Wir lieben Yoga, aber in den heißen Sommermonaten haben wir einfach keine Lust im stickigen Studio zu schwitzen. Die einfachste Lösung: den Sonnengruß nach draußen verlegen und der Sonne wirklich mal kurz zuwinken. Wasseraffine Yogis gehen noch einen Schritt weiter und machen ihre Yogapraxis einfach genau da, wo sie sich im Sommer sowieso am liebsten aufhalten: am Wasser. Genauer gesagt, auf dem Wasser.
Sie sind schon froh, wenn Sie Yogaposen auf festem Untergrund halten können? Keine Sorge, wer auf einem Bein stehen kann, wird auch eine Yogastunde auf dem Wasser trocken überstehen. „Das kann wirklich jeder“, sagt SUP-Yoga-Lehrer Julian Bube aus Hamburg. „Es wäre natürlich gut, wenn Sie schwimmen können – nur für den Fall.“
5 Gründe, warum Sie Stand up Paddle Yoga ausprobieren sollten

1. SUP-Yoga trainiert die Tiefenmuskulatur
Yoga auf dem Wasser fordert vor allem die Rumpfmuskulatur. Durch das schaukelnde Board werden viele zusätzliche kleine Muskeln aktiviert, die bei normalem Yoga auf festem Untergrund keine Rolle spielen: „Es werden viele tieferliegende Muskeln angesprochen, die wir nicht bewusst ansteuern, sondern die nur zum Einsatz kommen, wenn wir auf dem Board versuchen die Balance zu halten, um nicht ins Wasser zu fallen“, sagt SUP-Yogi Bube. „Zum Beispiel trainiert SUP-Yoga die sogenannten Musculi Multifidi, die entlang der Wirbelsäule verlaufen.“ Diese kleinen Rückenmuskeln verbinden die einzelnen Wirbelkörper und stabilisieren so die Wirbelsäule. Deshalb stärkt Yoga auf dem wackligen Untergrund den Haltungsapparat und verbessert die Körperhaltung.
2. SUP-Yoga schult die Balance und Koordination
Auch wenn die Stand up Paddle-Boards fürs Yoga etwas breiter sind, dadurch stabiler auf dem Wasser liegen und das rutschfeste Obermaterial etwas Halt gibt, ist der instabile Untergrund eine herausfordernder Balanceakt. Jeder Ihrer Bewegungen wirkt sich auf das Board aus. Wenn sie vom herabschauenden Hund in den Low Lunge kommen und einen Fuß zwischen die aufgestützten Hände setzen, bewegt sich das Board einige Zentimeter nach vorne. Dadurch erfordern besonders die Übergänge von einer Position in die nächste erhöhte Aufmerksamkeit und Balance.
3. SUP-Yoga verbessert die Konzentration
„Jetzt bloß nicht ins Wasser fallen!“ Das ist anfangs der einzige Gedanke, der Ihnen beim SUP-Yoga durch den Kopf geht. Sie konzentrieren sich nur noch darauf nicht abzurutschen und ins Wasser zu fallen. Das vertreibt ganz automatisch alle Alltagssorgen und jeden Gedanken die To-Do-List aus Ihrem Kopf.
4. SUP-Yoga bringt Sie raus in die Natur
„Das Besondere am SUP-Yoga ist, dass Sie auf dem Board selbst dem Trubel einer Großstadt entkommen und sich mit der Natur verbunden fühlen können“, sagt Bube. Egal ob Sie auf einem Fluss oder See paddeln, auf dem Wasserweg erreichen Sie Orte, die sonst nicht zugänglich sind und erleben Ihre Umgebung aus einer ganz neuen Perspektive. Es macht einen großen Unterschied, ob Sie beim herabschauenden Hund durch Ihre Beine die Wand des Yogastudios oder Wasser, Bäume und das Ufer in der Ferne sehen.

5. SUP-Yoga stoppt das Leistungsdenken
Was sie beim Yoga auf dem Wasser sofort abschalten müssen, sind Ihre Erwartungen an sich selbst und die perfekte Ausführung der Yogaposen. „Um die Asanas auf dem Wasser machen zu können, müssen Sie sich immer wieder ausbalancieren und in sich hineinführen. Zu hoher Ehrgeiz und Perfektionismus sind da völlig fehl am Platz“, sagt SUP-Yoga-Lehrer Bube. Stattdessen erinnert uns Yoga auf dem wackligen Board daran, dass Yoga auf einfach mal nur Spaß machen darf.
So fühlt sich das erste Mal SUP-Yoga an
Unsere Fitness-Autorin hat den Funsport-Trend ausprobiert:
"Mein erstes Mal SUP-Yoga ist auch mein erstes Mal Stand up Paddling. Nach einer kurzen Einführung in die SUP-Technik am Steg des Supper Clubs, geht es auch schon ab aufs Board und wir paddeln raus auf den Isebekkanal. Mein erster Gedanke: Ganz schön wacklig. Aber mit jedem Paddelschlag werde ich sicherer und bekomme ein besseres Gefühl für das Board.
Ich bin an der Nordsee aufgewachsen, das Meer, Seen und Flüsse hatte schon immer eine beruhigende Wirkung auf mich – auch jetzt, während wir am frühen Samstagmorgen die kleinen Kanäle entlangpaddeln und den Lärm der Stadt hinter uns lassen.
Am Ziel angekommen, binden wir alle Boards mit einem Seil aneinander, damit wir bei den folgenden Yogaübungen nicht zu weit auseinander treiben.
Wir starten die Yogaeinheit im Sitzen. Der Sweetspot in der Mitte des Boards ist der stabilste Platz – hier ist alles safe und ich kann nicht runterfallen. Die Wasseroberfläche ist spiegelglatt, die ersten Sonnenstrahlen liegen sanft auf der Haut und die Geräusche, die die morgendliche Stille durchbrechen, kommen aus weiter Ferne.
Als wir in den ersten herabschauenden Hund kommen, geraten unsere Boards ins Wanken – das fühlt sich ganz anders an als im Studio. Ich merke wie ich mich ganz automatisch langsamer, bewusster bewege und besonders die Übergänge von einer Haltung in die nächste mehr Achtsamkeit erfordern als gewohnt. Asanas, die auf festem Untergrund gar kein Problem sind, werden auf dem Board zur richtigen Herausforderung – noch nie war der Krieger 2 so anstrengend!
Ich muss mich konzentrieren, um die Balance nicht zu verlieren. Die Posen sind zwar nicht perfekt, aber obwohl ich zum ersten Mal auf dem Board stehe, fall ich nicht ins Wasser und komme tatsächlich in einen richtigen Flow, bei dem ich alles andere vergesse.
Im abschließenden Shavasana gluckst das Wasser leicht gegen das Board, lässt es sanft schaukeln und mich richtig loslassen. Als ich die Augen öffne schwimmt eine Entenfamilie an uns vorbei."
6 Yogaübungen auf dem SUP-Board
Um Yoga zu machen, muss man nicht beweglich sein. Im Gegenteil: Yoga verbessert die Beweglichkeit. Trotzdem werden Yogastunden im Studio oft zu einem heimlichen Wettbewerb. Schuld ist das Leistungsdenken, das unseren Alltag bestimmt. Wir alle wollen immer höher, schneller, weiter – und im Yogakurs eben Rockstar, Brücke, Kopfstand. Nur vergessen wird dabei, worum es wirklich geht: Sich selbst zu spüren. Auf dem Wasser kann man sich diesen Leistungsdruck nicht leisten. Wer zu viel will und nicht genau auf den eigenen Körper hört, landet schnell im Wasser. „Die Herausforderung vieler Yogaposen potenziert sich auf dem Brett“, sagt SUP-Yoga-Lehrer Bube. Diese 6 Haltungen können ihre innere Einstellung beim Yoga üben komplett ändern:
Level 1: Kindhaltung und Katze und Kuh
Für den Einstieg empfiehlt Bube sitzende oder kniende Haltungen auf dem SUP-Board. So bekommen Sie ein Gefühl dafür wie das Board auf dem Wasser liegt und finden eine stabile Basis. Die Kindhaltung erdet Sie auf dem Brett, mit Katze und Kuh beginnen Sie langsam die Wirbelsäule zu mobilisieren und merken wie sich kleine Bewegungen auf dem Wasser auswirken.

Level 2: Krieger 2 und Baum
Stehende Posen wie der Krieger 2 sind auf dem Wasser schon eine richtige Herausforderung und viel schwieriger als Sie es von Ihrer gewohnten Yogasession kennen. Bewegen Sie sich langsam und versuchen das Wackeln des Boards auszubalancieren.
Level 3: Brücke und Krähe
Profi-Moves, die schon an Land viel Körperspannung und Balance erfordern, enden beim SUP-Yoga schnell mal im Wasser, wenn Sie das Gewicht nicht gleichmäßig auf dem Board verteilen.
Fazit
Stand up Paddle Yoga ist eine toller Yogatrend für den Sommer, der frischen Wind in Ihre Yogaroutine bringt, entschleunigt und daran erinnert, warum wir überhaupt Yoga machen. Wichtig: Wer noch nie zuvor auf einem Stand up Paddle Board stand, sollte sich die SUP-Technik zuvor von einem Trainer zeigen lassen. Beim Yoga auf dem Brett heißt es dann: langsam ausprobieren, den Körper aufmerksam beobachten und nicht zu schnell zu viel wollen. Sie sind immer noch unschlüssig, ob Sie den Balanceakt wagen sollen? Keine Sorge. Das Schlimmste, was Ihnen beim SUP-Yoga passieren kann, ist, dass sie ins Wasser fallen – auch irgendwie beruhigend.