In den vergangenen Jahren – während des jüngsten Running-Booms – war es kaum möglich, auf Instagram zu scrollen, ohne dabei Menschen zu sehen, die Woche für Woche Laufkilometer sammeln, als würden sie sich auf die Olympischen Spiele vorbereiten. Der "Sunday Long Run" ist längst ein fester Bestandteil der Social-Media-Kultur und irgendwie hat sich dabei das Gefühl eingeschlichen: Wenn du nicht mindestens 5 Kilometer läufst, zählt es nicht.
Wie wenig musst du laufen, damit dein Herz profitiert?
Die Annahme, dass man mindestens 5 Kilometer laufen müsse, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, sei ganz falsch, vor allem, wenn man gerade mit dem Joggen beginnt, erklärt Professor Dan Augustine, Kardiologe und medizinischer Direktor von Sports Cardiology UK. "Studien zeigen, dass Menschen, die auch nur 7 Minuten am Tag laufen, im Vergleich zu Nichtläufern ein geringeres Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben", erklärt er.
Regelmäßige kurze Läufe, so Augustine weiter, "können helfen, den Blutdruck besser zu kontrollieren, das Lipidprofil (also den Cholesterinspiegel) zu verbessern und außerdem psychologisch wirken – sie heben die Stimmung, fördern den Schlaf und stärken die Stressresistenz."
Wie helfen Micro Runs, die VO₂max zu verbessern?
Diese sogenannten Micro Runs, also Laufeinheiten zwischen 5 und 10 Minuten, können laut Augustine auch die VO₂max erhöhen, also die maximale Sauerstoffmenge, die der Körper während des Trainings nutzen kann, der Wert ist ein zuverlässiger Indikator für die kardiovaskuläre Fitness. Eine höhere VO₂max ist mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer höheren Lebenserwartung verbunden.
Mit anderen Worten: Je höher deine VO₂max, desto effizienter arbeiten Herz, Lunge und Muskeln bei der Sauerstoffversorgung, also der wichtigsten Energiequelle des Körpers. Selbst kleine Verbesserungen dieses Wertes können einen spürbaren Einfluss auf Gesundheit und Longevity, also Langlebigkeit, haben – und Micro Runs sind ein effektiver Weg dorthin.
"Wer gerade anfängt und beispielsweise 3- bis 5-mal pro Woche 10 Minuten läuft, wird innerhalb von 4 bis 6 Wochen Verbesserungen feststellen", sagt Augustine. "Entscheidend ist, eine Routine zu entwickeln." Danach könne man das Trainingsvolumen schrittweise steigern, um die VO₂max weiter zu verbessern.
Kurze, regelmäßige Läufe oder seltener längere Einheiten: Was wirkt besser?
Also: Ist es besser, regelmäßig kurze Läufe zu machen, anstatt bisweilen eine längere Einheit einzulegen? "Beides hat Vorteile, aber eine höhere Häufigkeit und regelmäßigere Läufe haben den Vorteil, dass sie den Stoffwechsel, den Blutdruck und die Gefäße (die Struktur der Blutgefäße) häufiger beeinflussen als ein einzelner längerer Lauf", erklärt Professor Augustine. Am Ende des Tages gilt: Wenn es um dein Kardiotraining geht, ist ein wenig immer besser als nichts. "Es geht darum, eine Gewohnheit aufzubauen, die dir Spaß macht", sagt Augustine.
Frauen in der Lebensmitte, einschließlich derjenigen, die sich in der (Peri-)Menopause befinden, können laut Professor Augustine besonders davon profitieren, Micro Runs in ihre Woche einzubauen. Zwar "muss es einen individuellen Ansatz geben, je nachdem, wie die Menopause die einzelne Person betrifft", erklärt er, "doch Micro Runs können für Menschen in den Wechseljahren auf verschiedene Weise nützlich sein – etwa beim Erhalt von Muskelmasse und Stoffwechsel sowie durch kardiovaskuläre Vorteile wie die Blutdruckkontrolle."
Es gibt außerdem die Überlegung, dass kleinere Laufdosen den Körper aufgrund der geringeren Belastung weniger stressen. "Micro Runs sind wahrscheinlich gelenk- und energiefreundlicher, was sie möglicherweise zu einer besseren Option für Menschen während hormoneller Schwankungen macht", sagt Professor Augustine.
Wie schnell sollten deine Micro Runs sein?
Am Anfang, sagt Professor Augustine, solltest du das Tempo vergessen. "Wenn du neu im Training bist, gehe es langsam und gleichmäßig an und steigere dich im Laufe der Zeit – es ist völlig in Ordnung, zu Beginn in einem gleichmäßigen, angenehmen Tempo zu laufen, bei dem du dich noch unterhalten kannst."
Mit der Zeit jedoch – wenn du deine Micro Runs noch effektiver für die Herzgesundheit machen möchtest – empfiehlt Professor Augustine, mit dem Tempo zu experimentieren. Nach einem Aufwärmen mit zügigem Gehen oder leichtem Joggen, und nur, wenn du dich wohl fühlst – vielleicht nach ein paar Wochen – "versuch, mit dem Tempo zu spielen, zum Beispiel 30 Sekunden etwas schneller, dann eine Minute locker." Er fügt hinzu: "Dein Training abwechslungsreich zu gestalten, hilft dir, motiviert zu bleiben und eine langfristige Gewohnheit aufzubauen."
Ein Mythos über Laufen und Herzgesundheit, von dem Professor Augustine sich wünscht, dass mehr Menschen ihn verstehen? "Wenn es keine 30 Minuten sind, zählt es nicht", sagt er. "Es gibt viele Belege, die darauf hindeuten, dass etwas besser ist als nichts, wenn es um deine Herz-Kreislauf-Gesundheit beim Laufen geht." Wenn du am Anfang deiner Trainingsreise stehst und Risikofaktoren hast – zum Beispiel Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte oder Diabetes –, rät Professor Augustine, vor dem Start möglicherweise zusätzlichen ärztlichen Rat einzuholen. "Wenn du über 40 Jahre alt bist, nutze den kostenlosen Herzgesundheits-Check, der in deiner Hausarztpraxis angeboten wird", fügt er hinzu.





