In Deutschland wird allmorgendlich gesprüht, gerollt, gecremt und getupft was das Zeug hält. Schließlich will keiner unter den Achseln schwitzen und müffeln schon gar nicht. Laut einer Umfrage auf WomensHealth.de benutzen 93 Prozent der Frauen täglich ein Deo oder Antitranspirant. Letzteres allerdings nur noch ungern. Die Diskussion um Aluminiumverbindungen in den Produkten hat Viele verunsichert. Brustkrebs sollen die Alu-Deos offenbar auslösen und der Begriff Alzheimer taucht immer wieder auf. 25 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen sagen, dass sie die Diskussion beunruhigt und 37 Prozent gaben an, aufgrund der unklaren Faktenlage erst einmal auf aluminiumfreie Deos umgestiegen zu sein. Zurecht? Wir haben nachrecherchiert.
In diesem Beitrag:
Der Unterschied zwischen Deos und Antitranspirantien
Die Verunsicherung wächst, schließlich gibt es bislang keine wirklich gute Alternative zu den aluminiumhaltigen Antitranspirantien – jedenfalls nicht, wenn man den Tag mit trockenen Achseln überstehen will. Wo aber genau liegt der Unterschied zwischen Deo und Antitranspirant? Was Viele nämlich nicht wissen: 'Antitranspirant' ist nicht bloß ein Synonym für 'Deo'. Christiane Bayerl ist Dermatologin an der Wilhelm-Fresenius-Klinik in Wiesbaden und erklärt den Unterschied: "Ein Deo überdeckt lediglich den unangenehmen Geruch, reduziert jedoch nicht die Menge des Schweißes. Ein Antitranspirant dagegen vermindert die Schweißbildung um bis zu 70 Prozent, indem es die Drüsengänge vorübergehend schließt". Und für dieses Verschließen sind nun einmal die Aluminiumverbindungen unerlässlich.
2014 hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Reihe von Experten beauftragt, die Studienlage zu Aluminium und dessen Auswirkungen auf die Gesundheit zu untersuchen. Im Protokolltext von 2014 heißt es "Anhand der vorliegenden Datenlage kann derzeit ein Kausalzusammenhang zwischen der Entstehung von Brustkrebs und der Verwendung von aluminiumhaltigen Deodorantien und Antitranspirantien nicht nachvollzogen werden. Trotzdem sind vorhandene Hinweise ernst zu nehmen". Nach Entwarnung klingt das leider nicht.
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Die aktuelle Studienlage zu Antitranspirantien
Und die neueste Studie zum Thema, die gerade von der Universität Genf im 'International Journal of Cancer' veröffentlicht wurde, erhärtet dieses ungute Gefühl. Bei Versuchen mit Mäusen hatte man festgestellt, dass eine Aluminiumkonzentration, wie sie in menschlichen Brustdrüsen gemessen wird, zu Krebs führte. Die Brustzellen der Versuchstiere reagierten mit aggressiven Tumoren, die zahlreiche Metastasen bildeten. Dass Brustkrebs irgendwie im Zusammenhang stehen könnte mit dem Aluminium, dass wir da täglich auf unsere Achseln schmieren, darüber rätseln Wissenschaftler schon lange. Naheliegend ist die These schon allein deshalb, weil unsere Achseln nun einmal ziemlich dicht an unserem Brustgewebe sitzen. Und auch die Kosmetikwissenschaftlerin und Dozentin an der Uni Hamburg, Dr. Meike Streker, gibt zu bedenken: "Die Mediziner tappen bei diesem Thema weitestgehend im Dunkeln. Es ist allerdings ratsam Antitranspirantien mit Bedacht zu verwenden." Was aber genau heißt das in der Praxis?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) jedenfalls empfiehlt, Deos mit Aluminiumverbindungen nicht auf gereizte oder verletzte Haut aufzutragen, um es dem Aluminium auf seinem Weg in den Körper nicht noch einfacher zu machen. "Das ist auch absolut sinnvoll, denn durch das Rasieren der Achseln entstehen jedesmal Mikroverletzungen, die man mit bloßem Auge gar nicht sieht", erklärt Dr. Meike Streker. Fanzösische Forscher hatten 2012 nachweisen können, dass die Aufnahme von Aluminium auf rasierten Achseln etwa 10-mal höher ist als normalerweise. Ergo: "Am besten 24 Stunden nach der Rasur warten, bevor man ein Antitranspirant aufträgt", sagt die Kosmetikwissenschaftlerin.

Aber was tun Menschen, die extrem stark schwitzen?
Wer unter krankhaftem Schwitzen (einer sogenannten Hyperhidrose) leidet und auf die Wirkung von aluminiumhaltigen Antitranspirantien so gar nicht verzichten mag, der sollte laut Dr. Streker Folgendes beachten: "Das Antitranspirant am besten vor dem Schlafengehen auftragen, da die Haut in der Nacht am aufnahmefähigsten ist. Meist tritt schon nach 2 bis 5 Tagen der nächtlichen Anwendung eine Besserung auf. Danach sollte das Antitranspirant aber nur noch bei Bedarf verwendet werden." Gibt es keine wirksame Alternative zu aluminiumhaltigen Deos? Die Antwort lautet: Nein. "Leider gibt es bislang keine Alternative, die ohne Aluminium auskommt und trotzdem das Schwitzen eindämmt", sagt Dr. Meike Streker.
Wo steckt Aluminium eigentlich noch drin?
Dass Antitranspirantien Aluminium enthalten, ist den Meisten bekannt. Dass aber auch in Lippenstifte, Lidschatten, Sonnencreme oder auch Zahnpasta Aluminium steckt, wissen die Wenigsten. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit unsere Haut das Aluminium aufnimmt. Denn wenn ein Deo in der Achsel schädlich sein soll, warum dann nicht auch aluminiumhaltige Kosmetik auf der restlichen Haut? Laut der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gibt es immerhin eine "tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge von 1 Milligramm Aluminium je Kilogramm Körpergewicht". Ein Rechenbeispiel: Wer ein Antitranspirant verwendet, nimmt durchschnittlich 10,5 Mikrogramm Aluminium durch die Haut auf. Ist die Haut verletzt (zum Beispiel durch die Rasur), steigt der Wert noch einmal an. Für einen 60 kg schweren Erwachsenen wären aber laut EFSA lediglich 8,6 Mikrogramm Aluminium pro Tag zulässig. Damit würde allein das Aluminium-Deo die tägliche Bilanz sprengen – ohne dass das Aluminium aus Zahnpasta, Trinkwasser & Co. schon berücksichtigt wäre.
Aber ist Schwitzen nicht notwendig?
Bei all der Diskussion rund um Deos und Antitranspirantien bleibt die Frage: Ist es überhaupt gesund, das Schwitzen mit aller Gewalt unterbinden zu wollen? Werden da nicht vielleicht sogar Giftstoffe im Körper angestaut, die eigentlich mit dem Schweiß abfließen müssten? "Der Mensch schwitzt, um seine Körpertemperatur zu regulieren", erklärt Dr. Streker, "Mit Giftstoffen hat das nichts zu tun. Außerdem sucht sich der Schweiß einfach andere Wege, wenn das Aluminium wie ein Pfropfen die Schweißdrüsen der Achselhöhle verstopft. Das hat man vor allem bei Patienten beobachten können, die sich die Schweißdrüsen unter den Achseln haben veröden lassen."
Die Entscheidung, ob mit oder ohne Aluminium, muss letztlich jeder für sich selbst treffen. Und solange die Wissenschaft keine eindeutigen Fakten liefert, bleibt leider die Ungewissheit.