Du hast es sicher schon mal gehört: Im Volksmund gibt es schon lange den Spruch, jemand habe "Wasser in den Beinen". Und da ist tatsächlich etwas dran.
Wenn im Sommer bei Temperaturen über 30 Grad plötzlich Hosen und Schuhe nicht mehr passen wollen und du dich wie aufgebläht fühlst, können Wassereinlagerungen (Ödeme) die Ursache sein. Auch Schwangere kennen diese Symptome. Wie du auf natürliche Weise den Wasserhaushalt regulieren kannst, erklärt Venen-Experte Dr. Stefan Olbricht.
Was genau ist ein Ödem und wie entsteht es?
"Ein Ödem ist eine meist krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit im Zellzwischenraum des Körpergewebes", erklärt der Bielefelder Hautarzt und Phlebologe Stefan Olbrich.
Es muss aber nicht immer eine Erkrankung zugrundeliegen. "Milde Ödeme an Unterschenkeln können nach langem Stehen oder Sitzen oder bei Frauen als prämenstruelle Ödeme ohne krankhafte Bedeutung vorkommen", so der Experte.
Auch warme Temperaturen können dafür sorgen, dass der Körper mehr Wasser einlagert. "Die Hitze sorgt dafür, dass Wasser aus dem Lymph- und Blutsystem austritt und sich in anderen Bereichen des Körpers ansammelt", so Olbrich. Mögliche Folge: Hände, Füße oder Beine schwellen an oder werden besonders schwer. Daher hat dieses Phänomen auch seinen Namen: Ödem bedeutet Schwellung.

Woran erkenne ich Wassereinlagerungen?
Es gibt verschiedene Auswirkungen des Ödems. Erste Anzeichen für Wassereinlagerungen können sein:
- Schwellungen an den Fußrücken, Unterschenkeln, Knöcheln
- Oft begleitet von Spannungs- und Schweregefühl
- Schnürfurchen von Söckchen
- Dellenbildung in der Haut, z. B. nach Eindrücken mit dem Finger
- Zunehmend drückende Schuhe
- Nicht mehr passende Fingerringe
- Geschwollene Augenlider
Welche Ursachen können krankhafte Ödeme haben?
Es gibt zahlreiche Ursachen für krankhafte Ödeme. "Unterscheiden muss man jedoch zwischen lokalisierten, oft peripheren Ödemen und generalisierten, zentralen Ödemen", erklärt Olbrich. Während generalisierte Ödeme durch Erkrankungen innerer Organe entstehen (Nieren- oder Herzerkrankungen), werden lokalisierte Ödeme durch Venenerkankungen ausgelöst. "Diese sogenannten Phlebödeme stellen ein vermehrtes Austreten von Flüssigkeit aus krankhaft veränderten Venen in den Zellzwischenräumen dar."
Nicht krankhafte Ödeme können jedoch temporär auch ausgelöst werden durch:
- Hitze: Hitze kann unangenehme Wassereinlagerungen verursachen. "Hohe Temperaturen können dazu führen, dass sich Wasser im Gewebe sammelt", so Olbrich. Je wärmer es ist, desto mehr Wasser lagert sich an. "Ist der Körper dehydriert, hält das Gewebe nämlich Wasser zurück. Deshalb ist einer der wichtigsten Tipps gegen Ödeme auch, viel Wasser zu trinken", erklärt der Experte.
- Schilddrüsenunterfunktion: "Bei einer Schilddrüsenunterfunktion kann es zu einem sogenannten Myxödem besonders im Bereich der Unterschenkel kommen. Hierbei handelt es sich jedoch eher nicht um ein echtes Ödem durch Wassereinlagerung, sondern um eine eher teigige Konsistenzvermehrung der Haut, welche meist nicht dellbar ist", so Olbrich.
Übrigens: Es wird viel behauptet, dass Salz ebenfalls die Bildung von Ödemen begünstigt. Doch der Hautarzt gibt Entwarnung: "Salzzufuhr über die Ernährung spielt bei der Entstehung von Ödemen keine wesentliche Rolle."

Was hilft gegen Wassereinlagerungen?
Das Gute ist: Du kannst selbst etwas gegen das Ödem und seine Begleiterscheinungen tun. Das sind die 5 wirksamsten Tipps bei Wassereinlagerungen:
- Viel trinken: Obwohl es im ersten Moment vielleicht paradox erscheint: Wer mit Wassereinlagerungen zu kämpfen hat, sollte auf genügend Flüssigkeit achten. "Das liegt daran, dass der Körper für sämtliche Prozesse Flüssigkeit benötigt, zum Beispiel in den Zellen zum Ausspülen von Giftstoffen“, so Olbrich.
Mit einer Flasche Wasser in der Handtasche bist du also immer bestens ausgestattet. Auch Kräutertees können bei Ödemen helfen. Brennesseltee wirkt zum Beispiel entwässernd, aber auch Birkenblätter, Löwenzahn und Schachtelhalmkraut leisten Hilfe bei Ödemen. - Wechselduschen: Wenn die Hitze der Auslöser für das Ödem ist, gehst du am besten mit Kälte dagegen vor. Die kühlen Strahlen beim Duschen bewirken, dass sich die Gefäße zusammenziehen und das eingelagerte Wasser abtransportiert wird. "Der Temperaturwechsel bei Wechselduschen führt dazu, dass die Elastizität dieser Gefäße gefördert und der Prozess trainiert wird", erläutert unser Experte.
- Lein- und Koriandersamen: Die Samen fördern die Durchblutung und helfen so dem Körper zu entgiften. Sie wirken entzündungshemmend und können Schwellungen und Schmerzen lindern.
- Kalium: Kaliumreiche Lebensmittel wirken ebenfalls entwässernd, da das Mineral unseren Wasserhaushalt reguliert. Zu wenig davon löst im Körper Wassereinlagerungen aus. Deswegen ist es wichtig, dass du regelmäßig Kaliumlieferanten wie Trockenfrüchte, Banane, Melonen, Kartoffeln, Quinoa und Avocado in deine Ernährung einbaust.
- Regelmäßige Bewegung: Damit ist nicht gemeint, dass du jeden Tag ein superintensives Workout machen musst, um Wassereinlagerungen zu bekämpfen. Es geht darum, Bewegung regelmäßig in den Alltag zu integrieren, indem du zum Beispiel das Meiste zu Fuß erledigst oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fährst. Ausdauersportarten wie Radfahren, Joggen oder Walken sind am effektivsten.
Wann sollte ich mit Wassereinlagerungen zum Arzt?
Sobald du sie regelmäßig feststellst. "Ödeme sollten in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden, da, wenn auch selten, bedeutsame Erkrankungen innerer Organe dahinter stecken können", so Olbrich.
Normalisieren sich die Wassereinlagerungen also nicht bei angenehmen Temperaturen oder nehmen die Ödeme bei Hitze besonders starke Ausmaße an, solltest du dies auf jeden Fall von deinem Hausarzt oder einem Spezialisten für Venen- und Lympherkrankungen (Phlebologe, Lymphologe) checken lassen.

Warum entstehen Wassereinlagerungen in der Schwangerschaft?
Während der Schwangerschaft treten die Wassereinlagerungen bei den meisten Frauen zuerst an den Beinen auf. Nach einem langen Tag, an dem eine Schwangere viel gestanden oder gesessen hat oder einfach bei erhöhten Temperaturen im Sommer, kann es zu Schwellungen an den Unterschenkeln, Knöcheln und/oder Füßen kommen.
Im Laufe der Schwangerschaft können sich ebenfalls Ödeme in den Unterarmen, Händen oder im Gesicht bilden. Das führt dazu, dass sich alles geschwollen anfühlt und die Fingerringe zu eng werden.
Ursache für Ödeme in der Schwangerschaft sind die Hormone. Sie bewirken, dass sich die Blutgefäße weiten, elastischer und damit durchlässiger werden. In der Folge erhöht sich die Flüssigkeitsmenge, die aus dem Blut ins Bindegewebe fließt. Zudem lässt die Kraft der Wadenmuskelpumpe, die das Blut durch die Venen in den Oberkörper pumpt, im Laufe einer Schwangerschaft nach, was einen Flüssigkeitsaustritt in die umliegenden Gewebe begünstigt.
Ab wann sollten Schwangere mit Ödem zum Frauenarzt?
Bei fast allen werdenden Müttern kommt es im letzten Schwangerschaftsdrittel zu Wassereinlagerungen. Vor allem Unterschenkel und Füße schwellen an. Solange jedoch keine weiteren Beschwerden auftreten, sind die Ödeme zwar unangenehm, aber sowohl für Mutter als auch Kind nicht gefährlich.
Das ändert sich jedoch, wenn die Wassereinlagerungen verbunden mit hohem Blutdruck, erhöhten Eiweißwerten im Urin, Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen, Augenflimmern oder manchmal auch Schmerzen im Oberbauch auftreten. Dann könnte das Ödem auf eine Schwangerschaftsvergiftung zurückzuführen sein. Deshalb ist es sehr wichtig, als werdende Mutter regelmäßig alle Vorsorgetermine wahrzunehmen und dabei auch Wassereinlagerungen zu erwähnen.
Ödeme sind in Regel unangenehm aber harmlos. Versuche erste Anzeichen durch Wechselduschen, genügend Flüssigkeit und eine kaliumreiche Ernährung zu bekämpfen. Falls das vergebens ist, solltest du deinen Hausarzt aufsuchen. In der Schwangerschaft solltest du früh mit deiner Gynäkologin darüber sprechen.