das viele Dopamin zu hemmen, fällt es uns schwer, unsere Impulse zu kontrollieren. "Der Geist hat dann ständig 'Hunger' nach Informationen und Neuigkeiten. Betroffene haben ein Formel-1-Gehirn, aber leider nur eine Fahrradbremse", so der Psychologe. Das führt zu Problemen im Alltag, etwa wenn der Impuls, ein Katzenvideo zu gucken, stärker ist als diese öde Excel-Tabelle zu bearbeiten. Es kann aber auch zu einer höheren Suchtgefahr, Erschöpfung und anderen Symptomen kommen, dazu später mehr.
So ein Zustand der Unaufmerksamkeit kann auch vorübergehend sein, ohne direkt auf ein Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom hinzuweisen. Zum Beispiel weil du zu wenig geschlafen hast, die Raumluft verbraucht ist oder dir bestimmte Nährstoffe fehlen. Gesunde Ernährung und frische Luft können bei Menschen ohne ADHS meist schon Abhilfe schaffen, manchmal tut es auch ein kleiner Extra-Boost an Nährstoffen wie der von Nootropic.
Wenn dir die Aufmerksamkeit aber dauerhaft schwerfällt, liegt dir das vermutlich in den Genen: "ADHS hat eine starke genetische Komponente, wird also oft von Eltern an Kinder vererbt", erklärt Dr. Engel, "Wenn dann auch noch ein unstrukturiertes Elternhaus dazu kommt, können die Symptome so stark werden, dass sie Leidensdruck verursachen." Wenn dann noch Stress wie Social Media, Multi-Tasking oder ein vollgestopfter Schreibtisch dazukommen, ist das Hirn schnell überfordert.
nur 5,90 €
Du bist bereits Kundin? Dann logge dich hier ein.
Nach erfolgreicher Zahlung erhältst du eine E-Mail mit einem Download-Link. Solltest du Fragen haben, sende eine Nachricht an fitness-shop@motorpresse.de.
Wenn du dich in den Symptomen wiederfindest, ist das ein erster wichtiger Schritt, um dann zu einer Fachperson zu gehen, zum Beispiel zu einer spezialisierten ADHS-Psychotherapie. Eine "normale" Psychotherapie beinhaltet oft zu wenig konkrete Tools für ADHS oder erkennt die Ursache deiner Probleme gar nicht. Einige Symptome sind nämlich recht diffus und könnten auch durch andere Probleme verursacht werden, etwa durch hormonelle Störungen oder Erschöpfung.
Bekommst du dann die Diagnose ADHS, gibt es die Möglichkeit von Medikamenten. Mittel der Wahl ist Methylphenidat, das aktuellen Studien zufolge als sicher gilt, zwar leichte Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit und verminderten Appetit auslösen kann, aber keine schwerwiegende gesundheitlich Folgen haben soll. ADHS-Medikamente unterstützen den Präfrontalen Kortex, damit du dich einige Stunden lang gedanklich strukturieren und Impulse kontrollieren kannst. Aber: "Sobald die Wirkung nachlässt, sind die Symptome oft stärker wieder da als vorher", warnt Kopper.
Nachhaltiger wirken spezielle Trainings, die dauerhaft Strukturen im Gehirn aufbauen, um sich besser zu konzentrieren. Das geht zum Beispiel über Neurofeedback, Achtsamkeitstraining oder emotionales Regulationstraining.
Eine weitere Methode, die du auch im Alltag anwenden kannst, sind die Konzentrationsintervalle: Hier setzt du dir ein Zeitlimit von erst einmal 5 oder 10 Minuten, in dem du wirklich konzentriert arbeitest. Danach machst du 5 Minuten Pause, in denen du dich bewegst und Dampf ablässt. Danach geht es wieder von vorne los. Das hilft sowohl gegen das Abschweifen bei langweiligen Dingen als auch gegen den "Hyperfokus" bei deiner Leidenschaft.
Auch diese Bücher können Betroffenen weiterhelfen:
Die Diagnose ADS oder ADHS kann oft schon einen Stein vom Herzen fallen lassen: Du bist nicht "falsch" oder "verplant", sondern dein Gehirn braucht ein paar Extra-Kniffe im Alltag. Mit ihnen vermeidest du, zu viel auf einmal im Kopf zu haben. So kannst du das Potenzial viel besser ausschöpfen, das dein stürmisches Hirn bietet. Die beiden Experten haben dafür einige Tipps:
ADS oder ADHS ist nicht nur ein Problem, das du lösen und mit dem du leben musst. Im Gegenteil: "Mit einem guten Hilfesystem, das dem Alltag Struktur gibt, können Menschen mit ADHS unglaublich leistungsfähig, kreativ, einfühlsam und begeisterungsfähig sein", erklärt Dr. Engel.
Kein Wunder also, dass viele Berühmtheiten wie etwa Emma Watson, Lady Gaga oder Serena Williams zu den Schicksalsgefährtinnen gehören: Wenn sie eine Leidenschaft haben und ihr Umfeld sie unterstützen kann, können Menschen mit ADHS über sich hinauswachsen und Großes bewirken.
ADS und ADHS können ganz diffuse Probleme im Alltag bringen. Wenn du aber erstmal weißt, wie du dein Gehirn strukturieren und den Alltag bewältigen kannst, setzt du ganz viel Potenzial frei!
Mehr Infos zum Thema AD(H)S findest du hier.