Lässt Hafermilch Blutzucker ansteigen?

Hafermilch schlecht für Blutzucker?
Lässt Hafermilch deinen Blutzuckerspiegel wirklich krass ansteigen?

Veröffentlicht am 23.01.2025
Hafermilch Blutzucker
Foto: shutterstock.com/Katrinshine

Ein kleiner Skandal erschütterte kürzlich die heile Food-Bubble bei TikTok und Instagram: Die eigentlich so gesunde Hafermilch soll für einen rasanten Anstieg des Blutzuckerspiegels sorgen. Vor allem, wenn du deinen Kaffee mit Hafermilch am Morgen auf leeren Magen trinkst.

Das Wichtigste vorab: Reine Fake-News ist das Ganze nicht. Glucose-Tracker haben die "Wahrheit" ans Licht gebracht: Hafermilch lässt den Blutzuckerspiegel tatsächlich ansteigen und verursacht sogenannte Blutzuckerspitzen, auch Peaks genannt. Aber das Problem muss, wie immer, differenziert betrachtet werden. Und das tun wir.

Warum der Blutzucker-Peak so schlecht sein soll, was für Folgen er für deine Gesundheit haben kann und ob auch du die Milchalternative wechseln solltest, verraten wir dir hier.

Glucosesensoren schlagen bei Hafermilch Alarm

Zunächst zu den Glucose-Trackern: Wenn du denkst, solche Blutzuckermessgeräte sind doch nur für Diabetiker:innen sinnvoll, hast du grundsätzlich recht. Aber spätestens der neueste Health-Hype rund um Jessie Inchauspé @GlucoseGoddess zeigt: So einen Blutzuckersensor (auch CGM genannt für Continous Glucose Monitor) kann sich jede:r besorgen. Du klebst dir den Sensor einfach direkt auf die Haut, und er misst für einen bestimmten Zeitraum die Glucosewerte in deinem Unterhautfettgewebe. Der Sensor kann deine Blutzuckerkurve genauestens tracken und zeigt per App an, wie du auf einzelne Lebensmittel reagierst.

Wichtig: Es gibt keine generelle Vergleichbarkeit dieser Messdaten. Das gleiche Lebensmittel verursacht bei verschiedenen Personen nicht denselben Anstieg des Blutzuckerspiegels, jede Person reagiert individuell!

Hafermilch Blutzucker
shutterstock.com/Dragana Gordic

Viele User:innen haben auf zahlreichen Social-Media-Kanälen ihre eigenen Erfahrungen mit der Community geteilt. Nicht wenige sind daraufhin auf Alternativen wie Sojamilch umgestiegen. Verunsicherung macht sich breit. Wie ungesund ist Hafermilch denn jetzt wirklich?

Warum lässt Hafermilch den Blutzucker ansteigen?

Man könnte meinen, dass nur gesüßte Hafermilch den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Doch dem ist nicht so, denn auch die ungesüßte Variante führt zu Blutzuckerspitzen. Warum ist das so? Nicht der Zucker ist für den Peak verantwortlich, sondern der Hafer an sich – denn Hafer enthält von Natur aus Zucker in Form von Stärke.

Hafermilch besteht aus den beiden Grundzutaten Hafer (10 Prozent) und Wasser (90 Prozent). Hafer ist ein Getreide und Studien zufolge eine sehr gesunde Kohlenhydratquelle, vor allem aufgrund der enthaltenen Beta-Glucane.

Blutzucker-Peak Kuhmilch vs. Hafermilch:

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Kohlenhydrate bestehen aus Zucker-Bausteinen (wie der Einfachzucker Glucose) und lassen den Blutzuckerspiegel ansteigen – jedoch je nach Art unterschiedlich stark. Carbs sind nämlich nicht gleich Carbs: Die komplexen ("guten") Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten müssen im Körper erst zerlegt werden, daher steigt der Glucosewert nicht so schnell an und sackt auch hinter nicht rasant ab. Das wäre bei einfachen Kohlenhydraten (das sind die Bad-Boys) der Fall, wie sie in Süßigkeiten stecken. Die gilt es zu meiden, da sie unter anderem Heißhunger begünstigen.

Bei der Herstellung von Hafermilch wird ein Teil der Stärke im Hafer aber mithilfe von Enzymen bereits gespalten – sprich in Einfachzucker zerlegt, die dann direkt ins Blut gehen. Daher schmeckt Hafermilch auch süßer als Haferflocken. Das Problem hierbei: Eigentlich müsste unser Körper die Aufspaltung der Kohlenhydrate (Stärke) übernehmen, dann wäre die Blutzuckerspitze auch nicht so hoch. Zudem enthält Hafermilch nur wenig Eiweiß und Fett, welches die Peak "abpuffern" würde.

Übrigens: Mit dem glykämischen Index (GI) hat man versucht, ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel zu finden. Während Haferflocken mit 55 beispielsweise im mittleren Bereich (0 bis 100) liegen, lässt Hafermilch mit einem GI von 70 den Blutzuckerspiegel höher ansteigen.

Warum ist ein hoher Blutzuckerspiegel problematisch?

First things first: Dass dein Blutzucker im Laufe des Tages immer wieder an- und absteigt, ist im Grunde völlig normal. Alles, was du isst – vor allem kohlenhydratreiche Lebensmittel – spiegelt sich in deiner Blutzuckerkurve wider.

Die aufgespaltenen Zucker-Bausteine aus Reis, Pasta oder eben Hafermilch gelangen zunächst in den Blutkreislauf (Blutzuckerspiegel steigt). Daraufhin wird das Hormon Insulin ausgeschüttet und sorgt dafür, dass die Glucose aus dem Blut in die Zelle gelangt (Blutzuckerspiegel sinkt wieder) und als Energiequelle dort ankommt, wo sie direkt verbraucht wird (zum Beispiel in den Muskeln). Überschüssige Glucose wird in Form von Glykogen in Leber oder Muskulatur gespeichert. Sind die Speicher jedoch voll, lagern sich die Carbs in deinen Fettdepots ein.

Du machst dir oft über solche Food-Probleme Gedanken? Individuelle Ernährungspläne ganz ohne Tragen eines Glucosesensors gibt es beim Women's-Health-Ernährungscoaching!

Je höher dein Blutzucker ist, desto mehr Insulin schüttet deine Bauchspeicheldrüse aus. Nach dem rasanten Anstieg des Blutzuckers nach zu viel Glucose folgt zudem ein noch schnellerer Abstieg, der für Heißhunger und schlechte Laune sorgt. Wenn dein Blutzuckerspiegel ständig erhöht ist und es am Tag viele Peaks ("Blutzucker-Achterbahn") gibt, kann das zudem zu einer Insulinresistenz führen. Sprich: Es wird immer mehr und mehr Insulin ausgeschüttet, aber deine Zellen stumpfen ab und reagieren nicht mehr darauf. Das bringt deine Bauchspeicheldrüse an ihr Limit und Diabetes Typ 2 kann die Folge sein.

Darum ist es sinnvoll, deinen Blutzuckerspiegel möglichst stabil zu halten und Peaks zu vermeiden. Am zuverlässigsten funktioniert dies, wenn du deinen Blutzuckerspiegel trackst, zum Beispiel mithilfe einer App wie Hello Inside. Die App übermittelt dir über einen kleinen Sensor deine Glukosewerte in Echtzeit. Zudem liefert dir Hello Inside wertvolle, personalisierte Tipps, um deine Ernährungs- und Lebensgewohnheiten optimal anzupassen und somit Symptome wie Energielosigkeit, Heißhunger oder Stimmungsschwankungen zu lindern. Du wirst sehen: Schon kleine Anpassungen können Großes bewirken.

Ist ein niedriger Blutzucker besser?

Nein. Ein zu geringer Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) kann ebenso schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden haben. Bei so einer "Unterzuckerung" funktioniert das Gehirn nicht optimal, was zu Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Zittrigkeit, Verwirrtheit und Konzentrationsproblemen führen kann. In schweren Fällen kann dies sogar bis zur Bewusstlosigkeit führen.

Muss ich jetzt auf Hafermilch verzichten?

Nein, du musst überhaupt nichts – aber du kannst. Wie du – beziehungsweise dein Blutzuckerspiegel – auf Hafermilch reagiert, ist sehr individuell.

Wer es ganz genau wissen will, kann sich ein Glucosemessgerät zulegen. Versuche nur nicht zwanghaft, deine Blutzuckerkurve den ganzen Tag flach zu halten und informiere dich vorher über die richtige Handhabung, sonst sind die Werte sehr irreführend. Das nimmt dir den ganzen Spaß am Essen.

Sieh es viel mehr als eine Möglichkeit, deinen Körper noch mal auf eine ganz neue Art kennenzulernen und in Balance zu bringen. So kannst du ihn mit dem bestmöglichen "Treibstoff" versorgen, da du ganz genau weißt, was ihm guttut.

Wichtig: Ein stabiler Blutzuckerspiegel bedeutet nicht automatisch, dass du dich gesund ernährst! Denn auch stärkehaltiges Gemüse (wie Kartoffeln) sowie Obst lassen unter anderem den Glucosespiegel steigen. Und Obst und Gemüse solltest du auf gar keinen Fall aus deinem Speiseplan streichen.

So fällt die Hafermilch-Glukosespitze geringer aus

Wenn du weiterhin Hafermilch trinken möchtest, aber Bedenken wegen deines Blutzuckerspiegels hast, beachte folgenden Tipp: Trinke Hafermilch nicht direkt morgens auf nüchternen Magen. Egal, ob pur, im Müsli oder im Kaffee.

Iss davor ein möglichst eiweißreiches Frühstück und ein paar gesunde Fette, wie etwa ein Vollkornbrot mit Avocado und/oder Ei, Gemüse-Omelette, Naturjoghurt mit Haferflocken und Leinsamen. Das "puffert" den Peak ab und die Glukosespitze fällt nicht so extrem aus. Alternativ kannst du es mit ungesüßter Erbsen- oder Sojamilch versuchen, die günstiger für den Blutzucker sind, aber geschmacklich vielleicht nicht jedermanns Fall sind.

Fazit: Hafermilch lässt deinen Blutzuckerspiegel höher ansteigen als Kuh- oder Sojamilch

Das geschieht vor allem, wenn du sie auf nüchternen Magen trinkst! Das heißt aber nicht, dass du komplett darauf verzichten musst. Mit eiweißreichen Lebensmitteln oder Alternativen lässt sich der Effekt etwas ausgleichen.

Erwähnte Quellen:

Paudel, D. et al. (2021) Review of Health-Beneficial Properties of Oats. Foods. 2021 Oct 26;10(11):2591. doi: 10.3390/foods10112591, zuletzt abgerufen am 15.01.2025

Lee, S. et al. (2022) Insulin Resistance: From Mechanisms to Therapeutic Strategies.” Diabetes & metabolism journal vol. 46,1 (2022): 15-37. doi:10.4093/dmj.2021.0280, zuletzt abgerufen am 15.01.2025