Hast du dich schonmal gefragt, wie du länger schwimmen, laufen oder radfahren kannst? Oder wie du im Gym mehr Wiederholungen einer Übung schaffst? Oder willst du einfach Alltagsaufgaben wie das Tragen schwerer Einkaufstaschen leichter meistern? Dann solltest du deine Muskelausdauer trainieren.
Dabei geht es um die Frage, wie dein Körper in der Lage ist, über längere Zeit eine wiederholte Belastung durchzuhalten – und welche langfristigen Vorteile das mit sich bringt. Wie Adam Sinicki in Functional Training and Beyond erklärt: "In den meisten Situationen ist es viel nützlicher, über eine gewisse Zeit Kraft ausüben zu können, anstatt deine gesamte Kraft nur zehn Sekunden lang einzusetzen."
Hier erfährst du, was Muskelausdauer genau bedeutet, warum sie wichtig ist und wie du mit einem Workout von Zach Schmidt, Senior Personal Trainer bei Ultimate Performance, deine eigene Ausdauer steigern kannst.
Was ist die Definition von Muskelausdauer?
Muskelausdauer beschreibt die Fähigkeit deines Körpers, einen Muskel oder eine Muskelgruppe über längere Zeit wiederholt anzuspannen, also Kraft gegen Widerstand aufzubringen.
Deine Muskeln bestehen aus drei Typen von Fasern, die sich danach unterscheiden, wie schnell sie Adenosintriphosphat (ATP) (das wichtigste Energieträgermolekül im Körper) produzieren.
- Laut Schmidt sind Typ-I-Fasern ("slow-twitch") kleinere, tief im Körper liegende Muskeln, die durch aerobe Energiegewinnung (mit Sauerstoff) arbeiten. Sie ermüden kaum und sind entscheidend für Muskelausdauer.
- Typ-IIA-Fasern ("fast-twitch") sind große Muskeln näher an der Körperoberfläche. Sie können sowohl aerob als auch anaerob Energie produzieren. Sie sind besonders effektiv für Kraft und Power – ermüden aber schnell, was ihre Ausdauerleistung einschränkt.
- Typ-IIB-Fasern kontrahieren am schnellsten und sind am kraftvollsten, arbeiten jedoch hauptsächlich anaerob und ermüden am schnellsten.
Muskelausdauer bedeutet also, besonders die Typ-I-Fasern zu trainieren. "Während du für ein einmaliges sehr schweres Bankdrücken viel Kraft brauchst, erfordert ein Marathonlauf eine hohe Muskelausdauer", erklärt Schmidt.
Warum ist Muskelausdauer wichtig?
Das Training der Muskelausdauer hat zahlreiche Vorteile für die Gesundheit. Laut dem American Council on Exercise (ACE) ist sie wichtig, um eine gute Haltung über längere Zeit zu bewahren, die aerobe Kapazität deiner Muskeln zu verbessern (also wie effizient Herz und Lunge Sauerstoff bereitstellen), und um Alltagsbewegungen leichter zu bewältigen.
Die Vorteile von Muskelausdauertraining
Lass uns ganz konkret werden. Diese Punkte sprechen für regelmäßiges Trainieren der Muskelausdauer:
1. Muskelausdauer brauchst du bei Sportarten, die lang anhaltende Energie erfordern
Muskelausdauer ist nicht nur für Marathonläuferinnen entscheidend. Auch Fußballerinnen, Volleyballerinnen oder Skilangläuferinnen profitieren. Eine Studie in Frontiers in Psychology zeigte, dass Langläuferinnen, die ein spezielles Training zur Verbesserung der Muskelausdauer im Oberkörper absolvierten, ihre Leistung beim Doppelstockschub verbesserten, einer der grundlegenden klassischen Techniken des Langlaufs, bei der sich die Skifahrerinnen vorwärts bewegen, indem sie beide Stöcke in den Boden stechen und sich darauf abstützen.
"Jede Sportart, bei der du über einen längeren Zeitraum Energie aufwenden musst, insbesondere solche, bei denen du viel läufst und deine Unterkörpermuskulatur häufig kontrahiert, erfordert eine gute Muskelausdauer", sagt Schmidt.
2. Muskelausdauer verbessert die Funktion bei alltäglichen Aufgaben
"Bei fast allen alltäglichen Aktivitäten, sei es Treppensteigen, mit den Kindern im Garten spielen, Einkäufe tragen, schwere Gegenstände bewegen oder auch nur ein mittlerer oder langer Spaziergang, benötigen wir ein gewisses Maß an Muskelausdauer, um diese einfachen Dinge tun zu können", erklärt Schmidt. "Je besser deine Muskelausdauer und deine aerobe Kapazität sind, desto besser kannst du diese Dinge tun, ohne zu ermüden."
Eine Studie bestätigt dies und kommt zu dem Ergebnis, dass die Muskelausdauer älterer Erwachsener, gemessen anhand der Beinkraft bei 30 Wiederholungen, ein Indikator für potenzielle Mobilitätseinschränkungen ist.
3. Sie unterstützt eine gute Körperhaltung
Die tiefer liegenden Muskeln im Körper, die uns helfen, ohne große Anstrengung eine gute Körperhaltung beizubehalten, sind in der Regel langsam zuckende Typ-I-Muskeln (die du während des Ausdauertrainings trainierst), sagt Schmidt. "Sie 'spüren' die Position unseres Körpers und kommunizieren mit dem Gehirn, um Anpassungen vorzunehmen", erklärt er.
Wenn deine Typ-I-Muskeln nicht stark genug sind, um den ganzen Tag über eine gute Körperhaltung zu unterstützen, müssen deine Typ-II-Fasern einspringen und die Körperhaltung aufrechterhalten. Mit der Zeit führt dies zu allen möglichen Problemen, wie schlechter Körperhaltung, Muskelschmerzen, Müdigkeit und Beschwerden.
Wenn du also eine gute Körperhaltung haben möchtest, ist es wichtig, über eine gesunde Muskelausdauer zu verfügen. Eine Studie in BMC Sports Science, Medicine and Rehabilitation bestätigt dies und zeigt, dass von 42 Frauen im Alter zwischen 20 und 28 Jahren mit übermäßiger Krümmung der unteren Wirbelsäule der Krümmungswinkel (d. h. wie stark deine Wirbelsäule gekrümmt ist, was zu einer schlechten Körperhaltung führt) umso größer war, je schwächer die Ausdauer der Rumpfmuskulatur war.
Was ist der Unterschied zwischen kardiovaskulärer und muskulärer Ausdauer?
Kardiovaskuläre oder aerobe Ausdauer ist die Fähigkeit deines Herzens und deiner Lunge, deine arbeitenden Muskeln mit Sauerstoff zu versorgen, während muskuläre Ausdauer die Fähigkeit deiner Muskeln ist, ohne Ermüdung gegen Widerstand zu arbeiten.
Was ist der Unterschied zwischen Muskelkraft und Muskelausdauer?
Bei der Muskelkraft geht es darum, wie gut deine Typ-II-Muskeln "kurze, explosive Bewegungen" ausführen können. Bei der Muskelausdauer geht es darum, deine Typ-I-Muskeln zu trainieren und "sie zu zwingen, sich für mehr Wiederholungen und über längere Zeiträume zusammenzuziehen".
"Muskelkraft bezieht sich auf das Gesamtgewicht, das du bei einer geringen Anzahl von Wiederholungen heben kannst (denk an eine Wiederholung mit maximalem Gewicht bei einer Übung wie Bankdrücken, Kniebeugen oder Kreuzheben) oder auf die Geschwindigkeit, mit der du über eine kurze Distanz laufen, schwimmen oder Rad fahren kannst, während es bei der Muskelausdauer eher darum geht, wie lange du eine bestimmte Übung ausführen kannst, bevor du die Muskelermüdung erreichst, also den Punkt, an dem du einfach nicht mehr weitermachen kannst", erklärt Schmidt.
Natürlich hängen beide Faktoren zusammen. Um Übungen über einen längeren Zeitraum auszuführen, ist ein gewisses Maß an Grundkraft erforderlich, während du durch eine hohe Anzahl von Wiederholungen und Sätzen Kraft aufbaust.
Was sind die 3 Arten der Muskelausdauer?
Es gibt 3 Arten der Muskelkontraktion, die beim Ausdauer- und Krafttraining zum Einsatz kommen.
- Isotonisch: Muskel verändert seine Länge unter gleichbleibender Spannung. Bei einer konzentrischen Kontraktion verkürzt sich der Muskel und erzeugt so Kraft, während bei einer exzentrischen Kontraktion der Muskel als Reaktion auf eine größere Gegenkraft verlängert oder gedehnt wird. (z. B. Ausfallschritte, Liegestütze).
- Isometrisch: Muskel hält Spannung, ohne dass sich seine Länge oder das Gelenk bewegt (z. B. Plank, Squat Hold).
- Isokinetisch: Muskel kontrahiert mit gleichbleibender Geschwindigkeit über den gesamten Bewegungsradius (z. B. Radfahren am Ergometer).
Welche Sportarten erfordern Muskelausdauer?
Alle Sportarten, die längere Energieeinsätze verlangen: Fußball, Schwimmen, Radfahren, Boxen, Laufen (Sprints über 100m), Rugby, Basketball, Lacrosse, Cricket (für Pace Bowler), Netball sind einige Beispiele, sagt Schmidt.
Das sind die 7 besten Übungen für Muskelausdauer
Muskelausdauertraining beinhaltet das Heben leichterer Gewichte – sogar nur deines eigenen Körpergewichts –, jedoch mit mehr Wiederholungen, erklärt Schmidt: "Zwischen 12 und 25 Wiederholungen einer bestimmten Übung."
"Wenn du deine Ruhephasen kürzer hältst – 45 bis 60 Sekunden –, zwingst du deinen Körper dazu, dich zwischen den Sätzen schneller zu erholen, und steigerst deine Ausdauer, da die Muskelausdauer auch davon abhängt, wie schnell du dich erholen kannst. Kürzere Ruhephasen tragen dazu bei, deinen Stoffwechselstress und deine Herzfrequenz hochzuhalten, was zu einer besseren Herz-Kreislauf-Kapazität führt."
Übungen für den Unterkörper sind eher für Ausdauersportler:innen geeignet, die die langsam zuckenden Muskelfasern in den Beinen und Gesäßmuskeln trainieren möchten, wie beispielsweise Läufer:innen, während Übungen für den Oberkörper eher für Fans vom Ausdauerschwimmen geeignet sind.
1. Squats
2. Lunges
3. Planks
4. Bent-over rows
5. Push Ups
6. Burpees
7. Kettlebell-Swings
Diese Übungen eignen sich besonders gut für Langstreckenläuferinnen, da sie die Ausdauer, Beweglichkeit und Stabilität verbessern und somit das Verletzungsrisiko senken. Schwimmerinnen, die gezielt ihre Schultern und ihren Latissimus trainieren möchten, könnten daran interessiert sein, ihre Oberkörperausdauer zu verbessern.
Zusätzlich zu diesen Übungen kannst du folgende Übungen in dein Training integrieren:
- Bodyweight pull-ups (Klimmzüge mit dem eigenen Körpergewicht)
- Lat pull down (Latzug)
- Rucking (Gehen mit Gewichtsweste)
- Loaded carries/ Farmer's carry (Gehen mit Kurzhanteln oder anderen Gewichten in den Händen)
- Wall sits (Wandsitzen)
Wie kannst du deine Muskelausdauer verbessern?
Schmidts wichtigster Tipp: progressive Überlastung, also die Trainingsbelastung nach und nach steigern. "Versuche, kleine, schrittweise Anpassungen vorzunehmen, um dein Training schwieriger zu machen. Das kann bedeuten, die Anzahl der Wiederholungen zu erhöhen, die Pausen zu verkürzen oder schwerere (aber nicht zu schwere!) Gewichte einzubauen", erklärt er.
"Beginne am besten nur mit deinem eigenen Körpergewicht und steigere das Gewicht nach und nach – ohne dabei die saubere Technik zu vernachlässigen," rät Schmidt. "So forderst du deinen Körper immer wieder heraus, sich an die zunehmende Belastung anzupassen. Das verbessert kontinuierlich deine Muskelausdauer und Kondition – und stärkt nebenbei auch deine Atem- und Herz-Kreislauf-Gesundheit."
Deine Muskelausdauer testen
Um deinen Ausgangspunkt zu bestimmen, kannst du einfache Tests durchführen und so Fortschritte sichtbar machen. "Zum Beispiel kannst du testen, wie lange du einen Plank oder einen Wall Sit halten kannst, wie viele Kniebeugen du in 60 Sekunden schaffst oder wie viele Ausfallschritte, bis deine Muskulatur ermüdet. Wiederhole diese Tests regelmäßig, um deine Fortschritte zu überprüfen," empfiehlt Schmidt.
Schmidt empfiehlt, den Test unter professioneller Aufsicht, etwa durch Personal Trainer oder medizinisches Fachpersonal, durchzuführen und rät, sich nicht zu sehr auf diese Messwerte zu versteifen."Dein Körper ist der beste Indikator dafür, ob sich deine Ausdauer verbessert. Die meisten Menschen spüren ihre Fortschritte – sei es beim Training oder im Alltag. Verlasse dich also nicht nur auf 'Tests'."
Muskelausdauer-Workout
Probier dieses Ganzkörper-Workout für Muskelausdauer aus. Starte nur mit deinem Körpergewicht und baue Gewichte erst später ein, ohne dabei die Technik zu vernachlässigen. "Die einzige Ausnahme sind Farmer’s Walks: Hier solltest du so schwer wie möglich gehen," sagt Schmidt.
1. Klimmzüge: 5 Sätze à 15–20 Wiederholungen
Pause: 60 Sekunden
2. Kniebeugen: 5 Sätze à 15–20 Wiederholungen
Pause: 60 Sekunden
3. Ausfallschritte im Gehen: 5 Sätze à 16 Wiederholungen pro Seite
Pause: 60 Sekunden
4. Farmer’s Carries: 4 Sätze à 40 Meter
Pause: 60 Sekunden
5. Plank: 5 Sätze à 60 Sekunden
Pause: 45 Sekunden
6. Wall Sits: 5 Sätze à 60 Sekunden
Pause: 60 Sekunden