Hüftmuskulatur trainieren und stärken: So geht's!

Hüfte dehnen und trainieren
Diesen Muskel solltest du dringend öfter trainieren – so easy geht's

Veröffentlicht am 29.05.2024
Nahaufnahme einer Frau bei der Übung Beinheben draussen
Foto: Shutterstock/Pearl PhotoPix

Über die Hüfte denken die meisten: Das ist vielleicht eine Baustelle von Oma und Opa, aber solange es rund läuft, braucht man sich keine Gedanken um das Gelenk zu machen. Weit gefehlt. "Jede zweite Frau und jeder dritte Mann über 60 haben Arthrose. Meist betrifft die Erkrankung das Knie, am zweithäufigsten das Hüftgelenk", heißt es beim Deutschen Zentrum für Orthopädie. Grund sind häufig jahrelange Fehlbelastungen.

In diesem Artikel erfährst du, wie du deine Hüfte mobilisierst, dem Verschleiß vorbeugst und mit den richtigen Hüft-Übungen sogar stärker in jeder Sportart und im Alltag wirst.

Warum sollte man schon in jungen Jahren die Hüfte trainieren?

Vielleicht hast du auch schon in jungen Jahren häufig Schmerzen im unteren Rücken oder spürst ein Ziehen im Unterbauch, der Leiste oder den Beinen? Womöglich hast du auch Knieprobleme, für die es keine richtige Erklärung gibt? Selbst wenn noch nichts ziept, lohnt es sich, die Hüftmuskulatur mal genauer ins Visier zu nehmen. Das gilt insbesondere, wenn du ein Baby bekommen hast, oder deine Bauchmuskulatur schwach ist, wenn du eine sitzende Tätigkeit ausübst oder regelmäßig eine bestimmte Sportart treibst. Vor allem Läuferinnen sollten sich angesprochen fühlen.

Aber auch, wenn du viel radelst oder im Gym für einen kräftigen, runden Po trainierst, ist deine Hüfte ein Thema, denn: Sobald ein Muskel beziehungsweise eine Muskelgruppe mehr leisten muss als ihre Gegenspieler, kommt es zu muskulären Dysbalancen. Oft bemerkt man diese Fehlhaltungen erst, wenn sich früher oder später schmerzhafte Verspannungen einstellen oder Verschleißerscheinungen auftreten.

Gleichzeitig macht dich Hüfttraining insgesamt beweglicher und leistungsfähiger. Du kannst beispielsweise deinen Laufstil verbessern, schneller werden und mehr Kraft mobilisieren. Dafür muss du gar nicht so viel tun, wie du jetzt vielleicht glaubst: Wenn du regelmäßig zum Yoga oder ins Fitness-Studio gehst oder zu Hause ohne Gewichte trainierst, machst du schon viel richtig. Denn diverse klassische Yoga- wie auch Kraftübungen schließen die Hüftmuskulatur bereits mit ein. Entscheidend ist aber das richtige Verhältnis aus Stärkung und Dehnung – je nachdem, wie stark oder abgeschwächt deine Hüftmuskeln sind. Schauen wir uns daher zunächst anatomisch an, wie die Hüfte genau funktioniert.

Anatomie der Hüfte: ein komplexes Zusammenspiel

Auch wenn man sie nicht ertasten kann (das, was du fühlst, sind die Hüftknochen), sind die beiden Hüftgelenke nach den Knien die zweitgrößten Gelenke des Körpers und verbinden das Becken jeweils mit einem Bein. Sie prägen das Gangbild, denn als Kugelgelenk ermöglicht das Hüftgelenk mithilfe einer Vielzahl von Muskeln dreidimensionale Bewegungen: Du kannst dein Bein nicht nur vor- oder zurückbewegen, sondern auch nach innen, außen oder seitlich rotieren.

Mehr als 25 Muskeln sind für Bewegungen im Hüftgelenk verantwortlich

Tatsächlich sorgen über zwei Dutzend Muskeln für einen sexy Hüftschwung: Die musst du dir auf keinen Fall alle merken. Hier kommt ein schneller Überblick, nur dass du es mal gehört hast, um zu verstehen, dass es sich durchaus lohnt, der Hüfte mehr Raum in deinem Training zu schenken.

Zur Hüftmuskulatur zählen:

  • Die 4 Gesäßmuskeln als äußere Hüftmuskulatur, welche die Hüfte beugen bzw. strecken: Musculus gluteus maximus, M. gluteus medius, M. gluteus minimus, M. tensor fasciae latae
  • Die 9 inneren Hüftmuskeln: Musculus iliacus, M. psoas major, M. psoas minor, M. obturatorius externus, M. obturatorius internus, M. gemellus superior, M. gemellus inferior, M. piriformis, M. quadratus femoris
  • Die 5 ventralen Oberschenkelmuskeln: der Musculus sartorius und die vier Anteile des Musculus quadriceps femoris: der Musculus rectus femoris, der M. vastus medialis, der M. vastus lateralis und der M. vastus intermedius
  • Die ischiokrurale Muskulatur, bestehend aus 3 Muskeln, die eine Extension im Hüftgelenk bewirken: der Musculus biceps femoris, M. semimembranosus und der M. semitendinosus.
  • Die Adduktorengruppe, bestehend aus 6 medial liegenden Oberschenkelmuskeln: Musculus adductor magnus, M. adductor longus, M. adductor brevis, M. adductor minimus, M. gracilis, M. pectineus
Abbildung des Beckens mit den Muskeln der Hüfte.
Shutterstock/Sebastian Kaulitzki

Bei so vielen zusammenspielenden Muskeln wird deutlich, wie wichtig ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis ist. Und: Dieses beschränkt sich nicht einmal auf die riesige Hüftmuskelgruppe. Das Becken stellt das Körperzentrum dar und hier wirken alle Kräfte aufeinander: Ist die Bauchmuskulatur zu schwach und der Hüftbeuger beispielsweise durch platt gesessene Po-Muskeln verkürzt, kippt das Becken nach vorn. Die Streckung der Hüfte wird erschwert, was sich ebenfalls negativ auf den unteren Rücken und die Beine auswirkt. Eine Studie empfiehlt gerade Frauen Übungen zur Stärkung der Hüftstrecker und Hüftabduktoren: Die Studienteilnehmerinnen konnten dadurch deutlich und innerhalb kurzer Zeit Schmerzen im unteren Rücken lindern.

Damit alles rund läuft, musst du nicht nur die Hüftbeuger und Hüftstrecker mobilisieren, sondern auch Bauch, Gesäß sowie den unteren Rücken stärken. Selbst dein Beckenboden arbeitet mit. Allerdings ist auch ein Sixpack kein Garant für eine geschmeidige Hüfte. Alles spielt zusammen. Jetzt gilt es zu schauen, wie du dieses komplexe Zusammenspiel unterstützt.

Wie lässt sich die Hüfte gezielt trainieren?

Damit es gar nicht erst zu den oben beschriebenen Problemen im Zusammenspiel mit der Hüfte kommt, solltest du in erster Linie öfter aufstehen! Vermeide zu langes Sitzen. Neben Übungen für den Core und für die Beinrückseite solltest du die Übungen, die wir dir im Folgenden vorstellen, 3-mal pro Woche in deine Routine einbauen.

Kraftübungen, mit denen du ganz neben deine Hüftmuskulatur trainierst

Baue die folgenden 4 Übungen 2- bis 3-mal pro Woche in dein Krafttraining ein oder übe in der Mittagspause: Für diese Kräftigung brauchst du keinerlei Equipment! Vielleicht machst du auch schon Vorbeugen. Dann sorge für Abwechslung und achte darauf, dass Vorder- und Rückseite gut zusammenarbeiten.

1. Einbeinige Vorbeuge

Die Vorbeuge, oder auch Standwaage, trainiert nicht nur deine Hüftmuskulatur, sondern auch den unteren Rücken und die Beinrückseite. Ganz nebenbei forderst du auch noch deine Balance und deine tief liegenden Bauchmuskeln heraus. Fortgeschrittene machen Kreuzheben mit Lang- oder Kurzhanteln und Profis einbeiniges Kreuzheben.

2. Clamshell (Muschel)

Verwende für die Clamshell gern ein Widerstandsband und fokussiere dich auf die Innenseite deiner Oberschenkel, aber auch Bauch und Po sind hier fest und werden getriggert.

3. Einbeiniges Hüftheben

Auch hier kommt neben der Hüftmuskulatur deine Rückseite zum Einsatz: Ideal, wenn du viel sitzt. Wer mehr will, macht die Übung erhöht.

4. Kniende Rückbeuge

Diese anspruchsvolle Übung sieht einfacher aus, als sie ist. Achte auf eine gute Körperspannung und geh nur so weit nach hinten, wie es sich für dich okay im unteren Rücken anfühlt. Du stärkst hiermit den gesamten Rumpf und dehnst gleichzeitig deine Hüftbeuger.

Das ideale Hüft-Stretching

Neben der Kräftigung musst du deine Hüftmuskulatur mobilisieren, also beweglich halten. Wie erwähnt, sind bei den meisten Menschen durch häufiges Sitzen die Hüftbeuger verkürzt. Andere können die Hüfte nicht gut öffnen, spüren dabei sogar ein Knacken, und bei manchen ist die Körperrückseite sehr verspannt. Diese 4 Übungen sorgen für Abhilfe:

1. Hüftbeuger dehnen

Diese Übung solltest du wirklich täglich machen, wenn du viel sitzt. Wer mehr Stretch will, hebt die Arme ausgestreckt über den Kopf und beugt sich noch ein Stück weiter nach hinten.

Frau dehnt ihren Hüftbeuger im tiefen Ausfallschritt
Shutterstock/Renata P.

2. Bester Stretch der Welt

Nicht umsonst ist das der offizielle Übungsname: Diese eine Übung dehnt den ganzen Körper – auch den Hüftbeuger.

3. Stehender Halbmond

Yoginis kennen die Übung bereits und wissen um die angenehme Dehnung in der Leistengegend.

4. Gesäßdehnung

Löse die Verspannung im unteren Rücken und Gesäß mit dieser einfachen Dehnübung.

Welcher Sport ist gut für die Hüfte?

Die Mischung macht's: Du weißt jetzt, dass Bauch, unterer Rücken, Beinvorder- und Rückseite sich muskulär auf die Hüftmobilität auswirken. Vorne neigen wir als Vielsitzende zu Verkürzungen und hinten zu abgeschwächter Muskulatur. Dementsprechend positiv begünstigen Yoga, Pilates und Faszientraining die Mobilisierung des Hüftbeugers, während Krafttraining die Rückseite stärkt. Konkret: Kreuzheben, aber auch Kniebeugen und Ausfallschritte.

Sportarten, bei denen viel Bewegung und Hüftschwung im Spiel ist, etwa Hula-Hoop, Tanzen, Schwimmen oder Fußball spielen, sorgen dafür, dass die Gelenkflüssigkeit die Hüftgelenke immer wieder mit Nährstoffen versorgt und auf diese Weise fit und agil hält. Sorge also möglichst für Abwechslung und den nötigen Ausgleich. Lass das beliebte Po-Training für ein pralles Gesäß zugunsten eines Beweglichkeitstrainings mal sausen und beachte, dass du die Gegenspieler gleichermaßen trainierst. Zusätzlich dehnst du am besten täglich deine Hüftbeuger.

Kann ich meine Hüfte breiter oder schmaler trainieren?

Selbst wenn dir einige Frauenmagazine verkaufen wollen, dass du mit Training deine Hüfte breiter oder schmaler zaubern kannst, müssen wir dich leider enttäuschen: Auf den Abstand deiner Hüftknochen hast du keinen Einfluss, denn das Becken ist knöchern. Da bei Frauen ein Kind durchpassen soll, haben wir ein breiteres Becken als Männer.

Was du sehr wohl tun kannst, ist, Hüftspeck wegtrainieren, für einen flachen Bauch sowie ein pralles Gesäß schwitzen und die Ernährung entsprechend streng anpassen. Dadurch kommt die typisch weibliche Sanduhrenfigur mehr zur Geltung. Ob das erstrebenswert ist, muss jede selbst entscheiden. Wir sagen: Es ist schwer, ganz gezielt an einer Stelle Körperfett abzubauen. Der Körper baut insgesamt Körperfett ab, gerne auch im Gesicht oder an den Brüsten, sobald du dich über längere Zeit in einem Kaloriendefizit befindest. Mach Sport lieber aus Freude und deiner Gesundheit zuliebe und weniger für fragwürdige Schönheitsideale!

Fazit: Hüfttraining ist völlig unterschätzt

Nicht nur Tänzerinnen oder Fußballerinnen sollten an ihrer zentralen Mobilität arbeiten, sondern jede von uns. Denn eine Dysbalance der Hüftmuskulatur beziehunsgweise der umgebenden Strukturen führt häufig zu Rückenschmerzen und Kniebeschwerden. Außerdem sinkt mit dem richtigen Training das Risiko, im Alter ernsthafte Hüftprobleme zu bekommen.

Trainiere regelmäßig deine Hüfte, das kann nur gut sein. Passende Übungen findest du hier im Artikel, einige kennst du bestimmt schon aus dem Yoga oder Kraftsport, insofern musst du deine Workout-Routine vielleicht nur minimal um ein paar Übungen ergänzen und dich täglich dehnen.

Erwähnte Quellen:

Beomryong, Kim; Jongeun, Yim (2020): Core Stability and Hip Exercises Improve Physical Function and Activity in Patients with Non-Specific Low Back Pain: A Randomized Controlled Trial. In: The Tohoku Journal of Experimental Medicine. URL: https://www.jstage.jst.go.jp/article/tjem/251/3/251_193/_article/-char/en, zuletzt abgerufen am 08.05.2024.